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> Critical Mass und geschlossener Verband
Schattenfell
Beitrag 31.08.2020, 12:35
Beitrag #201


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Im „Polizeispiegel“ der DPolG gibt es einen längeren Artikel über die rechtliche Einordnung einer so genannten Critical Mass. Ab Seite 18 geht’s los: https://www.dpolg.de/fileadmin/user_upload/...el_20_08_07.pdf
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Hick-Hack
Beitrag 01.09.2020, 09:01
Beitrag #202


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Da sind ja einige Behauptungen ohne jeden Beweis dabei, vieles einfach in den Raum gestellt.

Zitat
Ohne Verbandsführer kann der Einhaltung von geltenden Regelungen für geschlossene Verbände nicht Sorge getragen werden, sodass eine Inanspruchnahme des § 27 StVO durch die C.M. im Ergebnis ausscheidet.

Hier wird schlicht behauptet, dass die Verbandsteilnehmer nicht eigenständig in der Lage sind, sich an die StVO zu halten. Diese Behauptung gilt dann als Beweis, dass eine Critical Mass ohne Verbandsführer keinen Verband darstellt. Was ist denn das für ein Bild von Verkehrsteilnehmern und kann die DpolG irgendwie belegen, dass es bei den Teilnehmern zu auffälliger Unkenntnis der StVO kommt?
Das wäre, es würde ich aus persönlicher Erfahrung mit der Polizei, welche bislang jedes Mal dramatische Lücken bei StVO-Kenntnissen gezeigt hat, davon ausgehen, dass sie ohne Aufsicht nicht in der Lage ist, Sonderrechte wahrnehmen zu können, hier sogar mit anekdotischer Evidenz.

Und am Ende wird dann noch
Zitat
Beschlagnahme Ventile

aufgeführt, eine Straftat gemäß § 303 StGB (OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.06.1957 - 1 Vs 2/57)

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Reinheit
Beitrag 01.09.2020, 16:23
Beitrag #203


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Soweit mir bekannt, hat das OLG Düsseldorf in dem angeführten Urteil eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung verneint. Der BGH hat allerdings eine Strafbarkeit daran gesehen, daß - je nach Einzelfall - durch das Luft Ablassen die bestimungsgemäße Nutzung eines Fahrzeugs beeinträchtigt sein kann.


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Ich hab jeden Tag Ostern. Irgendwas such ich immer.
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dopero
Beitrag 01.09.2020, 22:02
Beitrag #204


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Wenn es kein Verband ist, also jeder Radfahrer einzeln zu betrachten ist, wie soll dann § 29 zutreffen?
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Söne spitze Steine
Beitrag 02.09.2020, 07:19
Beitrag #205


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Radfahrer, die während einer Critical Mass die Einfahrten einer Kreuzung "dichtmachen", damit sich keiner zwischen die Radfahrer quetscht, könnten da ziemlich schnell mit 315b/c StGB konfrontiert werden. Auch wenn der Richter am Ende freispricht, hat derjenige erstmal ein Verfahren am Hals und möglicherweise sein Rad "weg".

Die Critical Masses, die ich kenne, sind nämlich eher lose Haufen als hübsch zweireihig aufgestellte Radlerverbände. Das ist nicht abwertend gemeint, sondern verbildlicht das eher freie Radeln auf einer (kurzzeitig) für den übrigen Verkehr gesperrten Fahrbahn.

Nach StVO müssten überlange Radlerverbände Untergruppen bilden, um zwischenzeitlich den wartenden Verkehr passieren zu lassen. Auch das unterbleibt in der Regel.

Insofern bietet eine Critical Mass in der Regel eine ganze Liste von Angriffsmöglichkeiten für eine Polizei, die "mal aufräumen" möchte.



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Epaminaidos
Beitrag 02.09.2020, 11:04
Beitrag #206


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Zitat (Hick-Hack @ 01.09.2020, 10:01) *
Diese Behauptung gilt dann als Beweis, dass eine Critical Mass ohne Verbandsführer keinen Verband darstellt.

Die Argumentation läuft etwas anders:
Zitat
Der Verbandsführer trägt jedoch die Verantwortung für die Verkehrssicherheit und ist ein wesentliches Element zur Einhaltung bestehender Verkehrsregeln (23) und ist daher zwingende Voraussetzung für jeden geschlossenen Verband. (24)

Der Autor vertritt also die Auslegung, dass aus §27 Abs. 5 folgt, dass ein Verband zwingend einen Verbandsführer benötigt:
Zitat
(5) Wer einen Verband führt, hat dafür zu sorgen, dass die für geschlossene Verbände geltenden Vorschriften befolgt werden.

Nach dem Wortlaut kann man durchaus diskutieren. Aber es werden auch zwei Quellen angegeben (ein StVO-Kommentar und ein VG-Urteil). Man müsste sich also als nächstes mit denen auseinander setzen, um die Zuverlässigkeit der Aussage zu beurteilen.
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Bleifuß
Beitrag 02.09.2020, 15:04
Beitrag #207


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Zitat
(5) Wer einen Verband führt, hat dafür zu sorgen, dass die für geschlossene Verbände geltenden Vorschriften befolgt werden.


Diese Vorschrift impliziert doch, dass ein geschlossener Verband einen Führer benötigt. Weshalb sollte man diesen Satz sonst schreiben.
Alles andere würde ja bedeuten: Wenn man Lust hat, kann man einen Verbandsführer bestimmen. Dann hat der einige Verantwortung. Warum um alles in Welt sollte dann irgendjemand Verbandsführer sein wollen?


Zitat (Hick-Hack @ 01.09.2020, 10:01) *
...
Hier wird schlicht behauptet, dass die Verbandsteilnehmer nicht eigenständig in der Lage sind, sich an die StVO zu halten....

Nein, das wird da nicht behauptet. Es wird behauptet, dass die Teilnehmer nicht in der Lage sind, die für den geschlossenen Verband geltenden Regeln einzuhalten.
Und natürlich geht das nicht. Wie soll das gehen? Per Schwarmintelligenz wie bei Fischen oder Vögeln? Dass es nicht geht, sieht man ja auch bei jeder Citical Mass.
Man kann sich eben nicht ständig mit 200 anderen Menschen absprechen und einigen, wo Entscheidungen im Sekundentakt gefragt sind.
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Epaminaidos
Beitrag 02.09.2020, 16:39
Beitrag #208


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Zitat (Bleifuß @ 02.09.2020, 16:04) *
Alles andere würde ja bedeuten: Wenn man Lust hat, kann man einen Verbandsführer bestimmen. Dann hat der einige Verantwortung. Warum um alles in Welt sollte dann irgendjemand Verbandsführer sein wollen?

Da steht: "Wer einen Verband führt (...)".

Da fallen mir drei mögliche Lesarten ein:
1.) Wer vorne ist, der führt den Verband.
2.) Es wird jemand benannt, der sich irgendwo im Verband befinden kann.
3.) Vermutlich ist diese Vorschrift irgendwo im militärischen Umfeld entstanden. Dann könnten die Verfasser einfach an den Ranghöchsten gedacht haben.

Nur bei Nummer 2 benötigt man einen Freiwilligen. Bei den anderen beiden Lesarten ist es einfach irgendjemand, ohne dass der sich wehren könnte.

Keine Ahnung, was Richter in höheren Instanzen daraus machen würden:
Das Fehlen des Verbandsführers in Abs. 3 spricht durchaus für Variante 1 oder 3.
Man könnte aber auch aus praktischen Überlegungen zu Variante 2 kommen. Gerade vor dem Hintergrund der wechselnden vorne fahrenden Radfahrer bei der CM.
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Mueck
Beitrag 02.09.2020, 22:52
Beitrag #209


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​Der Verband will ja gemeinsam von A nach B. Wenn's zwischen A und B nicht strikt geradeaus geht, braucht's ja jemand, der sagt, welche Route gefahren wird. Wenn der Radler vorne links und der vorne rechts sich nicht einig werden, war's das mit dem Verband, dann hat man plötzlich 2 oder mehr, die dann das Verbandskriterium nicht mehr erfüllen. Also ist der vorne links der Verbandsführer, der dann auch sagt, wann der Verband für eine rote Ampel etc. bremst oder auch beim Abbiegen für den Fußgänger etc., viel mehr ist es aber auch nicht an Pflichten, schon gar nicht eine Art politische Demonstrationsführerschaft, die die Polizei womöglich gerne hätte, schließlich kann auch ein gemeinsamer Klassenausflug per Rad ein Verband sein ...
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Bleifuß
Beitrag 03.09.2020, 14:58
Beitrag #210


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Zitat (Epaminaidos @ 02.09.2020, 17:39) *
Da fallen mir drei mögliche Lesarten ein:
1.) Wer vorne ist, der führt den Verband.
2.) Es wird jemand benannt, der sich irgendwo im Verband befinden kann.
3.) Vermutlich ist diese Vorschrift irgendwo im militärischen Umfeld entstanden. Dann könnten die Verfasser einfach an den Ranghöchsten gedacht haben.

Das ist völlig unerheblich. Wo der Verbandsführer fährt ist egal. Ob jemand benannt wird, ist auch egal. In welchem Umfeld die Norm entstanden ist, ist auch egal.
Entscheidend ist: Wenn sich niemand als Verbandsführer zu erkennen gibt, liegt kein geschlossener Verband vor.
Verbandsführer ist derjenige, der bereit ist, die Verantwortung dafür zu übernehmen.
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Epaminaidos
Beitrag 03.09.2020, 17:51
Beitrag #211


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Zitat (Bleifuß @ 03.09.2020, 15:58) *
Entscheidend ist: Wenn sich niemand als Verbandsführer zu erkennen gibt, liegt kein geschlossener Verband vor.
Das ist erstmal nur Deine Interpretation. Aus dem Wortlaut der StVO ergibt sich das nicht.
Denn Abs. 3 enthält eine Definition, wann genau ein geschlossener Verband vorliegt. Der Verbandsführer ist dort nicht genannt.

Und Abs. 5 erweitert diese Definition auch nicht explizit.
Die Schlussfolgerung, dass die explizite Benennung eines Verbandsführer eine Voraussetzung für einen geschlossenen Verband ist, halte ich daher für alles andere als sicher.

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Corvat
Beitrag 10.01.2021, 20:58
Beitrag #212


Neuling
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Zitat (Epaminaidos @ 03.09.2020, 17:51) *
Zitat (Bleifuß @ 03.09.2020, 15:58) *
Entscheidend ist: Wenn sich niemand als Verbandsführer zu erkennen gibt, liegt kein geschlossener Verband vor.
Das ist erstmal nur Deine Interpretation. Aus dem Wortlaut der StVO ergibt sich das nicht.
Denn Abs. 3 enthält eine Definition, wann genau ein geschlossener Verband vorliegt. Der Verbandsführer ist dort nicht genannt.

Und Abs. 5 erweitert diese Definition auch nicht explizit.
Die Schlussfolgerung, dass die explizite Benennung eines Verbandsführer eine Voraussetzung für einen geschlossenen Verband ist, halte ich daher für alles andere als sicher.


1972 lautete Absatz 5:

"Der Führer des Verbandes hat dafür zu sorgen, daß die für geschlossene Verbände geltenden Vorschriften befolgt werden."

In der allgemeinen Begründung des Verordnungsgeber zu § 27 steht:

"[...] Was unter einem ge­schlossenen Verband zu verstehen ist, kann kaum zweifelhaft sein; die Absätze 3 und 5 zeigen seine wesentlichen Merkmale auf: Er setzt einheitliche Führung und geschlossene Bewegung voraus.[...] "

In der Begründung des Verordnungsgeber zu Absatz 2 steht:

"[...] Daß Prozessionen und Leichenzüge nicht unterbrochen werden dürfen, muß deshalb ausdrücklich erwähnt werden, weil sie in der Regel keinen Führer haben und daher nicht die Vor­aussetzungen eines geschlossenen Verbandes erfüllen; der Pfarrer ist jedenfalls nicht Verbandsführer. [...]"

Quelle:
Beck´sche Kurz-Kommentare
Straßenverkehrsrecht
Heinrich Jagusch
20. Auflage
1972
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