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> Mindestabstand - Dichtung und Wahrheit
GM_
Beitrag 09.11.2024, 20:04
Beitrag #1


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Hallo,

der Profi weiß: Ab 5/10 vom halben Tachowert gibt es den Punkt, 5/10 sind 0,9 Sekunden.

Aber wie lang ist eigentlich der Sollwert, also der wirklich geforderte Mindestabstand?

Es kursieren zwei Faustregeln:
- 2 Sekunden
- halber Tachowert = 1,8 Sekunden.

Und auch die Formulierungen im BKat, wie "n/10 des halben Tachowertes" suggerieren ja, dieser "halbe Tachowert" sei der Sollwert.

Bis heute habe ich das auch geglaubt. Aber durch eine zufällige Recherche komme ich soeben zu der Ansicht, beide Faustregeln seien falsch.

Wer kennt den wirklich geforderten Mindestabstand?


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Uwe Mettmann
Beitrag 09.11.2024, 20:40
Beitrag #2


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Der geforderte Mindestabstand interessiert mich wenig, sondern vielmehr der sinnvolle Mindestabstand. Dazu muss man aber wissen, wie der Mindestabstand, der immer gelernt wird, zustande kommt. Dieser Mindestabstand (halber Tachowert in Metern) geht von einer Reaktionszeit von 1,8 Sekunden und einer Vollbremsung bis zum Stand aus.

Das heißt, wenn die Gefahr einer Vollbremsung bis zum Stand überhaupt nicht existiert, beispielsweise weil nur zwei Autos auf der Autobahn sind und ich das hintere fahre, kann ich ohne Probleme den Abstand bis kurz vor der Punktegrenze reduzieren (1/4 des Tachowertes).

Anders sieht es aus, wenn ich einer Schlange von mehreren Autos auf der Autobahn fahre, denn da ist eine Vollbremsung bis zum Stand nicht ausgeschlossen. Ebenso sieht es im Stadtverkehr aus, wenn es zur Bremsung kommt, dann meist bis zum Stillstand.

Wenn ich hingegen auf eine Autobahn auffahre, ist ein Abstand von einem halben Tachowert zu knapp, weil ich eben nicht nur nach vorne, sondern auch in den Seitenspiegel schaue und eventuell gar ein Schulterblicke vollführe. Die Zeit, die ich dafür benötige, muss ich mitberücksichtigen, weil eben mein Blick nicht nach vorne geht.

Gleiches gilt an Kreuzungen und an Kreiseln. Warum wohl gibt es in diesen Situationen die meisten Auffahrunfälle? Es wird gerade zur Seite geschaut, ob frei ist und das vordere Fahrzeug legt eine Vollbremsung hin.

Nun, halber Tachowert bedeutet ja bei einer Vollbremsung bis zum Stillstand eine Reaktionszeit von 1,8 Sekunden. Nun mag man meinen, dass man so lange nicht zum Reagieren braucht. Das mag stimmen, aber man ist nicht immer voll aufmerksam und außerdem sollte man nicht vergessen, dass das vordere Fahrzeug eventuell einen etwas kürzeren Bremsweg als das eigene Fahrzeug hat.


Gruß

Uwe
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GM_
Beitrag 09.11.2024, 21:11
Beitrag #3


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Zitat (Uwe Mettmann @ 09.11.2024, 21:40) *
Das heißt, wenn die Gefahr einer Vollbremsung bis zum Stand überhaupt nicht existiert, beispielsweise weil nur zwei Autos auf der Autobahn sind und ich das hintere fahre, kann ich ohne Probleme den Abstand bis kurz vor der Punktegrenze reduzieren (1/4 des Tachowertes).
Kommt drauf an:

Ich hatte auf der A8 oben auf der Alb vor mir einen einsamen Motorradfahrer. Da geht es weitgehend geradeaus, und der hat mit über 200 die linke Spur blockiert, obwohl auch rechts alles frei war.

Ich wollte eigentlich vorbei, weil 200 waren da langweilig, habe aber entspannt Abstand gehalten. Konnte mich gut in seine Situation hinein versetzen und gönnte ihm den Spaß.

Plötzlich aus heiterem Himmel haut er eine richtige Vollbremsung rein. Bei der Erinnerung kriege ich immernoch Gänsehaut.

Warum? Er hat einen der Blitzer gesehen. Der war nur nicht an, weil die Schilderbrücken auch nicht an waren.

Davon abgesehen: Bitte das Thema nicht aus den Augen verlieren. wavey.gif


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Ernschtl
Beitrag 10.11.2024, 00:32
Beitrag #4


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QUOTE (GM_ @ 09.11.2024, 20:04) *
der Profi weiß: Ab 5/10 vom halben Tachowert gibt es den Punkt,
also unterhalb des Viertels des Betrags der gefahrenen Geschwindigkeit. So der Profi.
QUOTE
5/10 sind 0,9 Sekunden.
Nö, 5/10 sind ein Halb.

Das mit dem Abstand ist (noch) nicht zu 100% festgelegt denn nicht alle Autos haben Abstandsradar drin. Die meisten müssen etwas schätzen und somit ist das auch etwas ungenau.
Daher gibts ja auch eine recht hohe Toleranz.


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GM_
Beitrag 10.11.2024, 10:57
Beitrag #5


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Zitat (Ernschtl @ 10.11.2024, 01:32) *
Nö, 5/10 sind ein Halb.
5/10 vom halben Tachowert in m entspricht 0,9s Fahrzeit. Zufrieden? wink.gif


Habe nun sogar eine Quelle im VP gefunden:
Zitat
Die deutsche Rechtsprechung sieht einen ausreichenen Abstand, bei Vorliegen normaler Verhältnisse, der einer in 1,5 Sekunden durchfahrenen Strecke entspricht. *)

*) vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Auflage, § 4 StVO, RNrn. 6, 15, Verlag C. H. Beck

Burhoff:
Zitat
3. Wie berechnet die Rspr. den Sicherheitsabstand?

Der Sicherheitsabstand darf auf einer Schnellstraße zwischen zwei Kfz den von dem nachfolgenden Kfz in 1,5 Sekunden zurückzulegenden Weg grundsätzlich nicht unterschreiten (vgl. u.a. OLG Hamm VRS 55, 211; OLG Köln VRS 67, 286; OLG Düsseldorf VRS 74, 451; Beck/Berr, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 3. Aufl., Rn. 450 m.w.N. aus der Rspr., Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 4 Rn. 6 m.w.N.).

Verkehrslexikon
Zitat
Abstandsverstöße - Unterschreitung des Mindestabstandes zum Vorausfahrenden
[...]
Als Faustregel kann gelten, dass ein Abstand ausreichend ist, der je nach Geschwindigkeit der in 1,5 Sekunden durchfahrenen Fahrstrecke entspricht.

Und hier noch etwas aktuelles:
OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2020 - 1 U 47/18
Zitat
Abzustellen ist als Faustregel nicht auf den "halben Tachowert", sondern auf die Wegstrecke, die der Nachfolgende bei der von ihm gefahrenen Geschwindigkeit in 1,5 s zurücklegt (König in Hentschel/König/Dauer, StVR, 44. Aufl. 2017, § 4, Rn. 7 m. w. N.; Helle a. a. O., Rn. 16 m. w. N.; zur Gesetzesbegründung s. a. König a. a. O., Rn. 1 a. E.).


Ganz ehrlich: Mir ist das neu.


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Explosiv
Beitrag 11.11.2024, 07:20
Beitrag #6


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Mir auch. Danke für die Rechersche.


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Majesto
Beitrag 18.11.2024, 00:14
Beitrag #7


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Zitat (Uwe Mettmann @ 09.11.2024, 20:40) *
Das heißt, wenn die Gefahr einer Vollbremsung bis zum Stand überhaupt nicht existiert, beispielsweise weil nur zwei Autos auf der Autobahn sind und ich das hintere fahre, kann ich ohne Probleme den Abstand bis kurz vor der Punktegrenze reduzieren (1/4 des Tachowertes).


Gruß

Uwe


Es kann immer die Gefahr bestehen, eine Vollbremsung machen zu müssen. Vor einiger Zeit fuhr ich mit etwa 90 auf der Landstraße. Alles war frei, vor mir kein Verkehr. Kurz vor einer Einmündung von rechts sah ich im Seitenspiegel einen Motorradfahrer, der mich überholte. Habe mir zu diesem Zeitpunkt noch nichts dabei gedacht. Er blinkte rechts, zog rüber und machte eine Vollbremsung, um in die nur etwa eine Autolänge entfernte Einmündung abzubiegen. Nur durch eine Gefahrenbremsung mit quietschenden Reifen und spürbar einsetzendem ABS konnte ich den Zusammenstoß noch vermeiden. Das waren keine 1,8 Sekunden mehr.

Viele Grüße
Majesto
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Uwe Mettmann
Beitrag 18.11.2024, 00:35
Beitrag #8


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Und was hat das damit zu tun, welchen Abstand man zu dem Vordermann wählt?


Gruß

Uwe
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Explosiv
Beitrag 18.11.2024, 09:27
Beitrag #9


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Die Gefahr einer Vollbremsung des Vordermannes besteht immer. Braucht nur ein Stück Wild am Fahrbahnrand aufzutauchen, was auch bei BAB möglich ist. Ich hatte schon ein Pferd auf der A1, ging zum Glück ohne Unfall ab.
Warum sollte man auf der BAB, wenn alles frei ist, so dicht hinter dem Vordermann herfahren? Entweder man will schneller, dann überholt man. Oder man will gleich schnell, dann kann man aber auch mit genügend Sicherheitsabstand hinterherfahren.
So viel ist der Windschatten zum Spritsparen nicht wert. Dann lieber langsamer fahren, das spart am Meisten.
Und wenn es nur um die Strafbarkeit geht, so steht in der Verordnung nirgends, dass sie bei fast leerer BAB nicht anzuwenden wäre.


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Doc aus Bückeburg
Beitrag 18.11.2024, 13:49
Beitrag #10


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Auch ich habe vor fast 56 Jahren in der Fahrschule gelernt, dass der vorgeschriebene MIndestabstand "halber Tacho" beträgt". Das steht aber nirgends so explizit geschrieben.
Es gibt lediglich einen Bußgeldkatalog, in dem steht, was einem blüht, wenn man diesen (nirgendwo vorgeschriebenen) "halben Tachowert" unterschreitet.

Das ist so ähnlich wie im StGB:
Es steht nicht drin, dass man niemanden betrügen, bestehlen oder gar umbringen darf. Es steht nur drinnen, was einem blüht, wenn man es denn tut.


Übrigens kann auch der Abstand "halber Tacho" zu kurz sein, wenn der Fahrweg VOR dem Vordermann nicht übersehbar ist.

Beispiel 1:
Ich fahre mit 70 Metern Abstand hinter einem 140 fahrenden Transporter her. Plötzlich schlägt der Transporter ungebremst in einen am Stau-Ende stehenden Sattelzug ein. Sein "Bremsweg" beträgt dann annähernd 0 Meter - und ich sehe dahinter ziemlich alt aus.

Beispiel 2:
Dieselbe Ausgangssituation, aber der Vordermann schlägt nicht ein, sondern kann mit Mühe gerade so nach links ausweichen. Bevor ICH die Situation wahrnehme und ebenfalls versuche, auszuweichen dürfte es schon gekracht haben.

In Österreich wird übrigens afaik nicht "halber Tacho" (= 1,8 Sekunden), sondern "2 Sekunden" gelehrt.

Doc


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Es gibt Dinge, die muss man glauben, um sie sehen zu können,
und es gibt Dinge, die muss man sehen, um sie glauben zu können.
Und dann gibt es noch ein paar Dinge, die kann man einfach nicht glauben, obwohl man sie sieht!
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Majesto
Beitrag 21.11.2024, 02:35
Beitrag #11


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Zitat (Uwe Mettmann @ 18.11.2024, 00:35) *
Und was hat das damit zu tun, welchen Abstand man zu dem Vordermann wählt?


Gruß

Uwe


In diesem Fall konnte ich den Abstand zum Vordermann nicht wählen.

In der Fahrschule wurde mir beigebracht, nach dem Überholen erst wieder einzuscheren, wenn man das überholte Fahrzeug komplett im Innenspiegel sehen kann. Somit ist ein ausreichend großer Abstand sichergestellt und für den Hintermann besteht keine Gefahr.

Wenn ich überholt werde, bin ich schon bremsbereit, vor allem, wenn ich sehe, daß Gegenverkehr kommt. Die meisten halten nach dem Überholen genug Abstand, aber es kommt schon mal vor, daß einer etwas knapp einschert oder wegen Gegenverkehr einscheren muß.
Schon im eigenen Interesse ist es sinnvoll, genug Abstand zu halten, denn, wer auffährt, hat grundsätzlich Schuld.

Viele Grüße
Majesto
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Doc aus Bückeburg
Beitrag 21.11.2024, 13:27
Beitrag #12


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Wer mich überholt, der ist in der Regel schneller als ich.
Nach StVO muss er sogar "deutlich schneller" sein.

Da muss ich auch nach relativ knappem Einscheren nicht bremsen, sondern ich behalte einfach mein Tempo bei, denn durch seine höhere Geschwindigkeit vergrößert sich sein Abstand eh rasch.

Doc


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F117
Beitrag 21.11.2024, 21:22
Beitrag #13


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Theoretisch, ja. In der Praxis gebe ich @Majesto klar recht, weil es reichlich Zeitgenossen gibt, die einscheren und feststellen, dass sie viel zu schnell für das eigene (Un)vermögen sind und das unmittelbar nach dem Wiedereinscheren korrigieren.


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"There's no such thing as a winnable war.
It's a lie we don't believe anymore!"

aus "Russians" - Sting 1986
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Uwe Mettmann
Beitrag 22.11.2024, 00:20
Beitrag #14


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Menno, wenn der Überholer nicht in der Lage ist, eine ausreichende Differenzgeschwindigkeit aufzubauen, dann sorge ich als zu Überholenden dafür, indem ich etwas vom Gas gehe.

Was habe ich davon, wenn ich das nicht mache und dann bremsen muss? Nix.


Gruß

Uwe
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trunax
Beitrag 22.11.2024, 08:31
Beitrag #15


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Ich bin der Meining, dass der Mindestabstand entsprechend der Fahreigensghaft des Fahrers, Fahrzeuges ( hier gelten physikalische Mindestwerte) und Umgebung zu wählen ist. 0.9 s nutzen nichts, wenn der Rest nicht stimmt. Halber Tacho, sowie 22 wurden bestimmt gewahlt, um dem Fahrschüler oder später dem Fahrer das als Richtwert einfacher zu vermitteln.
Passiert ein Unfall, kann man sich schlecht darauf berufen, dass die Halber-Tacho-Regel eingehalten wurde.
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RSS Vereinfachte Darstellung Aktuelles Datum: 23.11.2024 - 23:17