Geschwindigkeitslimit moderner Radfahrstreifen, Streitthema nach Abbiegeunfall |
Willkommen, Gast ( Anmelden | Registrierung )
Geschwindigkeitslimit moderner Radfahrstreifen, Streitthema nach Abbiegeunfall |
31.10.2024, 01:14
Beitrag
#1
|
|||||
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 265 Beigetreten: 16.12.2013 Mitglieds-Nr.: 70973 |
Vor einigen Monaten wurde ich in einen Verkehrsunfall verwickelt. Ich fuhr mit meinem Liegerad bei trockenen Witterungsbedingungen sowie freier Sicht, jedoch bei Dunkelheit vorschriftsmäßig auf einem benutzungspflichtigen Radfahrstreifen. Mein Fahrrad war mit einer hellen B&M-Lampe, vergleichbar mit IQ-X, ausgestattet und diese natürlich angeschaltet. Dieser Radfahrstreifen wurde etwa 2011 angelegt, indem der Fahrbahn pro Fahrtrichtung ein Fahrstreifen genommen wurde. Somit ergibt sich (ohne Markierungen) eine 3,5m breite Fahrbahn, ein 2m breiter Radfahrstreifen, sowie ein 0,5m breiter Randstreifen, der an einen hohen Bordstein grenzt. Der Radfahrstreifen ist über 600m Schnurgerade ohne Sichtbehinderungen innerorts geführt. Es gelten keine anderweitigen Geschwindigkeitsregeln. In der Fahrtrichtung in der es zum Unfall kam geht es leicht abschüssig einen Hügel hinunter. Ich fuhr ca. 15m hinter einem auf der Fahrbahn fahrenden Auto, welches unvermittelt und ohne das Setzen des Blinkers in eine Hofeinfahrt einbog. Trotz eingeleiteter Vollbremsung konnte ich nicht mehr rechtzeitig anhalten und knallte in den hinteren Teil des abbiegenden Autos. Nun wird von Seiten der Kraftfahrzeugführerin behauptet ich sei mit nicht unerheblicher Geschwindigkeit gefahren. Jedoch wird Zeitgleich mehrfach ausgeführt, dass man mich nicht gesehen habe und auch nicht habe wahrnehmen können bzw. ausserhalb des Sichtfeldes war als die Kraftfahrzeugführerin zum Abbiegen ansetzte. Diese Argumentation beisst sich zwar in den Schwanz, aber nunja. Meiner Meinung nach war meine Geschwindigkeit den Umständen nach Angemessen, schließlich war ich auch unterhalb von 50km/h. Das Ermittlungsverfahren der StA ist meiner Information nach abgeschlossen, jedoch habe ich keine Informationen, ob es zu einer Einstellung oder einem Strafbefehl gegen die Kraftfahrzeugführerin kommt. An eine Einstellung glaube ich aufgrund der Schwere meiner Verletzungen und des sehr hohen Sachschadens an meinem Rad jedoch nicht. Eine Regulierung mit der Kraftfahrzeugversicherung stellt sich als Schwierig dar, da sich diese auf die Argumentation der Kraftfahrzeugführerin stützt. Daher wird an dieser Stelle auch von meiner Seite aus geklagt. Nun wird jedoch Seitens der Gegenseite auf Schmerzensgeld geklagt. Da auch hier, in der Klage, die angebliche nicht unerhebliche Geschwindigkeit angegeben wird, bin ich nun auf der Suche nach neueren Urteilen bzgl. moderner Radinfrastruktur und Unfällen. Bezüglich dem Sachschaden am Auto, der 7x so hoch ist wie das Schmerzensgeld, wurde jedoch keine Klage erhoben, obwohl es tatsächlich schon hier zu Schriftverkehr kam. Man kann sich also seinen Teil dazu denken. Bisher bin ich nur auf das Urteil des LG Nürnberg-Fürth aus 2022 gestossen, bei dem ein Rennradfahrer bei trockenen Witterungsverhältnissen, guter Sicht, jedoch bei Helligkeit mit 42km/h einen kombinierten Geh- und Radweg befuhr. Das LG hat dem Rennradfahrer vollumfänglich, trotz der hohen Geschwindigkeit, recht gegeben. https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docum...-B-2022-N-30136 Ist euch etwas vergleichbares bekannt? Danke schonmal im Voraus! -------------------- |
||||
|
|||||
|
31.10.2024, 02:57
Beitrag
#2
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 10500 Beigetreten: 23.10.2013 Wohnort: NRW Mitglieds-Nr.: 70368 |
Ich kann zwar nicht helfen, möchte aber fragen, ob ein Fachanwalt für Verkehrsrecht beauftragt wurde. Wäre dringendst zu empfehlen, von Anfang an.
-------------------- |
|
|
31.10.2024, 05:37
Beitrag
#3
|
|
Mitglied Gruppe: Globaler Moderator Beiträge: 13815 Beigetreten: 13.04.2007 Wohnort: Ulm Mitglieds-Nr.: 30591 |
Finger weg!
Das ist Sache für einen Fachanwalt für Verkehrsrecht! Es ist schon kackdreist, bei einem Abbiegevorgang überhaupt irgendwas herumzuargumentieren, um von einem 100 %igen Verschulden der Autofahrerin wegzukommen. Genau deswegen ist es dringend notwendig, jegliche Kommunikation von einem Fachmann durchführen zu lassen. Dir gute Besserung! |
|
|
31.10.2024, 08:05
Beitrag
#4
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 999 Beigetreten: 26.05.2015 Mitglieds-Nr.: 76297 |
Die Suche nach weiteren Urteilen ist ganz klar eine Hausaufgabe des Fachanwaltes für Verkehrsrecht, den du beaufauftragen solltest.
Es gilt §9 StVO Zitat (5) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren darüber hinaus so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. Die Behauptung, der Dame , das sie dich nicht sehen konnte, kann auch zu ihrem Nachteil ausgelegt werden: Ein verkehrssicheres Fahrzeug muss den Bedingungen von §56 StVZO entsprechen: Zitat (1) Kraftfahrzeuge müssen nach Maßgabe der Absätze 2 bis 3 Spiegel oder andere Einrichtungen für indirekte Sicht haben, die so beschaffen und angebracht sind, dass der Fahrzeugführer nach rückwärts, zur Seite und unmittelbar vor dem Fahrzeug – auch beim Mitführen von Anhängern – alle für ihn wesentlichen Verkehrsvorgänge beobachten kann. Damit hatte ihr Fahrzeug entweder einen technischen Mangel. Oder sie hat die vorhandenen Möglichkeiten nicht benutzt.Hat dich die Dame vorher überholt ? |
|
|
31.10.2024, 08:06
Beitrag
#5
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 265 Beigetreten: 16.12.2013 Mitglieds-Nr.: 70973 |
@ulm Danke, zum Glück nichts bleibendes.
Anwalt und Haftpflicht sind dran. Der Anwalt ist natürlich schon von Beginn an dran und sämtliche Kommunikation lief bisher über ihn. Alle Angaben, die ich hier getätigt habe waren natürlich schon Bestandteile von Schriftverkehr. Dennoch möchte ich gerne mit weiteren hilfreichen Gerichtsurteilen zuarbeiten. Viele Grüsse, -------------------- |
|
|
31.10.2024, 08:39
Beitrag
#6
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 2515 Beigetreten: 03.10.2011 Mitglieds-Nr.: 61605 |
@K0nsch
Wenn keine zusätzlich angeordnet ist gibt es innerorts für Radfahrer keine Geschwindigkeitsbegrenzung. Du hättest also sogar schneller als 50 km/h fahren können, weil diese nur für Kraftfahrzeuge gilt. Ein Autofahrer hat sich vor dem Abbiegen in eine Einfahrt nicht nur zu vergewissern müssen, dass auf einem Radweg keine Radfahrer sind, sondern er hat auch rechtzeitig zu blinken. Gegen beides hat die Autofahrerin verstoßen. Hätte sie geblinkt, hättest du als vorrausschauender Radfahrer damit gerechnet, dass sie in die Einfahrt abbiegen möchte und dich nicht sieht, und vermutlich hättest du sicherheitshalber schon die Geschwindigkeit reduziert. Dass sie nun einfach, ohne zu Blinken in die Einfahrt schießt, damit konntest du und brauchtest du nicht rechnen. Ich sage es mal so, wer seine Absichten perfekt tarnt, darf sich anschließend auch nicht beschweren, wenn die Tarnung perfekt funktioniert. Jedenfalls ist es aus meiner Sicht ein wichtiges Argument zu deinem Vorteil, dass sie nicht geblinkt hat. Dir wurde damit jede Möglichkeit genommen, vorausschauend zu reagieren und den Unfall zu verhindern. Eventuell macht es aus meiner Sicht noch Sinn, die Autofahrerin wegen fahrlässiger Körperverletzung anzuzeigen. So kackdreist und egoistisch, wie sie sich verhält, hat sie das verdient. Spreche darüber mit deinem Anwalt. Häufig werden Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung mangels öffentlichen Interesses (oft mit Geldauflage) eingestellt. Wenn aber eine Anzeige des Betroffenen vorliegt, geschieht das meist nicht so einfach. Ich hoffe, dass ich mit meiner Laien-Einschätzung richtig liege. Wenn nicht, korrigiert mich bitte. Gruß Uwe |
|
|
31.10.2024, 09:04
Beitrag
#7
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 265 Beigetreten: 16.12.2013 Mitglieds-Nr.: 70973 |
Die Suche nach weiteren Urteilen ist ganz klar eine Hausaufgabe des Fachanwaltes für Verkehrsrecht, den du beaufauftragen solltest. Es gilt §9 StVO Zitat (5) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren darüber hinaus so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. Natürlich, dennoch ist es manchmal hilfreich mehr Input aus verschiedenen Richtungen zu bekommen Hat dich die Dame vorher überholt ? Nein sie hat laut ihrer eigenen Aussage an der Kreuzung zuvor gewendet. Wenn keine zusätzlich angeordnet ist gibt es innerorts für Radfahrer keine Geschwindigkeitsbegrenzung. Du hättest also sogar schneller als 50 km/h fahren können, weil diese nur für Kraftfahrzeuge gilt. Theoretisch ist das soweit korrekt. Dem Gegenüber stehen ja leider die Gerichtsurteile aus den 70er, 80er Jahren. Die jedoch IMHO nicht auf heutige Fahrradtechnik und Radwege anwendbar sind. Ein Autofahrer hat sich vor dem Abbiegen in eine Einfahrt nicht nur zu vergewissern müssen, dass auf einem Radweg keine Radfahrer sind, sondern er hat auch rechtzeitig zu blinken. Gegen beides hat die Autofahrerin verstoßen. Hätte sie geblinkt, hättest du als vorrausschauender Radfahrer damit gerechnet, dass sie in die Einfahrt abbiegen möchte und dich nicht sieht, und vermutlich hättest du sicherheitshalber schon die Geschwindigkeit reduziert. Dass sie nun einfach, ohne zu Blinken in die Einfahrt schießt, damit konntest du und brauchtest du nicht rechnen. Ich sage es mal so, wer seine Absichten perfekt tarnt, darf sich anschließend auch nicht beschweren, wenn die Tarnung perfekt funktioniert. Jedenfalls ist es aus meiner Sicht ein wichtiges Argument zu deinem Vorteil, dass sie nicht geblinkt hat. Dir wurde damit jede Möglichkeit genommen, vorausschauend zu reagieren und den Unfall zu verhindern. Das ist leider der nächste Streitpunkt. Sie behauptet natürlich geblinkt zu haben, etc. Generell soll ich nach Ihrer Aussage alles Mögliche falsch gemacht haben. Aber diese Vorwürfe auszuführen würde hier jetzt den Rahmen sprengen. Da diese Argumente alle relativ einfach widerlegbar sind. Wichtig ist mir in dem Kontext erstmal ob es noch weitere neuere Urteile der Zivilgerichtsbarkeit bzgl. dem genannten Thema gibt. Eventuell macht es aus meiner Sicht noch Sinn, die Autofahrerin wegen fahrlässiger Körperverletzung anzuzeigen. So kackdreist und egoistisch, wie sie sich verhält, hat sie das verdient. Spreche darüber mit deinem Anwalt. Häufig werden Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung mangels öffentlichen Interesses (oft mit Geldauflage) eingestellt. Wenn aber eine Anzeige des Betroffenen vorliegt, geschieht das meist nicht so einfach. Strafantrag wurde gestellt, da ich mit großem TamTam von den Kameraden der Feuerwehr abtransportiert wurde, war auch entsprechend die POL vor Ort. Dieses aktuelle Thema zeigt leider wie wichtig es ist, mit einer Dashcam unterwegs zu sein...Ich hatte natürlich meine an dem Tag nicht dabei. -------------------- |
|
|
31.10.2024, 09:19
Beitrag
#8
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 604 Beigetreten: 25.09.2016 Mitglieds-Nr.: 79801 |
Ich würde da nicht lange rumdiskutieren. Wenn sie gesehen hat, dass du nicht unerheblich schnell warst, hätte sie nicht abbiegen dürfen - Blinker hin oder her. Wenn sie dich nicht gesehen hat und deshalb abgebogen ist, kann sie nicht wissen wie schnell du warst.
|
|
|
31.10.2024, 11:29
Beitrag
#9
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 24526 Beigetreten: 05.03.2007 Wohnort: Erlangen Mitglieds-Nr.: 29238 |
Im Auto hat sich jemand durch die Kollision mit einem Radfahrer jemand verletzt? Wie passiert das denn?
Beim Abbiegen in ein Grundstück hat der Autofahrer ja noch höhere Sorgfaltspflichten als beim Abbiegen in einer Kreuzung. Wenn er argumentieren will, dass Du den Unfall durch bewusstes schnelles Zufahren in eine Risikosituation herausgefordert hast, müsste er das nachweisen, also zuallermindestens, dass der Blinker gesetzt war. Die Argumentation wäre eher als versicherungstypisches Abwehrverhalten einzuordnen, wenn allerdings der Fahrer/Mitfahrer hier noch Schadensersatzansprüche begründen will, wird es eigenartig. Zu Deiner Frage: Du kommst per Google mit dem Aktenzeichen auf die dejure-Seite, die die zitierten Entscheidungen aufzählen. Von da aus kann man sich weiterhangeln. dejure zu LG Nürnberg-Fürth, 27.10.2022 - 8 O 5432/18 Per Beck-Online habe ich gefunden: LG Frankenthal Urteil vom 24.3.2023 – 2 S 94/22 - NJW-RR 2023, 1145 Zitat Die Parteien stritten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall. Am 8.7.2020 ereignete sich gegen 17.00 Uhr an der L530 ein Verkehrsunfall zwischen der Kl., die dort mit ihrem Pkw unterwegs war und dem Bekl., der auf seinem Fahrrad unterwegs war. Die Kl. befuhr mit ihrem Pkw einen an der Unfallstelle in die L530 einmündenden Feldweg in Richtung der L530. Beim Überqueren des entlang der L530 verlaufenden Fahrradwegs kollidierte der mit seinem Fahrrad aus der Sicht der Kl. von links kommende Bekl. mit dem klägerischen Fahrzeug. Der Radweg war mit dem Zeichen 240 markiert (Blaues Schild mit Abbildung eines Fahrrads und von Fußgängern). An beiden Fahrzeugen entstand ein Schaden, den die Kl. hinsichtlich ihres Pkw mit 2.269,50 EUR netto bezifferte. Der Abstand zwischen dem Radweg und der L530 betrug an der Unfallstelle nicht mehr als 5 m. Das AG Neustadt a. d. Weinstraße (Urt. v. 24.5.2022 – Aktenzeichen 6C48520 6 C 485/20) hat die Klage als unbegründet abgewiesen und der Widerklage teilweise stattgegeben. Die Berufung der Kl. hatte keinen Erfolg. Die Vorinstanz, AG Neustadt a.d. Weinstraße, Urteil vom 24.05.2022 – 6 C 485/20, BeckRS 2022, 48221 (hier klagte die Autofahrerin gegen den Radfahrer, und dann per Widerklage der Radfahrer gegen Autofahrerin und Versicherung) Zitat Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten 1.000,57 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.10.2020 zu zahlen. 3. Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,71 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2020 zu zahlen. 4. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen. (...) Die Klägerin trägt vor, obwohl sie sich lediglich mit Schrittgeschwindigkeit der Landstraße näherte, sei der Beklagte mit seinem Fahrrad von links ungebremst angefahren gekommen und mit ihrem Fahrzeug kollidiert. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten sei der Beklagte als Radfahrer für die Klägerin vor dem Radweg nicht erkennbar gewesen, da dieser aus Fahrtrichtung der Klägerin nicht einzusehen gewesen sei. Die Klägerin hat bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten. Die Klägerin hat den streitgegenständlichen Verkehrsunfall selbst durch einen Vorfahrtsverstoß verursacht. Ein Mitverschulden des Beklagten ist nicht zu berücksichtigen. (...) 1. Die Klägerin wollte von einem Feldweg zurück auf die L530 fahren. Sie hatte gemäß § STVO § 8 Abs. STVO § 8 Absatz 1 S. 2 Nr. STVO § 8 Absatz 1 2 Nummer 2 StVO die Vorfahrt der von links kommenden auf der L530 fahrenden Verkehrsteilnehmer zu gewähren. Dies folgt bereits aus den eigenen Angaben der Klägerin, die angab versehentlich in den Feldweg abgebogen zu sein und nachdem sie ihren Irrtum bemerkte wendete und zurück in Richtung L530 fuhr. Nach § STVO § 8 Abs. STVO § 8 Absatz 2 StVO muss, wer die Vorfahrt zu beachten hat rechtzeitig durch sein Fahrverhalten erkennen lassen, dass gewartet wird und es darf nur weitergefahren werden, wenn übersehen werden kann, dass der die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert wird. Der Beklagte war an der Unfallstelle vorfahrtsberechtigt. Radwege folgen in der Bestimmung des Vorfahrtsrechts der Straße, der sie zugehören. Daraus ergibt sich unmittelbar, dass der auf dem Radweg herannahende Radfahrer gegenüber der auf dem Feldweg fahrenden Klägerin Vorfahrt hatte. Die Vorfahrt erstreckt sich auf die ganze Straßenbreite einschließlich der neben der Fahrbahn liegenden Radwege (BGH, Beschluss vom 9.7.1965, Az. BGH Aktenzeichen 4STR28265 4 StR 282/65; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Heß, 27. Aufl. 2022, StVO § 8 Rn. JANJAGBURKOSTVR 27 STVO § 8 Randnummer 4). Der vom Beklagten befahrene Fahrradweg war an der Unfallstelle eindeutig der parallel verlaufenden L530, von der er nur durch einen schmalen Grünstreifen getrennt war, zugeordnet. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 LStrG Rheinland-Pfalz gehören zu einer öffentlichen Straße auch die Radwege mit eigenem Straßenkörper, die im wesentlichen mit ihr gleichlaufen. Bei einem Zusammenstoß zwischen einem bevorrechtigten und einem wartepflichtigen Verkehrsteilnehmer spricht grundsätzlich der erste Anschein für eine schuldhafte Vorfahrtverletzung durch den Wartepflichtigen (BGH, Urteil vom 18. 11. 1975 – BGH Aktenzeichen VIZR17274 VI ZR 172/74; KG Beschluss vom 28.5.2009 – KG Aktenzeichen 12U4309 12 U 43/09). Die Klägerin hat diesen Anscheinsbeweis weder widerlegt noch erschüttert. Es ist nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan, dass für den Fahrer des klägerischen Fahrzeugs der Beklagte nicht erkennbar gewesen ist. Die Klägerin gab vielmehr im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung an, dass sie den von links kommenden Verkehr gar nicht beobachtete, sondern ihre Aufmerksamkeit auf das auf dem Feldweg befindliche Verkehrsschild gerichtet war. Den Beklagten bemerkte sie nach eigenen Angaben zum ersten Mal, als es bereits zur Kollision gekommen war. Auf den bei der Akte befindlichen Lichtbildern ist im Übrigen ersichtlich, dass die Weinreben vom Rand des Feldwegs zurückgesetzt waren und die Einmündung des Radweges für die Klägerin gut erkennbar war. Im Übrigen hätte die Klägerin den kreuzenden Fahrradweg nicht überqueren dürfen, sondern sich vorsichtig vortasten müssen, sofern ihre Sichtverhältnisse eingeschränkt waren. Unter Berücksichtigung der Voraussetzungen von § STVO § 8 Abs. STVO § 8 Absatz 2 StVO hätte die Klägerin den Fahrradweg nur bei absoluter Gewissheit dessen, keinen vorfahrtsberechtigten Verkehrsteilnehmer zu gefährden, überfahren dürfen. 2. Ein Mitverschulden des Beklagten gemäß §§ STVG § 9 StVG, BGB § 254 BGB ist nicht in Ansatz zu bringen. Ein Geschwindigkeitsverstoß des Beklagten der im Rahmen eines Mitverschulden zu berücksichtigen wäre, ist nicht festzustellen. Bereits bei der nach eigenen Angaben vom Beklagten gefahrenen Geschwindigkeit von 20 – 25 km/h ist nicht von einem Geschwindigkeitsverstoß auszugehen. Die Witterungsverhältnisse waren zudem trocken und die Sicht war, wie beide Unfallbeteiligte angaben vergleichbar mir den vorgelegten Lichtbildern. Der Beklagte hatte keinen Anlass seine Geschwindigkeit vor dem Unfall zu reduzieren. Der bevorrechtigte Verkehrsteilnehmer darf in der Regel auf die Beachtung seines Vorfahrtsrechts vertrauen (vgl. Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Heß, 27. Aufl. 2022, StVO § 8 Rn. JANJAGBURKOSTVR 27 STVO § 8 Randnummer 34). Nach eigenen Angaben befuhr der Kläger den Fahrradweg bereits links und leitete als er den Vorfahrtsverstoß der Klägerin bemerkte unmittelbar einen Bremsvorgang ein. Der Anscheinsbeweis wird auch nicht schon dadurch entkräftet, dass der Vorfahrtberechtigte bei sorgsamer Fahrweise in der Lage gewesen wäre, den Unfall durch rechtzeitiges Anhalten oder Vorbeifahren hinter dem Wartepflichtigen zu vermeiden, ein Vorfahrtsverstoß ist vielmehr bereits dann zu bejahen, wenn der Vorfahrtsberechtigte durch den Wartepflichtigen zu scharfem Bremsen und Anhalten oder einem nicht gefahrlosen Ausweichversuch gezwungen wird (vgl. BGH, Urteil v. 21.06.1963 – BGH Aktenzeichen VIZR21162 VI ZR 211/62, VersR 1963, VERSR Jahr 1963 Seite 1075). -------------------- „Nur wer die Probleme auf die einfachste Formel bringen kann und den Mut hat, sie auch gegen die Einsprüche der Intellektuellen ewig in dieser vereinfachten Form zu wiederholen, der wird auf die Dauer zu grundlegenden Erfolgen in der Beeinflussung der öffentlichen Meinung kommen.“ -- J. Goebbels
Die demokratiefeindliche Rechte praktiziert das erfolgreich. Was machen wir dagegen? |
|
|
31.10.2024, 14:57
Beitrag
#10
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 2384 Beigetreten: 09.03.2015 Wohnort: Grüße aus dem Bergisch Sizilien Mitglieds-Nr.: 75653 |
Aus der Praxis: Ich habe eine IQ-X am E-Scooter (eKF) und das Ding bei Fahrt grundsätzlich an (Tagfahrlicht), und wundere mich immer, daß die Autofahrer an den Zufahrten und Einmündungen alle schön warten und nicht „noch schnell“ rausziehen. Die Lampe muß ja eine gewisse Respektwirkung erzielen.
Die dummen Ausreden des beschuldigten Fzf. mit „zu schnell gefahren“ und Schmerzensgeldklage (für was?) ist m.E. nur ein Eingeständnis, daß er zu dumm war, genau hinzuschauen. Und noch klarer: nicht mit einem Liegeradfahrer gerechnet zu haben bzw. mit den eigenen Pflichten hoffnungslos überfordert (gewesen) zu sein. Bei den heutigen Pkw-Panzern verschwindet ein Liegerad beim Schulterblick gerne mal unter dem Fensterholm. @mir: Falls die StA das Verfahren wegen „fehlendem öffentlichen Interesse“ einstellt, was bringt eine strafrechtliche Privatklage? Darauf weist die StA ja dann regelmäßig hin. -------------------- Da issn RATT-WEEECH! https://up.picr.de/48359390oc.png
|
|
|
31.10.2024, 15:39
Beitrag
#11
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 24526 Beigetreten: 05.03.2007 Wohnort: Erlangen Mitglieds-Nr.: 29238 |
@mir: Falls die StA das Verfahren wegen „fehlendem öffentlichen Interesse“ einstellt, was bringt eine strafrechtliche Privatklage? Darauf weist die StA ja dann regelmäßig hin. Keine Ahnung, ich vermute: Viel Arbeit und dann nix. -------------------- „Nur wer die Probleme auf die einfachste Formel bringen kann und den Mut hat, sie auch gegen die Einsprüche der Intellektuellen ewig in dieser vereinfachten Form zu wiederholen, der wird auf die Dauer zu grundlegenden Erfolgen in der Beeinflussung der öffentlichen Meinung kommen.“ -- J. Goebbels
Die demokratiefeindliche Rechte praktiziert das erfolgreich. Was machen wir dagegen? |
|
|
31.10.2024, 18:06
Beitrag
#12
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 265 Beigetreten: 16.12.2013 Mitglieds-Nr.: 70973 |
Im Auto hat sich jemand durch die Kollision mit einem Radfahrer jemand verletzt? Wie passiert das denn? Laut ärztlichem Brief, der am nächsten Tag erstellt wurde, wurde das auf dem Beifahrersitz sitzende Kind durch den Unfall verletzt. Das die Verletzungen wirklich vom Aufprall eines 110kg schweren Fahrrades, inkl. Fahrer, in einen 1,3t schweren SUV kommen, darf gerne ein Gericht bzw. ein Sachverständiger beurteilen. Ich halte es für ausgeschlossen. Beim Abbiegen in ein Grundstück hat der Autofahrer ja noch höhere Sorgfaltspflichten als beim Abbiegen in einer Kreuzung. Wenn er argumentieren will, dass Du den Unfall durch bewusstes schnelles Zufahren in eine Risikosituation herausgefordert hast, müsste er das nachweisen, also zuallermindestens, dass der Blinker gesetzt war. Und da fehlt es an der Beweiskraft. Es gibt keine unabhängigen Zeugen. Nur das Kind auf dem Beifahrersitz will dies bezeugt haben, dass die Kraftfahrzeugführerin geblinkt haben soll. Also im Grunde Aussage gegen Aussage. Die Argumentation wäre eher als versicherungstypisches Abwehrverhalten einzuordnen, wenn allerdings der Fahrer/Mitfahrer hier noch Schadensersatzansprüche begründen will, wird es eigenartig. Ja das ganze Vorgehen hat schon ein Geschmäckle. Zu Deiner Frage: Du kommst per Google mit dem Aktenzeichen auf die dejure-Seite, die die zitierten Entscheidungen aufzählen. Von da aus kann man sich weiterhangeln. dejure zu LG Nürnberg-Fürth, 27.10.2022 - 8 O 5432/18 Per Beck-Online habe ich gefunden: Danke dir. Zumindest für einen Geh- und Radweg ist dies eine positive Entwicklung. Stellt sich weiterhin die Frage wie es bei Geschwindigkeiten zwischen 25 und 50km/h aussieht. Aus der Praxis: Ich habe eine IQ-X am E-Scooter (eKF) und das Ding bei Fahrt grundsätzlich an (Tagfahrlicht), und wundere mich immer, daß die Autofahrer an den Zufahrten und Einmündungen alle schön warten und nicht „noch schnell“ rausziehen. Die Lampe muß ja eine gewisse Respektwirkung erzielen. Die dummen Ausreden des beschuldigten Fzf. mit „zu schnell gefahren“ und Schmerzensgeldklage (für was?) ist m.E. nur ein Eingeständnis, daß er zu dumm war, genau hinzuschauen. Und noch klarer: nicht mit einem Liegeradfahrer gerechnet zu haben bzw. mit den eigenen Pflichten hoffnungslos überfordert (gewesen) zu sein. Bei den heutigen Pkw-Panzern verschwindet ein Liegerad beim Schulterblick gerne mal unter dem Fensterholm. Nunja ich soll ja laut der Kraftfahrzeugführerin neben überhöhter Geschwindigkeit auch ohne Licht unterwegs gewesen sein, was natürlich vollkommener Humbug ist. Sie stützt sich darauf, dass das vordere Licht (und nur dieses) nach Unfall schließlich aus war. Daher sei ich für sie nicht zu sehen gewesen. Ich habe mich jedoch nicht ohne Grund versetzt hinter ihr aufgehalten, ich war durch das versetzte Fahren 15m hinter ihr natürlich im Aussenspiegel sichtbar. Sie hat leider nur nicht geschaut. Ein Augenblickversagen das sie jetzt mit allen Mittel zu bestreiten versucht. Zur Schmerzensgeldklage, siehe oben. @mir: Falls die StA das Verfahren wegen „fehlendem öffentlichen Interesse“ einstellt, was bringt eine strafrechtliche Privatklage? Darauf weist die StA ja dann regelmäßig hin. Ich will mal hoffen, dass die StA das nicht einfach so fallen lässt. -------------------- |
|
|
01.11.2024, 09:21
Beitrag
#13
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 10500 Beigetreten: 23.10.2013 Wohnort: NRW Mitglieds-Nr.: 70368 |
Ich drücke die Daumen für den Prozess.
Ohne unabhängige Zeugen oder Videobeweis lässt sich ein Blinken oder Nichtblinken nicht beweisen. Hängt vom Vortrag im Prozess ab, wem der Richter glaubt. Aber unabhängig davon befreit ein rechtzeitiges Blinken den Ab- oder einbiegenden nicht von seiner Sorgfaltspflicht. Und es begründet auch keine Mitschuld des Geschädigten, da er auf seine Vorfahrt/ seinen Vorrang vertrauen darf. Was die Geschwindigkeit des Radlers angeht, so hat der RA sicher dazu geraten, diese nicht anzugeben. Man sagt einfach, man weiß nicht, wie schnell man war. Es obliegt dem Schädiger, zu beweisen, dass man als Radler irgendwie zu schnell war. Bei der Angabe der Schädigerin, den Radler vor dem Unfall gar nicht bemerkt zu haben wird es ihr schwerfallen, eine Meinung dazu abzugeben, wie schnell dieser war. Sie kann es dann gar nicht wissen. Damit ist es dann auch nebensächlich, ob es Urteile zu höheren Radlergeschwindigkeiten gibt. Ohne eigene Aussage diesbezüglich hat ein Richter gar keine Veranlassung, dies in Betracht zu ziehen. -------------------- |
|
|
02.11.2024, 00:26
Beitrag
#14
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 265 Beigetreten: 16.12.2013 Mitglieds-Nr.: 70973 |
Ich drücke die Daumen für den Prozess. Danke. Ohne unabhängige Zeugen oder Videobeweis lässt sich ein Blinken oder Nichtblinken nicht beweisen. Hängt vom Vortrag im Prozess ab, wem der Richter glaubt. Vor Gericht und auf hoher See... Was die Geschwindigkeit des Radlers angeht, so hat der RA sicher dazu geraten, diese nicht anzugeben. Man sagt einfach, man weiß nicht, wie schnell man war. Es obliegt dem Schädiger, zu beweisen, dass man als Radler irgendwie zu schnell war. Bei der Angabe der Schädigerin, den Radler vor dem Unfall gar nicht bemerkt zu haben wird es ihr schwerfallen, eine Meinung dazu abzugeben, wie schnell dieser war. Sie kann es dann gar nicht wissen. Damit ist es dann auch nebensächlich, ob es Urteile zu höheren Radlergeschwindigkeiten gibt. Ohne eigene Aussage diesbezüglich hat ein Richter gar keine Veranlassung, dies in Betracht zu ziehen. Ich werde berichten. -------------------- |
|
|
Vereinfachte Darstellung | Aktuelles Datum: 24.11.2024 - 00:08 |