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> Verjährung | Unterbrechung | Fristen, Wann verjährt ein Verkehrsverstoß?
Rolf Tjardes
Beitrag 30.12.2003, 20:20
Beitrag #1


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QUELLTEXT
[URL=http://www.verkehrsportal.de/board/index.php?showtopic=2599]FAQ: Verjährung | Unterbrechung | Fristen[/URL], (Wann verjährt ein Verkehrsverstoß?)


P.S. "FAQ-Verlinkung": V.g. Code einfach markieren, kopieren und in jeweiliges Posting einfügen - fertig ist der Link :-)
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Rolf Tjardes
Beitrag 30.12.2003, 20:22
Beitrag #2


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Erläuterungen ...

Eines vorweg: Die Themen "Verfolgungsverjährungfrist" und "Unterbrechungshandlung" sind wegen ihrer Detailwichtigkeit äußerst umfangreich und tw. kompliziert. Nachfolgend gebe ich einen Überblick über die wichtigsten Grundzüge der Thematik.

Hmmh ... wie kriege ich nun am besten den Einstieg in die Thematik? think.gif

Also am besten einfach: Nach einem Verkehrsverstoß verbleibt einer Verfolgungsbehörde eine bestimmte Frist um eine Maßnahme, z.B. den Erlass eines Bußgeldbescheides, gegenüber dem tatsächlichen Fahrzeugführer einzuleiten. Diese Frist wird "Verfolgungsverjährungsfrist" genannt und beträgt mindestens 3 Monate. Wird diese Verjährungsfrist verpasst kann der Fahrzeugführer nicht mehr sanktioniert werden. Kein Wunder also, wenn derjenige, dem ein Verstoß zur Last gelegt werden soll (=> "Betroffener" im Bußgeldverfahren), inständig auf den Eintritt der Verjährung hofft wink.gif

Es gilt:

Zitat
Innerhalb von 3 Monaten **) nach Beendigung der Handlung (zumeist "Tattag") muß eine verjährungsunterbrechende Maßnahme gegenüber dem tatsächlichen Fahrzeugführer eingeleitet worden sein. Dieser muß in der Verfolgungsbehörde der Person nach bekannt bzw. "aktenkundig" sein.


Die erforderlichen verjährungsunterbrechenden Handlungen sind in § 33 OwiG abschließend aufgezählt.

**) mind. ein Jahr bei Verstößen im Zusammenhang mit Alkohol/berauschenden Mitteln (vgl. § 24a StVG).

Was sind verjährungsunterbrechende Handlungen?

Zuerst ein paar Worte zum Prinzip: Nach einem Verstoß "läuft" die Verfolgungsverjährungsfrist. Innerhalb dieser Frist muß die Behörde nach Maßgabe von § 33 OwiG reagieren, d.h. Maßnahmen ergreifen. Erfolgt dies rechtzeitig bzw. fristgerecht wird der Ablauf der Verjährung unterbrochen und beginnt von vorn.

Wird z.B. innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist die Versendung eines Anhörungsbogens an einen "Betroffenen" behördenintern (!) angeordnet wird die Frist unterbrochen. Der Verfolgungsbehörde verbleiben nun mindestens 3 Monate um einen Bußgeldbescheid gegenüber dem "Betroffenen" zu erlassen.

Die häufigsten Unterbrechungshandlungen sind
  • die Versendung eines Anhörungsbogens (EDV = ohne Unterschrift) an einen Betroffenen, dem ein Verstoß zur Last gelegt wird, sowie
  • der Erlass eines Bußgeldbescheides gegen einen Betroffenen.
Stichwort: Bußgeldbescheid :-)

Sofern ein Bußgeldbescheid innerhalb von 2 Wochen nach dem behördeninternen "Erlass" zugesendet wird, ist das Erlassdatum (quasi rückwirkend) fristunterbrechend, ansonsten wirkt das Zustelldatum als fristunterbrechend (vgl. § 33 Abs. 1 Nr. 9 OwiG). Im Klartext: Innerhalb von drei Monaten muss der Bußgeldbescheid (gegen den Betroffenen) erlassen und dabei innerhalb von zwei Wochen zugestellt werden. Nach dem Erlass beträgt die Verjährungsfrist neue 6 Monate (ab Erlassdatum).

Hieraus ergibt sich quasi eine "Wartezeit" von 3 Monaten und zwei Wochen, um einigermaßen klar sagen zu können, ob nun nach einem Verkehrsverstoß Verjährung eingetreten ist oder nicht
("relative Sicherheit"). Genaues ergäbe sich allerdings nur bei einem Blick in die Ermittlungsakte (Rechtsanwalt).

Für alle die es genau wissen wollen ... cool.gif

Tipp: Hier ein Text von Ra Grunert zur Verfolgungsverjährung ... hier klicken

Der Beitrag wurde von Jens bearbeitet: 06.01.2009, 20:10
Bearbeitungsgrund: Verjährungsfrist für Verstöße gegen den §24a StVG der aktuellen Gesetzeslage angepasst
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Rolf Tjardes
Beitrag 30.12.2003, 20:22
Beitrag #3


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Verjährungsfristen ...

Im Ordnungswidrigkeitengesetz (OwiG) sind die Verjährungsfristen von (allgemeinen) Ordnungswidrigkeiten bestimmt. Im Straßenverkehrsgesetz (StVG) sind die (speziellen) Verjährungsfristen von Verkehrsordnungswidrigkeiten bestimmt.

§ 31 OwiG: Verfolgungsverjährung
Auszug ...

Zitat
(2) Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten verjährt, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt,
  1. in drei Jahren bei Ordnungswidrigkeiten, die mit Geldbuße im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind,
  2. in zwei Jahren bei Ordnungswidrigkeiten, die mit Geldbuße im Höchstmaß von mehr als zweitausendfünfhundert bis zu fünfzehntausend Euro bedroht sind,
  3. in einem Jahr bei Ordnungswidrigkeiten, die mit Geldbuße im Höchstmaß von mehr als eintausend bis zu zweitausendfünfhundert Euro bedroht sind,
  4. in sechs Monaten bei den übrigen Ordnungswidrigkeiten.
(3) Die Verjährung beginnt, sobald die Handlung beendet ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt.


§ 26 StVG: Zuständige Verwaltungsbehörde; Verjährung
Auszug ...

Zitat
(3) Die Frist der Verfolgungsverjährung beträgt bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 **) drei Monate, solange wegen der Handlung weder ein Bußgeldbescheid ergangen noch öffentliche Klage erhoben ist, danach sechs Monate.


**) Mit § 24 (StVG) sind hier - wie eingangs erwähnt - "Verkehrsordnungswidrigkeiten" gemeint! Das Führen eines Kraftfahrzeugs ab 0,5-Promille oder unter Wirkung von berauschenden Mitteln stellt jedoch ein Verstoß gegen § 24a StVG dar und fällt daher bzgl. Verjährungsfristen unter das OwiG.

>> Folge: Die Verjährungsfrist von Alkohol- und Drogenverstößen beträgt nicht 3 Monate sondern mindestens ein Jahr!

Der Beitrag wurde von Jens bearbeitet: 06.01.2009, 20:12
Bearbeitungsgrund: Verjährungsfrist für Verstöße gegen den §24a StVG der aktuellen Gesetzeslage angepasst
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Rolf Tjardes
Beitrag 30.12.2003, 22:53
Beitrag #4


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Rechtsprechung ...

Die Anordnung der Bußgeldstelle, dem lediglich anhand des Kennzeichens ermittelten Halter eines Kfz einen Anhörungsbogen zu übersenden, nach dessen Inhalt es von der Einlassung des Halters abhängig gemacht wird, ob er sich als Betroffener oder Zeuge (für die Ermittlung des Fahrzeugführers) äußern will, unterbricht die Verfolgungsverjährung jedenfalls dann nicht, wenn der Halter nicht einräumt, der verantwortliche Fahrzeugführer gewesen zu sein (in Fortführung von OLG Hamburg, Beschluß vom 19. 8. 1998 - I - 93/98 = 1 Ss 106/98 OWi).
OLG Hamburg, Beschluß vom 9. 10. 1998 - II-148/98 = 2 Ss 141/98 OWi

Zur Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Nr. 2 OWiG gegenüber dem Betroffenen durch Anordnung einer Vernehmung in einem zunächst gegen Unbekannt geführten Verfahren.
OLG Hamm, Beschluß vom 27. 10. 1998 - 2 Ss OWi 1124/98

--------------------

Auf der Website von Detlef Burhoff, Richter beim OLG Hamm, gibt es u.a. viele Informationen sowie Entscheidungen im Volltext zur Unterbrechung der Verjährung (burhoff.de -> Rechtsprechungsservice):

>> Hier klicken, Datei ca. 100 KByte

--------------------

Die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG kann nur durch eine Untersuchungshandlung bewirkt werden, aus der sich für den Adressaten der Maßnahme unmissverständlich ergibt, dass die Ermittlungen gegen ihn als den Tatverdächtigen geführt werden. Ob er dies dann letztlich auch so verstanden hat, ist hingegen ohne Belang, denn die Frage des Verjährungseintritts bedarf der Beurteilung an Hand objektiver Kriterien und kann nicht davon abhängig gemacht werden, wie der Betroffene die an ihn gerichtete Maßnahme gedeutet hat. (DAR 2003 S. 184)

Der Beitrag wurde von Rolf Tjardes bearbeitet: 17.01.2010, 14:42
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Rolf Tjardes
Beitrag 31.12.2003, 12:02
Beitrag #5


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Unterschied "Vollstreckungsverjährung" / Verfolgungsverjährung":

Wird ein Bußgeldbescheid rechtskräftig, kann das dort festgesetzte Bußgeld einschl. Gebühren und Auslagen 3 Jahre eingetrieben werden (5 Jahre bei einer Geldbuße von mehr als eintausend Euro).

Diese 3- bis 5-jährige Frist wird Vollstreckungsverjährungsfrist genannt und hat mit der Verfolgungsverjährungsfrist nichts zu tun.

Vereinfacht gesagt:
  • Ein Verkehrsverstoß kann nur eine begrenzte Zeit verfolgt werden (meist 3 Monate, s.o.).
  • Ein verhängtes Bußgeld kann hiernach 3 bis 5 Jahre nach Eintritt der Rechtskraft eingetrieben werden.
Rechtsgrundlage:

Zitat
§ 34 OwiG: Vollstreckungsverjährung

(1) Eine rechtskräftig festgesetzte Geldbuße darf nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr vollstreckt werden.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt
  1. fünf Jahre bei einer Geldbuße von mehr als eintausend Euro,
  2. drei Jahre bei einer Geldbuße bis zu eintausend Euro.
(3) Die Verjährung beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung.

(4) Die Verjährung ruht, solange
  1. nach dem Gesetz die Vollstreckung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann,
  2. die Vollstreckung ausgesetzt ist oder
  3. eine Zahlungserleichterung bewilligt ist.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten. Ist eine solche Nebenfolge neben einer Geldbuße angeordnet, so verjährt die Vollstreckung der einen Rechtsfolge nicht früher als die der anderen.
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Rolf Tjardes
Beitrag 31.12.2003, 12:27
Beitrag #6


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Einige "typische" Diskussionen aus dem Archiv 2003 ...

- Gelasert und sofort angehalten ... wann verjährt?

- Geblitzt, Anhörungsbogen ... bin aber nicht gefahren!

- Mahnung, Zahlungsaufforderung ... Verjährt?

- Firmenwagen, Zeugenbefragung ... Verjährt?

... usw. usw. ... wink.gif

Sollte ich noch ein paar interessante Konstellationen im Forum finden werde ich sie selbstverständlich hier aufführen.
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Rolf Tjardes
Beitrag 05.01.2004, 20:31
Beitrag #7


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Anhörungsbogen / Bußgeldbescheid kann nicht zugestellt werden ...
(Frage: Kann Verjährung bei unbekanntem Aufenthalt des Betroffenen durch vorläufige Einstellung des Verfahrens unterbrochen werden?)

§ 33 Abs. 1 Satz Ziff. 5 OWiG verlangt hierzu, dass die Verjährung nur unterbrochen werden kann durch...

Zitat
"... die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Betroffenen durch die Verfolgungsbehörde oder den Richter sowie jede Anordnung der Verfolgungsbehörde oder des Richters, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Ermittlung des Aufenthalts des Betroffenen oder zur Sicherung von Beweisen ergeht."


Eine Einstellungsverfügung sollte sich in der Ermittlungsakte befinden. Auch sollte dort der Zeitpunkt der Aufenthaltsanfrage dokumentiert sein. Fehlt diese Dokumentation oder ist aus ihr nicht ersichtlich, dass die Aufenthaltsanfrage nach der Einstellung des Verfahrens erfolgte, dürfte es aus Sicht des Betroffenen tendenziell gut aussehen ...
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