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> OVG Münster: Radfahren kann nicht verboten werden
Söne spitze Steine
Beitrag 06.12.2024, 23:35
Beitrag #1


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Die Fahrerlaubnis-Verordnung bietet keine rechtliche Grundlage für eine behördliche Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (u. a. Fahrräder, Mofas, E-Scooter). Das hat das Oberverwaltungsgericht mit heute bekanntgegebenen Beschlüssen vom 05.12.2024 entschieden. Damit sind zwei Antragsteller aus Duisburg und Schwerte vorläufig wieder berechtigt, mit solchen Fahrzeugen am Straßenverkehr teilzunehmen.

Pressemitteilung des OVG Münster

Aktenzeichen: 16 B 175/23 (I. Instanz: VG Düsseldorf 14 L 2486/22), 16 B 1300/23 (I. Instanz: VG Gelsenkirchen 7 L 1617/23)

Das OVG in NRW schließt sich der Meinung des OVG RLP und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an, daß eine Untersagung zum Führen führerscheinfreier Fahrzeuge nicht auf die FeV gestützt werden kann, da sie sich als nicht hinreichend bestimmt und verhältnismäßig erweist. Einerseits wird die grundrechtlich geschützte Fortbewegungsmöglichkeit der Betroffenen deutlich eingeschränkt und fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge sind im Vergleich zu Kraftfahrzeugen in der Regel weniger gefährlich. Dies berücksichtigt die FeV nicht und es bleibt unklar, in welchen Fällen jemand ungeeignet oder bedingt geeignet zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ist und wann Eignungszweifel bestehen.

Leider kam die Meldung nur in einer einzigen Nachrichtensendung quasi nebenbei.


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Ernschtl
Beitrag 07.12.2024, 00:01
Beitrag #2


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Ist doch gut so
Nur, warum erzählst du uns das?


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ToxicWaste
Beitrag 07.12.2024, 00:54
Beitrag #3


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Weil es gut zu wissen, interessant und wichtig ist?
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likorplf
Beitrag 18.12.2024, 09:50
Beitrag #4


Neuling


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Das Gericht folgt damit der Meinung des OVG Rheinland-Pfalz und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass die FeV in Bezug auf fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge nicht ausreichend bestimmt und verhältnismäßig ist. Insbesondere wird die grundrechtlich geschützte Fortbewegungsfreiheit der Betroffenen stark eingeschränkt, ohne dass diese Fahrzeuge im Allgemeinen eine größere Gefährdung darstellen als Kraftfahrzeuge. Zudem bleibt unklar, in welchen Fällen jemand als ungeeignet oder nur bedingt geeignet zum Führen solcher Fahrzeuge angesehen werden sollte.
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F117
Beitrag 18.12.2024, 10:13
Beitrag #5


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Ich suche immer noch den GG-Artikel, wo das Fahrradfahren als Grundrecht genannt ist think.gif


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It's a lie we don't believe anymore!"

aus "Russians" - Sting 1986
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gruenerTeich
Beitrag 18.12.2024, 11:00
Beitrag #6


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Das wirst du auch nicht wortwörtlich im Grundgesetz finden, wie die meisten grundrechtlich geschützten Rechtspositionen.

Es ist jedoch zu prüfen, ob das "Recht auf Mobilität" in den Schutzbereich eines der Grundrechte fallen, dies ist der Fall für das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (allgemeine Handlungsfreiheit), Art. 2 Abs.1 GG (vgl
BVerfG, B.v. 6.6.1989 – 1 BvR 921/85).
Die Verwaltungsgerichte haben hier entschieden, dass die durch Rechtsverordnung gestützen Eingriffe in diesen Schutzbereich den dafür geltenden Bedingungen (sog. "Schranken-Schranken) nicht genügen, sogar in mehrere Hinsicht (Bestimmtheitsgebot, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit)
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mir
Beitrag 18.12.2024, 11:13
Beitrag #7


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Das ist schon witzig, wie lange die Rechtsprechung zu dieser Erkenntnis gebraucht hat. Wenn man normale, nicht-rechtskundige Leute gefragt hat, haben die sich schon immer gewundert, dass man Radfahren verbieten kann, das sei doch lange nicht so gefährlich wie Autofahren.

Und dann hatten wir die merkwürdige Konstellation, dass stockbetrunkene Autofahrer besser behandelt wurden als stockbetrunkene Radfahrer: Erstere durften weiter Rad fahren, letzteren wurde beides verboten.

Wie funktioniert das eigentlich, wenn andere Oberverwaltungsgerichte anders entscheiden?


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„Nur wer die Probleme auf die einfachste Formel bringen kann und den Mut hat, sie auch gegen die Einsprüche der Intellektuellen ewig in dieser vereinfachten Form zu wiederholen, der wird auf die Dauer zu grundlegenden Erfolgen in der Beeinflussung der öffentlichen Meinung kommen.“ -- J. Goebbels

Die demokratiefeindliche Rechte praktiziert das erfolgreich. Was machen wir dagegen?
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gruenerTeich
Beitrag 18.12.2024, 11:16
Beitrag #8


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Revision zum Bundesverwaltungsgericht wegen Divergenz (Korrektur: Grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage). Geht aber nur im Hauptsacheverfahren
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Mueck
Beitrag 19.12.2024, 10:14
Beitrag #9


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Zitat (mir @ 18.12.2024, 11:13) *
Das ist schon witzig, wie lange die Rechtsprechung zu dieser Erkenntnis gebraucht hat.
Drum: Augen auf beim Verfassungen schreiben! rolleyes.gif
Es steht einiges in solchen, was anfangs nicht so wirklich beachtet wurde ... Aber dummerweise doch galt ...
Bspw. dass die Menschenrechte für alle gelten ...
Und dann kamen Amerikaner mit ihrer Verfassung in der Hand an paar Sklaven vorbei und kamen ins Grübeln ...
Und noch später an paar Frauen ...
Einige glauben noch heute nicht dran ...
Deshalb ist der wohl allgemein bekannte "Bildwitz" weiterhin nicht überflüssig mit dem Auszug aus dem rund 2000 Jahre alten "Grundgesetz" (das viele im Abendland ansonsten so vehement verteidigen wollen, bis wohl auf paar "Kleinigkeiten"?) mit "Liebe Deine Nächsten wie Dich selbst", wo das in paar Tagen gefeierte Geburtstagskind auf "Wirklich alle?" mit "Hast Du was an den Ohren?" antwortet ...
Kurz nach Verfassen unseres Grundgesetzes tickte unsere Justiz bekanntlich noch etwas anders ...
Hat halt eine Weile gedauert, bis man die eingenordet hatte ... Und ganz fertig ist man wohl noch immer nicht ...
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Nochmalda
Beitrag 20.12.2024, 04:14
Beitrag #10


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Zitat (gruenerTeich @ 18.12.2024, 11:00) *
Das wirst du auch nicht wortwörtlich im Grundgesetz finden, wie die meisten grundrechtlich geschützten Rechtspositionen.

Es ist jedoch zu prüfen, ob das "Recht auf Mobilität" in den Schutzbereich eines der Grundrechte fallen, dies ist der Fall für das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (allgemeine Handlungsfreiheit), Art. 2 Abs.1 GG (vgl
BVerfG, B.v. 6.6.1989 – 1 BvR 921/85).
Die Verwaltungsgerichte haben hier entschieden, dass die durch Rechtsverordnung gestützen Eingriffe in diesen Schutzbereich den dafür geltenden Bedingungen (sog. "Schranken-Schranken) nicht genügen, sogar in mehrere Hinsicht (Bestimmtheitsgebot, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit)


Interessantes Thema. Habe mal ChatGPT befragt:

Ja, das „Recht auf Mobilität“ fällt in den Schutzbereich verschiedener Grundrechte, allerdings wird es nicht explizit im Grundgesetz genannt. Stattdessen leitet sich das Recht auf Mobilität aus mehreren allgemeinen Grundrechten ab:
1. Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG)

Schutzbereich: Dieser Artikel schützt die Freiheit, zu tun und zu lassen, was man möchte, solange es nicht gegen Gesetze verstößt.
Bezug zur Mobilität: Die Freiheit, sich fortzubewegen oder bestimmte Verkehrsmittel zu nutzen, fällt unter die allgemeine Handlungsfreiheit. Einschränkungen dieser Mobilität, z. B. durch Fahrverbote oder mangelnde Infrastruktur, können diesen
Schutzbereich berühren.

2. Freizügigkeit (Art. 11 GG)

Schutzbereich: Das Recht, sich im gesamten Bundesgebiet frei aufzuhalten und Wohnsitz oder Aufenthaltsort zu wählen.
Bezug zur Mobilität: Freizügigkeit schützt nicht die konkrete Nutzung bestimmter Verkehrsmittel, sondern das Recht, sich an jeden Ort innerhalb Deutschlands zu begeben und dort zu verweilen. Einschränkungen wie Aufenthaltsverbote oder
Ausgangssperren können in diesen Schutzbereich eingreifen.

3. Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)

Schutzbereich: Das Grundrecht auf Gleichbehandlung schützt vor willkürlicher Benachteiligung.
Bezug zur Mobilität: Mobilitätseinschränkungen, die bestimmte Bevölkerungsgruppen (z. B. Menschen mit Behinderungen oder Senioren) diskriminieren, können den Gleichheitssatz berühren. Barrierefreie Mobilität ist hier ein wichtiger Aspekt.

4. Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG)

Schutzbereich: Die Menschenwürde ist unantastbar und umfasst auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Bezug zur Mobilität: Wenn Mobilität so stark eingeschränkt wird, dass Menschen nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können (z. B. bei völliger Isolation durch fehlende Transportmöglichkeiten), könnte die Menschenwürde verletzt
sein.

5. Soziale Grundrechte und Staatszielbestimmungen

Bezug zur Mobilität: Auch wenn soziale Grundrechte (z. B. auf Daseinsvorsorge oder Infrastruktur) im Grundgesetz nicht ausdrücklich geregelt sind, ergibt sich aus der Verpflichtung des Staates zum sozialen Rechtsstaat (Art. 20 Abs. 1 GG) die
Aufgabe, eine angemessene Infrastruktur bereitzustellen. Dazu gehört auch, Mobilität als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge zu fördern.

Fazit

Das „Recht auf Mobilität“ als solches ist nicht ausdrücklich ein Grundrecht, aber es fällt in den Schutzbereich mehrerer Grundrechte, insbesondere der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und der Freizügigkeit (Art. 11 GG). Einschränkungen der Mobilität können daher nur unter bestimmten Bedingungen und mit einer gesetzlichen Grundlage zulässig sein. Mobilität wird zunehmend auch als Voraussetzung für die Ausübung anderer Grundrechte gesehen, wie der sozialen und kulturellen Teilhabe.


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Per aspera ad astra
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RSS Vereinfachte Darstellung Aktuelles Datum: 26.12.2024 - 21:19