EuGH-Urteil: Diskussion zur Rechtsprechung (Teil 1), Neue Entscheidungen der dt. Verwaltungsgerichte ... |
Willkommen, Gast ( Anmelden | Registrierung )
EuGH-Urteil: Diskussion zur Rechtsprechung (Teil 1), Neue Entscheidungen der dt. Verwaltungsgerichte ... |
23.10.2006, 23:36
Beitrag
#401
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Zitat Gibt es den vielleicht irgendwo in voller Länge? Ich gehe mal davon aus, dass solche Erlasse "nur für den Dienstgebrauch sind". Betroffene sollen sich halt nicht allzusehr in Sicherheit wiegen. Außerdem sind Erlasse für die Betroffenen nicht rechtsverbindlich. Es sind halt Anweisungen einer oberen oder obersten (Ministerium) Behörde an den nachgeordneten Bereich. Ich vermute mal, dass es ähnliche Erlasse auch in anderen Bundesländern gibt. Aus Bayern hört man ja ähnliches: dort hat der Halbritterbeschluss wohl zu einer weitgehenden Änderung der bisherigen Praxis geführt, die ja vor Halbritter auf möglichst flächendeckende Einleitung von § 46 FeV-Verfahren gerichtet war. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
23.10.2006, 23:40
Beitrag
#402
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 3399 Beigetreten: 01.05.2004 Mitglieds-Nr.: 3097 |
Zitat Betroffene sollen sich halt nicht allzusehr in Sicherheit wiegen. Außerdem sind Erlasse für die Betroffenen nicht rechtsverbindlich. Trotzdem: Wenn wir den Erlass in Relation zu den ersten Stellungnahmen zum EU-FS setzen, dann liegen Quantensprünge dazwischen ... -------------------- "Wir sitzen alle im europäischen Boot, nur die Deutschen sind ständig seekrank." Romano Prodi, EU-Kommissions-Präsident a.D.
"An der Wurzel eines Problems sitzt immer ein Deutscher." Voltaire (1694-1778) Strichachtclub Deutschland Verfolge den Weg Deiner Geldscheine in Europa! Wichtig ist, daß man nicht aufhört zu fragen. A.Einstein |
|
|
24.10.2006, 18:53
Beitrag
#403
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 13536 Beigetreten: 30.07.2004 Wohnort: Lübeck Mitglieds-Nr.: 4642 |
Eher keine Quantensprünge, denn ein Quantensprung ist äußerst klein. Ich weiß aber, was landläufig damit gemeint ist.
Ich denke auch, dass da zunehmend anerkannt werden wird. zu dem sit aus dem Urteil noch mehr herauszulesen, nämlich dass man sich tatsächlcih aus D abmelden soltle. Das spielte hier keine Rolle, das gericht hat es dennoch aufgeführt. Wenn das Argument der fortdauernden Ungeeignetheit wegfällt, dann fällt auch das Argument des Rechtsmissbrauches zusammen. Wo man gesünder wird darf keine Rolle spielen. Dennoch sehe ich da noch Spielräume, jedoch ebenfalls zurückgehend. Vielleicht passen sich die Gerichte mit ihren gegenwärtigen Bordmitteln bereits der möglichen dritten FSRiLI an, die ebenfalls Altfälle grundsätzlich unberührt lassen wird. Ich frage mich, warum die Behörde nicht sofort anch Bekanntwerden der Auffälligkeit nach Erteilung vorsorglich nochmals einen VA nachgeschickt hat. Die muss ja völlig von sich überzeugt gewesen sein. Oder meinte sie, wenn Sie etwas nachsetzt, dass damit ihre erste Position wertlos oder nur geschwächt würde? Liebe Greet-Ings, Cornelius -------------------- MPU-Beratung --- Deutsche Fahrerlaubnis kompetent, preisattraktiv, permanent
Da nicht jeder Wunsch im Leben erfüllt wird, sind mehrere Wünsche empfehlenswert. Die Lebenskunst ist nun, ungeachtet unerfüllter Wünsche, zufrieden zu sein. Der Unterschied zwischen Himmel und Hölle liegt darin, in der Hölle wird jeder Wunsch sofort erfüllt - weil dann Wünschen keine Freude mehr bereitet. |
|
|
24.10.2006, 21:20
Beitrag
#404
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Wenn das Argument der fortdauernden Ungeeignetheit wegfällt, dann fällt auch das Argument des Rechtsmissbrauches zusammen. Wo man gesünder wird darf keine Rolle spielen. Im Argument des Rechtsmissbrauchs ging es ja auch immer darum, dass gegen die Wohnsitzprinzipien eklatant verstoßen wurde. D.h. es ging nicht nur darum, ob man 180 oder 186 Tage im Ausstellungsland gelebt hat, sondern um Fälle, in denen außer dem Führerscheinerwerb überhaupt kein Bezug zum Ausstellungsland vorhanden war. Dass man dadurch strengere Erteilungsvoraussetzungen im eigentlichen Wohnsitzland umgehen wollte, spielt natürlich auch eine Rolle. Ich würde das Rechtsmissbrauchsargument übrigens so formulieren: wer eklatant und offensichtlich gegen die Wohnsitzprinzipien der EU-Führerscheinrichtlinie verstößt, kann sich nicht wie Herr Halbritter darauf berufen, dass nach Erteilung der EU-Fahrerlaubnis ein Entzugsverfahren in Deutschland nur eingeleitet werden kann, wenn neue Tatsachen dazukommen. D.h. rechtsmissbräuchlich wäre hier die Berufung auf den Halbritterbeschluss, wenn man sich selber überhaupt nicht an die Führerscheinrichtlinie gehalten hat. Zitat Ich frage mich, warum die Behörde nicht sofort anch Bekanntwerden der Auffälligkeit nach Erteilung vorsorglich nochmals einen VA nachgeschickt hat. Die muss ja völlig von sich überzeugt gewesen sein. Oder meinte sie, wenn Sie etwas nachsetzt, dass damit ihre erste Position wertlos oder nur geschwächt würde? Wenn die Behörde einen Verwaltungsakt (Nutzungsuntersagung) erlässt, muss sie von dessen Rechtmäßigkeit überzeugt sein. Ein Verwaltungsakt wird ja mit Bekanntgabe wirksam. Und wenn die Fahrerlaubnis erst einmal entzogen wurde, kann die Behörde vom Betroffenen keine MPU mehr verlangen, solange dieser keine neue Fahrerlaubnis beantragt. Eine MPU kann die Behörde dem Betroffenen erst wieder auferlegen, wenn sie die Nutzungsuntersagung zurückgenommen hat.Insofern muss die Behörde erst einmal eine vorläufige Niederlage eingestehen, wenn sie aufgrund des neuen Vorfalls eine neue MPU anordnen will. Eine ähnliche Konstellation gab bzw. gibt es übrigens im Fall von @Spracke klick, wo die Behörde im April 06 eine Niederlage vor dem Verwaltungsgericht eingestehen musste und seitdem mit wachsender Hartnäckigkeit eine MPU durchzudrücken versucht, um ihm seinen deutschen Führerschein wieder abnehmen zu können. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
25.10.2006, 00:11
Beitrag
#405
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 3399 Beigetreten: 01.05.2004 Mitglieds-Nr.: 3097 |
Danke, Uwe W, für den Link, sehr interessant
Zitat Eine ähnliche Konstellation gab bzw. gibt es übrigens im Fall von @Spracke klick, wo die Behörde im April 06 eine Niederlage vor dem Verwaltungsgericht eingestehen musste und seitdem mit wachsender Hartnäckigkeit eine MPU durchzudrücken versucht, um ihm seinen deutschen Führerschein wieder abnehmen zu können. leider bricht der Thread am 30.07.abrupt ab ... Schade.@ corneliusrufus Mit Verlaub: Der Rechtsmißbrauch hat imho mit einer evtl. fortwährenden Ungeeignetheit nichts zu tun. Zwei paar Schuhe, denke ich. Trotzdem gut, wenn sich die fortwährenden Ungeeignetheit als Argument nicht mehr so richtig eignet ... -------------------- "Wir sitzen alle im europäischen Boot, nur die Deutschen sind ständig seekrank." Romano Prodi, EU-Kommissions-Präsident a.D.
"An der Wurzel eines Problems sitzt immer ein Deutscher." Voltaire (1694-1778) Strichachtclub Deutschland Verfolge den Weg Deiner Geldscheine in Europa! Wichtig ist, daß man nicht aufhört zu fragen. A.Einstein |
|
|
25.10.2006, 08:57
Beitrag
#406
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 13536 Beigetreten: 30.07.2004 Wohnort: Lübeck Mitglieds-Nr.: 4642 |
Danke Uwe für die Aufklärung. - Interessant, in anderen Rechtsgebieten (Zivilrecht) ist das üblich, in Zweifelsfällen eine zweite Willenserklärung abzugeben.
@/8Doc u. Uwe, richtig, Rechtsmissbäauchlich ist der schnelle Erwerb im EU-Ausland ohne jedweden Bezug zum Ausstellerland. Nur sehe ich das eher indirket ausgedrückt durch die kurze Zeit, denn mit Bezug wäre auch vor den 185 Tagen Aufenthalt zu erteilen, eben ab ordentlicher Wohnsitznahme undentsprechender Aufenthaltsdauerabsicht für die 185 Tage . Selbst wenn das (nun) nicht (mehr) von allen EU-Staaten praktiziert wird, d.h. erst ab 185 Tagen tatsächlichem Aufenthalt erteilt wird. Nehmen wir folgenden Fall. Dreimal in D auffällig mit je knapp/bei 2‰. medizinisch noch Missbrauch. Nun sucht er sich Hilfe in D, bsp. SHG, löst sein Problem. Lebt (sogar) abstinent, ist davon überzeugt. Von einer MPU hält er trotzdem nichts, weil er das Risiko scheut, schlecht informiert ist, weil er früher wieder eine FE haben will. Nun reist er ins EU-Ausland für wenige Wochen zwecks alleinigem Erwerb der FE. Ich sehe darin keinen Rechtsmissbrauch. Wenn ich rein formal nun den Rechtsmissbrauch allein am Aufenthalt ohne ordentlichen Wohnsitz abhängig machen wollte, dann würde ich doch das Ziel der deutschen FeV sowie der FSRiLi unterlaufen, nämlich Geeigneten eine FE auszustellen. Er ist objektiv geeignet! Er hat lediglich nicht den deutschen Nachweis gebracht. Auch wenn das Beispiel konstruiert sit und selten vorkommen mag, so sehe ich doch einen großen Unterschied zu jemandem, der objektiv ungeeignet im EU-Ausland ein FE ohne ordentliche Wohnsitznahme erwirbt und sich dann allein wegen dieser darauf beruft. Objektiv ist dieser ungeeignet. Ich kann beim besten Willen nicht für sinnvoll halten, wenn das rechtsmissbrauchsargument nurna als Formalismus eingesetzt wird. Ich kann nur Sinn dahinter erkennen, wenn es mit Anhaltspunkten für eine objektive geeignetheit verbunden wird. Ich sage, es muss doch gleichgültig sein, wo der Betroffene seine Geeignetheit (objektiv) wieder herstellt. Hauptsache er tut es. Liebe Greet-Ings, Cornelius -------------------- MPU-Beratung --- Deutsche Fahrerlaubnis kompetent, preisattraktiv, permanent
Da nicht jeder Wunsch im Leben erfüllt wird, sind mehrere Wünsche empfehlenswert. Die Lebenskunst ist nun, ungeachtet unerfüllter Wünsche, zufrieden zu sein. Der Unterschied zwischen Himmel und Hölle liegt darin, in der Hölle wird jeder Wunsch sofort erfüllt - weil dann Wünschen keine Freude mehr bereitet. |
|
|
25.10.2006, 14:40
Beitrag
#407
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 3399 Beigetreten: 01.05.2004 Mitglieds-Nr.: 3097 |
... ich kann mich mit der "Rechtsmißbräuchlichkeit" auch nicht recht anfreunden.
Die EU-FS-RiLi sieht es ja geradezu vor, daß Europäer schonmal die Länder wechseln - es ist doch auch Bestandteil des europäischen, freizügigen Gedankens. Daraus folgt für mich, daß die einzelnen europäischen Staaten Regelungen erlassen müssen, die es eben nicht zulassen, daß "aus Versehen" eine rechtsmißbräuchliche Situation durch die Anwendung nationaler Bestimmungen entstehen kann. Dem einzelnen EU-Bürger Vorwürfe zu machen, nur weil der von D nach PL reist, dort einen FS beantragt, den er dann in völliger Übereinstimmung mit nationalen Gesetzen erhält und damit dann postwendend wieder nach D reist(oder zieht), das ist die dümmste Lösung ... Wer das verhindern will, der muss sich halt für die Anwendung europäischen Rechts in den FS-erteilenden Staaten einsetzen. Ein Kernproblem ist doch, daß in CZ, PL, NL und noch einigen Ländern Führerscheine ohne tatsächliche Prüfungen über Aufenthaltsgründe und -zeiten erteilt wurden. Das zweite Kernproblem ist, daß die zentrale europäische FS-Datei nicht besteht. Zwar könnten sich die Länder auch ohne zentrale Datei untereinander austauschen, doch da gibt es dann die Sprachbarrieren und unterschiedlichen Fristen, Formulare etc. - weshalb das auch nicht funktioniert. Um die Unfähigkeit der Politiker und Rechtsgelehrten zu kaschieren und die Folgen zu kontrollieren wird dann plötzlich wieder der Einzelne für seine "Reiselust" verantwortlich gemacht. Ich gebe zu, da vielleicht etwas uneinsichtig zu sein, aber es kann doch nicht angehen, daß der einzelne kleine EU-Bürger mit seinem Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis die Verantwortung für die Erteilung aufgedrückt bekommt. Denn das so ein Antrag nicht automatisch zur Erteilung führt, das kennt er ja zumeist schon aus seinem Heimatland - würde also z.B. Polen europäische Gesetze korrekt anwenden und sich in Deutschland rückversichern, aus Polen selbst u.a. eine korrekte Meldebestätigung inkl. Abmeldung aus Deutschland etc. fordern und bei eventuellen Unstimmigkeiten die Herausgabe bzw. Erteilung verweigern, dann wird das den Betroffenen kaum erstaunen. So war/ist es aber nicht. Von den Polen wurden halbausgeführte Anträge ohne Nachfragen akzeptiert und Mietverhältnisse von 50 Personen in einer Garage wurden auch nicht kontrolliert. Und überdies ist es sehr unwahrscheinlich, daß plötzlich ein 50-Jähriger in Polen auftaucht, der nicht schonmal irgendwie eine Führerscheingeschichte gehabt hat. Wenn der dann ankreuzt "Nie einen FS besessen", dann sollte das beim normalbegabten Beamten auch in Polen die eine oder andere Frage aufwerfen. Nein: Keine Fragen, keine Antworten! Dafür aber Erteilungen reihenweise ... Was mich letztendlich zu der Frage bringt: Wer hat denn da bitte rechtsmißbräuchlich gehandelt ? Und welches Recht wurde mißbraucht ? Die Antwort kann doch im Falle Polens nur sein: der polnische Staat. Dieser hat nach seinen nationalen Gesetzen legal erteilt und damit gegen EU-Recht verstossen. Der einzelne EU-Bürger ist doch nur mit irgendeinem Begehren woanders vorstellig geworden, hat im Ernstfall irgendeine dünne Geschichte erzählt (so wie es Menschen nunmal tun, wenn sie was wollen), die nicht überprüft wurde und dann wurde dem Begehren sang- und klanglos entsprochen ... Mag ja sein, daß man nun zu dem Schluss kommen könnte, daß "der Mensch" für so eine edle freizügige Konstruktion wie die EU noch nicht reif ist - aber da befindet er sich in guter Gesellschaft: die Mitgliedsstaaten sind es schließlich auch nicht ... -------------------- "Wir sitzen alle im europäischen Boot, nur die Deutschen sind ständig seekrank." Romano Prodi, EU-Kommissions-Präsident a.D.
"An der Wurzel eines Problems sitzt immer ein Deutscher." Voltaire (1694-1778) Strichachtclub Deutschland Verfolge den Weg Deiner Geldscheine in Europa! Wichtig ist, daß man nicht aufhört zu fragen. A.Einstein |
|
|
25.10.2006, 19:12
Beitrag
#408
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
In der Rechtsprechungsdatenbank NRW habe ich folgendes Strafurteil gefunden (Freispruch):
AG Emmerich 4 Ds 302 Js 65/06 (116/06) Urteil vom 24.07.06 Hier konkurrierte ein 1994 erworbener niederländischer EU-Führerschein, der 2004 verlängert wurde, mit mehreren rechtskräftigen Versagungen seiner Anerkennung durch deutsche Führerscheinstellen. Das Amtsgericht hat den Angeklagten freigesprochen, weil es in der Verlängerung durch die NL-Behörden von April 2004 den letzten europarechtlich relevanten Akt sah, der alle vorhergehenden deutschen Entscheidungen gewissermaßen aufgehoben hat, und weil sich eine nachfolgende deutsche Entscheidung auf die alte Führerscheinnummer bezog. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
Gast_emile_* |
25.10.2006, 20:51
Beitrag
#409
|
Guests |
In der Rechtsprechungsdatenbank NRW habe ich folgendes Strafurteil gefunden (Freispruch): AG Emmerich 4 Ds 302 Js 65/06 (116/06) Urteil vom 24.07.06 Hier konkurrierte ein 1994 erworbener niederländischer EU-Führerschein, der 2004 verlängert wurde, mit mehreren rechtskräftigen Versagungen seiner Anerkennung durch deutsche Führerscheinstellen. Du weißt nicht zufällig ob das Ganze noch zum LG gegangen ist? |
|
|
25.10.2006, 23:32
Beitrag
#410
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Das "nicht rechtskräftig" kann ja bedeuten, dass die Entscheidung veröffentlicht wurde, bevor die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist.
Allerdings gibt es in Strafsachen nur eine kurze Frist (eine Woche), um Berufung einzulegen. Deshalb würde ich das "nicht rechtskräftig" so deuten, dass Berufung (oder Sprungrevision) eingelegt wurde. Es kann aber durchaus sein, dass die Staatsanwaltschaft Berufung einlegt, wenn eine schriftliche Urteilsbegründung innerhalb der Frist noch nicht vorliegt, dass diese aber später zurückgenommen wird. Ob es zu einer Verhandlung vor dem Landgericht gekommen ist, weiß ich also nicht. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
30.10.2006, 12:48
Beitrag
#411
|
|
Neuling Gruppe: Neuling Beiträge: 1 Beigetreten: 30.10.2006 Mitglieds-Nr.: 24671 |
Meine ehrliche Meinung: Mit der MPU kommst du auf jeden Fall günstiger weg. Du lebst abstinent, warum sollst du es nicht versuchen? AlkoholMPU 373€, Leberwerte 50€, Neuerteilungsantrag 150€, Vorbereitung im Forum 0€ mit alten Bekannten zusammenbleiben und nicht erst in ein anderes Land mit unbekannter Sprache ziehen: unbezahlbar. Zumal ein EuFS wohl kaum zu diesem Preis zu haben sein wird, sondern so (keine Ahnung) ca. 1500€ verschlingen wird und dies ohne Ummledungskosten, Krankenkasse, Dolmetscher usw. Aber ist deine Entscheidung. Mein ganz persönlicher Tip: Warum nicht MPU machen wenn 1,5 Jahre abstinent? mfg darkstar Eine realistische Rechnung sieht wohl etwas anders aus: 12 Bluttests a 20 Euro: 240,- Alkohol MPU 373,- Neuerteilungsantrag 150,- Gutachten Verkehrspsychologe: 50,- Diverse Vorbereitungskurse: mindestens 500,- Augenarzt: 30,- Dazu kommen dann noch diverse Fahrksoten zu den Kursen usw. Da wären wir schon mal locker bei dem doppelten Betrag deiner Rechnung. Noch dazu die 50:50 Psychlogen Symphatie Chance |
|
|
31.10.2006, 11:59
Beitrag
#412
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 13536 Beigetreten: 30.07.2004 Wohnort: Lübeck Mitglieds-Nr.: 4642 |
Ich halte es da ziemlich genau mit der Kostenrechnung von Darkstar. Wer zusätzlich eine individuelle Schulung haben will, kann über Eigenengagement hinaus deutlich günstiger als für 500 Euro Leistungen buchen. Auch kann sich jeder beraten lassen, wie er unnötige Kosten vermeiden kann und dennoch bsp. hilfreiche Nachweise dann kostenlos erhält.
Außerdem habe ich da auch meine höchstpersönlichen Erfahrungen, dass Darkstars Kostenrechnung richtig ist. Und die Chance bei der MPU mit 50:50 zu beziffern gilt nur, wenn man vorher nicht weiß, ob oder ob nicht man vorbereitet ist. Wer inhaltlich vorbereitet ist, der hat weitaus bessere Chancen als 50:50, bsp. um eine Größenordnung zu nennen 90% und mehr! Liebe Greet-Ings, Cornelius -------------------- MPU-Beratung --- Deutsche Fahrerlaubnis kompetent, preisattraktiv, permanent
Da nicht jeder Wunsch im Leben erfüllt wird, sind mehrere Wünsche empfehlenswert. Die Lebenskunst ist nun, ungeachtet unerfüllter Wünsche, zufrieden zu sein. Der Unterschied zwischen Himmel und Hölle liegt darin, in der Hölle wird jeder Wunsch sofort erfüllt - weil dann Wünschen keine Freude mehr bereitet. |
|
|
31.10.2006, 12:40
Beitrag
#413
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 370 Beigetreten: 10.08.2004 Mitglieds-Nr.: 4855 |
eine weitere Vorlage des VG Chemnitz C-343/06 Funk.
Klick |
|
|
Gast_emile_* |
31.10.2006, 14:14
Beitrag
#414
|
Guests |
eine weitere Vorlage des VG Chemnitz C-343/06 Funk. Klick Hat jemand einen Link betr. der Ausgangslage? Was haben die Chemnitzer vor? Wollen die den EuGH mit Anfragen bombardieren? Die vier Vorlagefragen ähneln sich doch sehr stark, will man die Argumentation des Rechtsmissbrauchs durch drücken? Wäre schön wenn mal ein Fachmann oder RA ein wenig Licht ins Dunkel bringen könnte. |
|
|
31.10.2006, 16:51
Beitrag
#415
|
|
Mitglied Gruppe: Globaler Moderator Beiträge: 10706 Beigetreten: 12.05.2006 Mitglieds-Nr.: 19269 |
Hat jemand einen Link betr. der Ausgangslage? Der letzte von Bayer gefundene Fall Funk ist wahrscheinlich 2 K 1093/06 vom VG Chemnitz. Zu den anderen läßt sich nichts finden, zumindest nicht ohne Zugriff auf Rechtsdatenbanken.Das jetzt gleich mehrere Fälle durchgedrückt werden könnte damit zusammenhängen das man sehen will unter welchen Bedingungen Rechtmißbrauch vorliegt und welchen nicht. Da man sichergehen will das einer durchkommt, hat man halt diesmal vermutlich eine Ansammlung von verschiedenen erfüllten Bedingungen gewählt. Am Ende sieht man dann wann Rechtmißbrauch vom EuGH für erfüllt gesehen wird und wie die Konsequenzen aussehen. Damit hätten wir jetzt 8 Vorlagen beim EuGH wovon erst 2 beantwortet sind. Ich warte immernoch auf Kremer... mfg darkstar PS: Die erste Sitzung zur 3.RiLi ist wieder auf den 12.12.2006 verschoben. Hatte als ich damals den 29.11. gepostet hatte extra zweimal hingesehen. -------------------- |
|
|
Gast_emile_* |
31.10.2006, 17:25
Beitrag
#416
|
Guests |
Das meine ich ja, die Fragestellungen beim EuGH ähneln zu sehr. Mich würde die Aussage eines RA betr. der 4 Ausgangslagen interessieren.
|
|
|
31.10.2006, 20:52
Beitrag
#417
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
So ich habe mal den Wortlaut der vier Vorlagebeschlüsse des VG Chemnitz verglichen:
In seinem neuesten Vorlagebeschluss vom 8.8.06 (C-343/06 Peter Funk) hat das VG ja drei Fragen formuliert: Zitat Vorlagefragen 1. Darf ein Mitgliedstaat in Übereinstimmung mit Art. 1 Absatz 2 und Art. 8 Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG1 des Rates vom 29. Juli 1991 vom Inhaber eines in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins verlangen, dass er bei der inländischen Behörde die Anerkennung des Rechts, von jener Fahrberechtigung im Inland Gebrauch zu machen, beantragt, wenn dem Inhaber des ausländischen EU-Führerscheins zuvor im Inland die Fahrerlaubnis entzogen oder diese sonst aufgehoben worden war? Falls nein: 2. Ist Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG so auszulegen, dass ein Mitgliedsstaat in seinem Hoheitsgebiet die Anerkennung der Fahrberechtigung nach Maßgabe eines in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins ablehnen darf, wenn dem Inhaber des ausländischen EU-Führerscheins zuvor im Inland durch die Verwaltungsbehörde die Fahrerlaubnis entzogen worden war, wenn das Recht des erstgenannten Mitgliedsstaates davon ausgeht, dass es bei verwaltungsrechtlichen Maßnahmen der Entziehung oder Aufhebung der Fahrerlaubnis keine Sperrfrist für deren Wiedererteilung gibt, und wenn ein Anspruch auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis erst dann besteht, wenn der Betroffene den Nachweis der Fahreignung als materielle Voraussetzung für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis in Form einer nach innerstaatlichen Normen näher reglementierten medizinisch-psychologischen Begutachtung auf Anordnung der Verwaltungsbehörde erbracht hat? Falls nein: 3. Ist Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG so auszulegen, dass ein Mitgliedsstaat in seinem Hoheitsgebiet die Anerkennung der Fahrberechtigung nach Maßgabe eines in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins ablehnen darf, wenn dem Inhaber des ausländischen EU-Führerscheins zuvor im Inland durch die Verwaltungsbehörde die Fahrerlaubnis entzogen oder diese sonst aufgehoben worden war und aufgrund objektiver Anhaltspunkte (kein Wohnsitz in dem Mitgliedsstaat, der den Führerschein ausgestellt hat, und erfolgloser Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis im Inland) davon auszugehen ist, dass mit dem Erwerb der ausländischen EU-Fahrerlaubnis nur die strengen materiellen Anforderungen des inländischen Wiedererteilungsverfahrens, insbesondere die medizinisch-psychologische Begutachtung, umgangen werden sollen? In zweien der am 3.8.06 eingereichten Vorlagebeschlüssen findet sich ebenfalls die Frage Nr. 1 und für den Fall, dass diese mit "Nein" beantwortet werden soll, als Alternative die Frage (VG Chemnitz) vs Steffen Schubert in C-335/06 (VG Chemnitz) vs Manfred Seuke in C-336/06 Zitat (Alternativfrage) Ist Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 8 Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG so auszulegen, dass ein Mitgliedsstaat in seinem Hoheitsgebiet die Anerkennung der Fahrberechtigung nach Maßgabe eines in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins ablehnen darf, wenn dem Inhaber des ausländischen EU-Führerscheins zuvor im Inland die Fahrerlaubnis entzogen oder diese sonst aufgehoben worden war, wenn die Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis im Inland, die im Zusammenhang mit dieser Maßnahme angeordnet worden war, abgelaufen war, bevor der Führerschein in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellt wurde, und wenn aufgrund objektiver Anhaltspunkte (kein Wohnsitz in dem Mitgliedstaat, der den Führerschein ausgestellt hat, und erfolgloser Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis im Inland) davon auszugehen ist, dass mit dem Erwerb der ausländischen EU-Fahrerlaubnis nur die strengen materiellen Anforderungen des inländischen Wiedererteilungsverfahrens, insbesondere die medizinisch-psychologische Begutachtung, umgangen werden sollen? Im dritten Beschluss vom 3.8.06, dem mit dem niedrigsten Aktenzeichen ( Zerche in C-334/06) findet sich nur die letztgenannte Alternativfrage, wobei an einer einzigen Stelle ein paar Wörter mehr stehen, ohne dass sich am Inhalt der Frage irgendetwas ändert: Zitat ... Richtlinie 91/439/EWG1 des Rates vom 29. Juli 1991 so auszulegen,... Anscheinend gab es in den Fällen vom 3.8. (334,335,336) eine strafrechtliche Verurteilung mit Sperrfrist, im Fall vom 8.8. (343 Peter Funk) einen Entzug durch die Fahrerlaubnisbehörde. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
31.10.2006, 21:06
Beitrag
#418
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Die Frage Nr. 1 scheint mir übrigens inhaltlich dieselbe zu sein, über die im Fall Kremer zu entscheiden ist: ist ein EU-Führerschein (im Falle des vorherigen Entzugs in Deutschlands...) automatisch in Deutschland gültig oder muss er erst von einer deutschen Behörde für gültig erklärt werden (so wie es das OVG Magdeburg ja sieht)?
Die Frage Nr. 2 aus der Vorlage vom 8.8. deckt sich mit der Problematik, die das VG Sigmaringen dem EUGH vorgelegt hat: auch dort ist ja ein Entzug durch die Fahrerlaubnisbehörde erfolgt, d.h. es gibt keine gerichtliche Sperrfrist wie im Fall Kapper bzw. Halbritter. Die Frage Nr. 3 korrespondiert inhaltlich mit der "Alternativfrage": meiner Ansicht nach reichen die beiden Argumente, die das VG Chemnitz hier vorbringt, für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs nicht aus: die Wohnsitzfrage selber ist ja schon im Kapper-Urteil als nicht ausreichend angesehen worden, und dass ein erfolgloser Neuerteilungsantrag kein Hinderungsgrund für eine Anerkennung eines später erworbenen Führerscheins sein kann, ergibt sich einerseits aus dem Halbritter-Beschluss, und folgt andererseits auch daraus, dass ein erfolgloser Neuerteilungsantrag auch nach deutschem Recht kein Hinderungsgrund dafür ist, dass man später in Deutschland nach Erfüllen der einschlägigen Voraussetzungen wieder einen Führerschein bekommt. Insofern habe ich das Gefühl, dass die Vorlagebeschlüsse des VG Chemnitz eigentlich überflüssig sind: es wäres sinnvoller gewesen, die Entscheidung über die beiden anderen Vorlagebeschlüsse (OLG München in Sachen Kremer und VG Sigmaringen) abzuwarten. Edit: Naja, der Fall Wiedemann (VG Sigmaringen) wurde ja auch erst am 28.7.06 eingereicht. Insofern kann man dem VG Chemnitz eigentlich nicht vorwerfen, dass es auf diese Entscheidung hätte warten sollen. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
31.10.2006, 21:27
Beitrag
#419
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Wie soll man der Gemeinde etwas abschlagen? Ich habe ohnehin wegen der Deckungsgleichheit der Vorlagefragen nur einen Beschluss von Chemnitz auf meine Website aufgenommen.
Aber ich hätte mir ja denken können, dass der Sachverhaltshunger so groß ist, daher hier das Ergebnis: Sachverhalte zu den Vorlagebeschlüssen des VG Chemnitz: -------------------- |
|
|
Gast_emile_* |
31.10.2006, 21:37
Beitrag
#420
|
Guests |
@Uwe W: ich danke dir für deine Mühen
Insofern habe ich das Gefühl, dass die Vorlagebeschlüsse des VG Chemnitz eigentlich überflüssig sind: es wäres sinnvoller gewesen, die Entscheidung über die beiden anderen Vorlagebeschlüsse (OLG München in Sachen Kremer und VG Sigmaringen) abzuwarten. Zu einer ähnlichen Schlussfolgerung bin ich auch gekommen. Allerdings bin ich mir immer noch nicht sicher ob der EuGH sich dem Rechtsmissbrauchsargument vollkommen verschließen wird und an der unbedingten Anerkennung festhalten wird. Da nur im Fall Kremer mit einem Beschluss in nächster Zeit zu rechnen ist, gehe ich davon aus, das es eine Entscheidung für die weitere Annerkennung geben wird, da hier nie mit Rechtsmissbrauch argumentiert wurde. Allerdings hatte ich im Beschluss (OLG München) zum Fall Kremer gelesen, dass man sich verschiedene Interpretationen offen halten wollte. Leider habe ich diese Daten nicht mehr da mein Laptop zwischendurch abgeschmiert ist. Ich finde es auch nicht wieder. Das OLG hatte verschiedene Szenarien vorbereitet falls der EuGH zu Vorlagefrage 1 mit nein und bei Vorlagefrage 2 mit ja antwortet. Falls das jemand findet, möge er das bitte posten. @lexus: Hast du vielleicht nähere Info`s zum Fall Kremer? |
|
|
31.10.2006, 21:50
Beitrag
#421
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
@lexus: Hast du vielleicht nähere Info`s zum Fall Kremer? Leider nein, da der Beschluss des OLG München offenbar nicht veröffentlicht ist, bei juris ist er auch nicht, auch nicht bei Jurion. Leider teilte der EuGH das Aktenzeichen des OLG München nicht mit, sodass ich die Entscheidung auch nicht beim Gericht selbst bestellen konnte. Vielleicht hat jemand Lust, das Aktenzeichen des OLG München beim EuGH zu erfragen? -------------------- |
|
|
31.10.2006, 21:53
Beitrag
#422
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Danke @Lexus: dann sind die Beschlüsse aus Chemnitz vom 5.7., 11.7. und 31.7. also am 3.8. beim EUGH eingegangen, der Beschluss aus Chemnitz vom 3.8. (hier wurde ja von der Fahrerlaubnisbehörde entzogen, nachdem es zu einem Verstoß gegen die 0,5 Promilleregelung gekommen war und der Betroffene danach keine positive MPU beigebracht hatte) erst am 8.8..
@emile: In Strafsachen ist die Justiz meistens weniger auskunftfreudig als in Verwaltungssachen. Es ist deshalb wohl schwieriger, an Hintergrundinformationen zum Fall Kremer zu kommen. Meines Erachtens reicht der fehlende Wohnsitz zusammen mit einem erfolglosen Führerscheinantrag in Deutschland nicht aus, um Rechtsmissbrauch zu begründen. In einem der Fälle (VG Chemnitz Beschl. v. 05.07.2006 - 2 K 1025/05:) findet sich allerdings der Passus: Zitat Er habe nicht angegeben, dass ihm die Fahrberechtigung für die Bundesrepublik entzogen worden sei. Er habe durch seine Unterschrift auf dem Antrag bestätigt, dass kein Fahrverbot gegen ihn vorläge. Dieser Umstand müsste dann aber zusammen mit den übrigen für die Annahme von Rechtsmissbrauch ausreichen: hier wurde ja die ausländische Führerscheinbehörde getäuscht, so dass sich der Betroffene nach meinem Rechtsempfinden dann in Deutschland nicht darauf berufen kann, seine Kraftfahreignung sei im Ausstellerland korrekt überprüft und bejaht worden. Ich finde es schade, dass das VG auf diesen Umstand im Vorlagebeschluss nicht abgezielt hat. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
02.11.2006, 00:38
Beitrag
#423
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Gerade die Rechtsprechung des VG Chemnitz zeigt die Auslegungsunsicherheiten, die noch bestehen. Ich sehe mal von drei der vier Vorlagebeschlüssen völlig ab.
Am 07.06.2006 lehnt das Verwaltungsgericht Chemnitz (Beschl. v. 07.06.2006 - 2 K 1377/05) die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ab. Die Frage der unbedingten Anerkennung mag zwar offen sein, aber bei der Abwägung zwischen Allgemeininteresse und Individualinteresse überwiegt das Allgemeininteresse. Der Antragsteller war nur ein einziges Mal (allerdings mit 3,45‰) verurteilt worden und es gab bereits ein negatives MPU-Gutachten aus der Zeit vor der Tschechen-FE. Am 21.06.2006 - also noch nicht mal zwei Wochen später - stellt das Verwaltungsgericht Chemnitz (Beschl. v. 21.06.2006 - 2 K 356/06) die aufschiebende Wirkung wieder her. Der tschechische Führerschein beweise, dass bei dessen Erteilung die europarechtlichen Voraussetzungen für die gesundheitliche Eignung vorgelegen haben. In dieser Entscheidung wird aber die Möglichkeit von Rechtsmissbrauch deutlich gesehen, aber ausdrücklich verneint, obwohl der dreimal wegen Alkoholdelikten vorbestrafte Antragsteller in der Tschechei durchgehend seinen deutschen Wohnsitz angegeben hatte (einen tschechischen hatte er wohl gar nicht). Allerdings hat der Antragsteller einen Registerauszug in der Tschechei vorgelegt. Am 31.07.2006 fällt das Verwaltungsgericht Chemnitz (Beschl. v. 31.07.2006 - 2 K 183/06) wieder auf seine Linie vom 07.06.2006 zurück und lässt bei der Interessenabwägung wieder das Allgemeininteresse überwiegen, hält aber wiederum die Frage der unbedingten Anerkennung für offen, weshalb auch die Vorlagefragen gestellt werden. Auch hier lag nur eine einmalige Alkoholstraftat (2,45‰) vor. Allerdings hatte der Antagsteller nach Ermittlungen des LKA weit über 100 Totalfälschungen von tschechischem Führerscheinen für ca. 1.000,00 € vertickt. Schlauerweise hat er aber selber danach noch die Führerscheinprüfung in der Tschechei absolviert und wurde mit einem echten Führerschein kontrolliert. -------------------- |
|
|
02.11.2006, 00:47
Beitrag
#424
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 3399 Beigetreten: 01.05.2004 Mitglieds-Nr.: 3097 |
Kurz: Mal so, mal so ... Woran liegt das ? An unterschiedlichen Richtern und Kammern vielleicht ? Es ist doch ein Kreuz mit den Einzelfällen ... Bin gespannt, wie der EuGH auf die Vorlagefragen reagieren wird.
-------------------- "Wir sitzen alle im europäischen Boot, nur die Deutschen sind ständig seekrank." Romano Prodi, EU-Kommissions-Präsident a.D.
"An der Wurzel eines Problems sitzt immer ein Deutscher." Voltaire (1694-1778) Strichachtclub Deutschland Verfolge den Weg Deiner Geldscheine in Europa! Wichtig ist, daß man nicht aufhört zu fragen. A.Einstein |
|
|
02.11.2006, 00:54
Beitrag
#425
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Ne, ist immer die zweite Kammer.
Ich frage mich übrigens schon länger, ob vier letztlich identische Vorlagefragestellungen nicht auch eine Art Rechtsmissbrauch sind. -------------------- |
|
|
Gast_emile_* |
02.11.2006, 08:56
Beitrag
#426
|
Guests |
Kann es am BAK liegen? Unter 1,6 und einmal ein positives Gutachten vorgelegt, die anderen über 1,6 und keine Gutachten vorgelegt?
Außerdem vermisse ich in den anderen Beschlüssen folgenden Satz: Auf Anfrage teilte das Verkehrsministerium der Tschechischen Republik am xx.xx.xxxx mit........ Wurde bei den anderen Fällen nicht in CZ angefragt? |
|
|
02.11.2006, 21:47
Beitrag
#427
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 3399 Beigetreten: 01.05.2004 Mitglieds-Nr.: 3097 |
Ich frage mich übrigens schon länger, ob vier letztlich identische Vorlagefragestellungen nicht auch eine Art Rechtsmissbrauch sind. Gleiches (Un-)Recht für alle ?! Vielleicht auch nur der Versuch, die Dringlichkeit und Brisanz der Vorlagefragen deutlich zu machen. -------------------- "Wir sitzen alle im europäischen Boot, nur die Deutschen sind ständig seekrank." Romano Prodi, EU-Kommissions-Präsident a.D.
"An der Wurzel eines Problems sitzt immer ein Deutscher." Voltaire (1694-1778) Strichachtclub Deutschland Verfolge den Weg Deiner Geldscheine in Europa! Wichtig ist, daß man nicht aufhört zu fragen. A.Einstein |
|
|
03.11.2006, 15:21
Beitrag
#428
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 13536 Beigetreten: 30.07.2004 Wohnort: Lübeck Mitglieds-Nr.: 4642 |
Ohne eine Ahnung von der Üblichkeit der Häufung von Anfragen an den EUGH zu haben, mutmaße ich ebenfalls, dass aus Chemnitz der Versuch unternommen wird, dass der EUGH vielleicht alle Verfahren "bündelt" und "ein" Urteil fällt, in dem dann auch die was wäre wenn Fragen weitgehend beantwortet werden.
Liebe Greet-Ings, Cornelius -------------------- MPU-Beratung --- Deutsche Fahrerlaubnis kompetent, preisattraktiv, permanent
Da nicht jeder Wunsch im Leben erfüllt wird, sind mehrere Wünsche empfehlenswert. Die Lebenskunst ist nun, ungeachtet unerfüllter Wünsche, zufrieden zu sein. Der Unterschied zwischen Himmel und Hölle liegt darin, in der Hölle wird jeder Wunsch sofort erfüllt - weil dann Wünschen keine Freude mehr bereitet. |
|
|
03.11.2006, 16:34
Beitrag
#429
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Ich frage mich übrigens schon länger, ob vier letztlich identische Vorlagefragestellungen nicht auch eine Art Rechtsmissbrauch sind. Wenn jedes der ca. 50 Verwaltungsgerichte in Deutschland pro Monat 4 Anfragen in Führerscheinsachen an den EUGH stellen und die Gerichte in den anderen 25 EU-Staaten auch so fleißig wären, kämen wir ja schnell auf ca. 5000 Anfragen an den EUGH pro Monat allein in Führerscheinsachen. Das könnte der EUGH natürlich nicht verkraften. Insofern scheint sich das VG Chemnitz hier wohl etwas vorzudrängeln. Man muss aber auch bedenken, dass die Verwaltungsgerichtsordnung keine Möglichkeit kennt, ein Verfahren auszusetzen, wenn eine Rechtsfrage gerade zur Beantwortung bei einem Obergericht ansteht. In solchen Fällen verschieben die Gerichte die mündliche Verhandlung dann meistens so lange, bis mehr Rechtsklarheit besteht. Bei weitgehend identischen Vorlagefragen kann der EUGH die Sachen sicherlich bündeln und sich damit Arbeit ersparen. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
07.11.2006, 20:42
Beitrag
#430
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 96 Beigetreten: 02.06.2005 Mitglieds-Nr.: 10060 |
Schönen Abend zusammen,
wie ich ja schon geschrieben habe, hatte ich heute meine Revisionsverhandlung beim OLG. Und? Freispruch....unanfechtbar! Endlich, wurde auch Zeit. |
|
|
07.11.2006, 20:55
Beitrag
#431
|
|
Mitglied Gruppe: Globaler Moderator Beiträge: 10706 Beigetreten: 12.05.2006 Mitglieds-Nr.: 19269 |
Ich vermute das Lexus sich das Aktenzeichen gern in seine Sammlung einverleiben würde..
Zu Chemnitz würde ich sagen das es einfach mal ein Schuß mit der Schrotflinte ist. Man will sehen unter welchen Bedingungen Rechtsmißbrauch vorliegen könnte. Da genügt dann wahrscheinlich nicht nur ein Fall um das festzustellen, sondern man hat gezielt verschiedene Fälle vorgelegt. Dann haben auch dt VG bessere Chancen das ein für allemal besser einzuordnen. Die grundsätzliche Anerkennung ist ja jetzt schon gewährleistet. Das soll heißen im Moment sind alles Einzelfallentscheidungen wenn sich der Betroffene wehrt. Der Automatismus der Nichtanerkennung ist jetzt erstmal beseitigt, bis neue Fakten auftauchen. Man sollte sich vor Augen halten das 6 von 8 Vorlagefragen noch offen sind. Dazwischen läßt sichs aber relativ entspannt fahren. mfg darkstar -------------------- |
|
|
07.11.2006, 21:01
Beitrag
#432
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 135 Beigetreten: 19.01.2005 Mitglieds-Nr.: 7873 |
Schönen Abend zusammen, wie ich ja schon geschrieben habe, hatte ich heute meine Revisionsverhandlung beim OLG. Und? Freispruch....unanfechtbar! Endlich, wurde auch Zeit. BeK, klasse, ich freu mich mit Dir, die Luft wird dünner für unsere Widersacher ! bazi -------------------- |
|
|
07.11.2006, 21:23
Beitrag
#433
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
@BeK: auch von mir herzlichen Glückwunsch zum Freispruch!
Bekommen wir irgendwann die schriftlichen Urteilsgründe zu lesen? Zitat die Luft wird dünner für unsere Widersacher ! So sehe ich das aber nicht: der Fall von @BeK hatte durch den freiwilligen Verzicht auf die Fahrerlaubnis schon seine Besonderheiten. Anscheinend hatte hier ein Staatsanwalt aber das EUGH-Urteil überhaupt nicht kapiert. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
Gast_emile_* |
08.11.2006, 10:09
Beitrag
#434
|
Guests |
Hat jemand Informationen dazu: VG Gießen
|
|
|
08.11.2006, 18:34
Beitrag
#435
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 96 Beigetreten: 02.06.2005 Mitglieds-Nr.: 10060 |
Dankeschön.
Sobald ich das Urteil zugeschickt bekomme erfahrt ihr mehr. |
|
|
14.11.2006, 18:44
Beitrag
#436
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Da im Forum auch auf das Wachsen des Grases gelauscht wird, folgt hier eine
ausschnittweise Stellungnahme der Gerneralanwältin beim EuGH Prof. Dr. Juliane Kokott zum Kapper-Urteil und zum Entwurf einer 3. EU- Führerschein-Richtlinie. Danach scheint man beim EuGH einer Beachtung des Rechtsmissbrauchsarguments nicht ganz fern zu stehen. Es werden aber auch Zweifel an der stringenten Formulierung bezüglich der alleinigen Zuständigkeit des ersten Ausstellerstaates für künftige Führerscheine nach dauerndem Wohnsitzwechsel angemeldet. -------------------- |
|
|
14.11.2006, 19:49
Beitrag
#437
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 250 Beigetreten: 06.04.2006 Mitglieds-Nr.: 18244 |
Danach scheint man beim EuGH einer Beachtung des Rechtsmissbrauchsarguments nicht ganz fern zu stehen. Es werden aber auch Zweifel an der stringenten Formulierung bezüglich der alleinigen Zuständigkeit des ersten Ausstellerstaates für künftige Führerscheine nach dauerndem Wohnsitzwechsel angemeldet. danke @ lexus, sehr interessant. also wenn der "RM"vom eugh evtl. grünes licht erhält, wäre es dann nicht zu empfehlen den pl/cz schein in einen deutschen umzuschreiben? ich meine, wer sagt einem das dieses argument dann nicht zum standart bei so einem schein wird, und diese fs dann in massen nicht mehr anerkannt werden, da bei jedem erstmal "RM" unterstellt wird. zumindest bis zu einem folgenden eugh-urteil hätte man dann ja erstmal vielen die "flügel gestutzt" -------------------- *** Übrigens, wer Rechtschreibfehler findet, der darf sie auch behalten ;-) ***
|
|
|
14.11.2006, 19:52
Beitrag
#438
|
|
Mitglied Gruppe: Globaler Moderator Beiträge: 10706 Beigetreten: 12.05.2006 Mitglieds-Nr.: 19269 |
Da im Forum nicht nur auf das Wachsen des Grases gelauscht wird hier nun ein weiteres Urteil das diejenigen die einen EuFS haben sich ausdrucken können. Gibt ja keinen Grund das Urteil länger als unbedingt nötig vorzuenthalten...
Ihr wollt Kremer? Hier ist Kremer! Frage: Zitat Lässt Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG (1) in einem derartigen Fall eine gesetzliche Regelung des Aufnahmestaats zu, wonach von der Fahrerlaubnis des Ausstellungsstaats nur auf Antrag und nach Prüfung, ob die Voraussetzungen der Maßnahme nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie entfallen sind, im Aufnahmestaat Gebrauch gemacht werden darf, oder folgt aus dem Gebot der gegenseitigen Anerkennung von Führerscheinen nach Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie sowie aus dem Gebot, Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie eng auszulegen, dass der Aufnahmestaat die Gültigkeit der Fahrerlaubnis ohne Vorschaltung eines Kontrollverfahrens anerkennen muss und dass ihm lediglich die Befugnis zusteht, das Recht zum Gebrauch der Fahrerlaubnis im Aufnahmestaat abzuerkennen, sofern Gründe (fort-)bestehen, die die Anwendung von Maßnahmen nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie rechtfertigen? In der Rechtssache C-340/05 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Oberlandesgericht München (Deutschland) mit Entscheidung vom 9. September 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 19. September 2005, in dem Strafverfahren gegen Stefan Kremer erlässt DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer) unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas (Berichterstatter) sowie der Richter J. Malenovský, A. Tizzano, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh, Generalanwalt: P. Léger, Kanzler: R. Grass, gemäß Artikel 104 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung, wonach der Gerichtshof durch mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden kann, nach Anhörung des Generalanwalts folgenden Beschluß: Zitat [...]34 Diese Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 91/439 ist erst recht geboten, wenn die Maßnahme des Entzugs der ursprünglichen Fahrerlaubnis nicht mit einer Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis verbunden war, was im Ausgangsverfahren der Fall ist. Es steht nämlich fest, dass gegen Herrn Kremer beim Entzug seiner deutschen Fahrerlaubnis im Jahr 1996 keine Fahrerlaubnissperre verhängt wurde. Die verschiedenen Verurteilungen von Herrn Kremer mit Fahrerlaubnissperren während eines bestimmten Zeitraums wurden alle nach dem Erwerb des Führerscheins in Belgien ausgesprochen, der ausgestellt wurde, als keine Fahrerlaubnissperre gegen ihn ausgesprochen war. 35 Da bei Entzug der deutschen Fahrerlaubnis von Herrn Kremer keine Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis in Deutschland angeordnet worden war, könnte die Bundesrepublik Deutschland ihre Befugnis, nach Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/439 ihre innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis auf ihn anzuwenden, nur aufgrund des Verhaltens des Betroffenen nach Erwerb des Führerscheins in Belgien ausüben. 36 In dieser Hinsicht hat das vorlegende Gericht nichts angeführt, was die Fahreignung von Herrn Kremer auf der Grundlage von Umständen, die nach Erwerb dieses Führerscheins aufgetreten sind, in Zweifel ziehen könnte. Vielmehr wurde ihm nur zur Last gelegt, dass er in Deutschland ein Kraftfahrzeug geführt habe, ohne Inhaber einer gültigen Fahrerlaubnis zu sein, denn der in Belgien erworbene Führerschein wurde aus dem Grund nicht anerkannt, dass die Bedingungen nicht beachtet worden seien, die nach deutschem Recht für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis gälten. 37 Nach alledem erweist sich, dass die deutschen Behörden in einem Kontext wie dem des Ausgangsverfahrens verpflichtet sind, die Gültigkeit eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ohne vorherige Prüfung anzuerkennen, wenn keine Fahrerlaubnissperre bestand. Insbesondere können diese Behörden die Anerkennung der Fahrerlaubnis aufgrund dieses Führerscheins nicht von dem Erfordernis einer neuerlichen Fahreignungsprüfung des Inhabers abhängig machen, selbst wenn die nationalen Rechtsvorschriften eine solche Überprüfung unter Umständen vorschreiben, die mit denen identisch sind, die zum Entzug einer früheren Erlaubnis geführt haben, wenn diese Umstände vor der Ausstellung eines neuen Führerscheins vorgelegen haben. 38 Daher ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass es Artikel 1 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 8 Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/439 einem Mitgliedstaat verwehrt, das Recht zum Führen eines Kraftfahrzeugs aufgrund eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins und damit dessen Gültigkeit in seinem Hoheitsgebiet nicht anzuerkennen, solange der Inhaber dieses Führerscheins, auf den im erstgenannten Mitgliedstaat eine Maßnahme des Entzugs einer früher erteilten Fahrerlaubnis ohne gleichzeitige Anordnung einer Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angewendet worden ist, die Bedingungen nicht erfüllt, die nach den Rechtsvorschriften dieses Staates für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis vorliegen müssen, einschließlich einer Überprüfung der Fahreignung, die bestätigt, dass die Gründe für den Entzug nicht mehr vorliegen. Artikel 1 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 8 Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein in der durch die Richtlinie 97/26/EG des Rates vom 2. Juni 1997 geänderten Fassung verwehrt es einem Mitgliedstaat, das Recht zum Führen eines Kraftfahrzeugs aufgrund eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins und damit dessen Gültigkeit in seinem Hoheitsgebiet nicht anzuerkennen, solange der Inhaber dieses Führerscheins, auf den im erstgenannten Mitgliedstaat eine Maßnahme des Entzugs einer früher erteilten Fahrerlaubnis ohne gleichzeitige Anordnung einer Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angewendet worden ist, die Bedingungen nicht erfüllt, die nach den Rechtsvorschriften dieses Staates für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis vorliegen müssen, einschließlich einer Überprüfung der Fahreignung, die bestätigt, dass die Gründe für den Entzug nicht mehr vorliegen. mfg darkstar PS: Vielleicht kann das ja grobi noch etwas aufmunitionieren in Verbindung mit seiner pos. polnischen PU -------------------- |
|
|
14.11.2006, 20:24
Beitrag
#439
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 250 Beigetreten: 06.04.2006 Mitglieds-Nr.: 18244 |
sch.... juristendeutsch...........was heißt das nun genau????
-------------------- *** Übrigens, wer Rechtschreibfehler findet, der darf sie auch behalten ;-) ***
|
|
|
14.11.2006, 20:42
Beitrag
#440
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Die Entscheidung Kremer bedeutet meiner Ansicht nach folgendes:
1. Wenn die deutsche Fahrerlaubnis ohne Ausspruch einer Sperrfrist entzogen wurde, wie es bei einer behördlichen Entziehung nach § 3 StVG der Fall ist, muss ein danach im EU-Ausland erteilter Führerschein in Deutschland anerkannt werden. Das betrifft insbesondere den Entzug wegen Fahrens unter Drogeneinfluss in den Fällen, wo aufgrund fehlender Ausfallerscheinungen keine Straftat vorliegt. Im Fall Kremer waren es anscheind häufige Verkehrsverstöße, die zum Entzug geführt haben. 2. Die Anerkennung muss automatisch erfolgen, d.h. ohne dass der Betroffene vorher bei einer deutschen Behörde einen Antrag stellt, dass er vom EU-Führerschein Gebrauch machen darf. 3. Eine strafrechtliche Verurteilung in Deutschland wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis mit Nutzungsuntersagung scheint europarechtlich unerheblich zu sein, wenn sie darauf beruht, dass der EU-Führerschein europarechtswidrig nicht anerkannt wurde. Von dem Punkt 3. scheint jedenfalls das OLG München ausgegangen zu sein: Herr Kremer stand ja schon das vierte mal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vor Gericht, wobei ihm in den ersten drei rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren jeweils die belgische Fahrerlaubnis entzogen wurde. Der letzte Punkt erstaunt mich sehr, da es dem Prinzip der Rechtskraft deutscher Gerichtsentscheidungen zuwiderläuft. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
14.11.2006, 20:46
Beitrag
#441
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 250 Beigetreten: 06.04.2006 Mitglieds-Nr.: 18244 |
warum sagen die nicht einfach was die wollen danke , so is besser
-------------------- *** Übrigens, wer Rechtschreibfehler findet, der darf sie auch behalten ;-) ***
|
|
|
14.11.2006, 21:32
Beitrag
#442
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 687 Beigetreten: 17.03.2006 Wohnort: Österreich Mitglieds-Nr.: 17635 |
2. Die Anerkennung muss automatisch erfolgen, d.h. ohne dass der Betroffene vorher bei einer deutschen Behörde einen Antrag stellt, dass er vom EU-Führerschein Gebrauch machen darf. 3. Eine strafrechtliche Verurteilung in Deutschland wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis mit Nutzungsuntersagung scheint europarechtlich unerheblich zu sein, wenn sie darauf beruht, dass der EU-Führerschein europarechtswidrig nicht anerkannt wurde. Der letzte Punkt erstaunt mich sehr, da es dem Prinzip der Rechtskraft deutscher Gerichtsentscheidungen zuwiderläuft. Da gabs wiedereinmal gewaltig eins auf den Hut, so stelle ich mir die Anerkennung ohne wenn und aber vor!!! -------------------- Wer Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides Verlieren! (Benjamin Franklin)
Nur wer gegen den Strom schwimmt, findet zur Quelle! |
|
|
14.11.2006, 21:48
Beitrag
#443
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Ich habe mir die Vorlagefragen des VG Chemnitz noch mal angeschaut: meiner Ansicht nach beantwortet die Entscheidung im Fall Kremer auch alle diese vier Vorlagefragen im Sinne der EU-Führerscheininhaber.
Auf die Frage des Rechtsmissbrauchs wird in den eigentlichen Vorlagefragen aus Chemnitz ja gar nicht eingegangen, auch wenn sich in den Begründungen Ansatzpunkte für Rechtsmissbrauch finden. Ein erfolgloser Neuerteilungsantrag in Deutschland zusammen mit einem fehlenden Wohnsitz im Erwerberland lag ja auch im Fall Kremer vor und reicht anscheinend nicht aus, um von Rechtsmissbrauch ausgehen zu können. Dazu ist wohl anscheinend noch der Nachweis der Täuschung der ausstellenden ausstellenden Behörden über den vorherigen Entzug in Deutschland nötig. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
14.11.2006, 22:26
Beitrag
#444
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Das Rechtsmissbrauchsargument kommt aber in der Vorlage des
VG Sigmaringen zum Zuge: Zitat Sind Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1a in Verbindung mit Anhang III, 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG so auszulegen, dass keine Verpflichtung des Wohnsitzstaats zur Anerkennung einer Fahrerlaubnis besteht, die der Inhaber nach Entziehung seiner Fahrerlaubnis im Wohnsitzstaat durch gezielte Täuschung der Fahrerlaubnisbehörde des Ausstellerstaats und ohne Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung erschlichen oder durch kollusives Zusammenwirken mit Behördenmitarbeitern des Ausstellerstaates erlangt hat?
-------------------- |
|
|
14.11.2006, 23:00
Beitrag
#445
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Ja, der zweite Punkt der Vorlage des VG Sigmaringen ist noch offen.
Der erste wurde ja zu Gunsten der EU-Führerscheinbesitzer entschieden: eine verwaltungsbehördliche Entzugsentscheidung ohne Sperrfrist steht der späteren Erteilung eines EU-Führerscheins nicht entgegen. Den dritten Punkt der Vorlage des VG Sigmaringen finde ich allerdings seltsam: Zitat 3. Sind Art. 1 Abs. 2, 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG so auszulegen, dass der Wohnsitzstaat nach Entziehung der Fahrerlaubnis durch seine Verwaltungsbehörde die Anerkennung einer von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnis vorläufig aussetzen oder deren Ausnutzung verbieten kann, solange der Ausstellerstaat prüft, ob er die rechtsmissbräuchlich erlangte Fahrerlaubnis zurücknimmt? Hier wird eine Frage gestellt, die schon nach deutschem Recht nicht zulässig ist: deutsche Fahrerlaubnisbehörden können keinen vorläufigen Entzug der Fahrerlaubnis aussprechen. Entweder jemand erweist sich als ungeeignet, dann müssen sie entziehen. Oder sie prüfen, ob jemand ungeeignet ist, müssen ihm aber während der Prüfungsphase die Fahrerlaubnis belassen. D.h. ein Analogon zum vorläufigen Entzug der Fahrerlaubnis im Strafverfahren nach § 111a StPO gibt es im deutschen Verwaltungsrecht gar nicht. Warum eine deutsche Behörde während einer ausländischen Prüfung einen vorläufigen Entzug anordnen können sollen, erscheint deshalb unverständlich. Das könnte man ja nur damit begründen, dass tschechische Behörden grundsätzlich viel langsamer arbeiten als deutsche. So eine Argumentation ist aber vor dem EUGH gar nicht vorgebracht worden und würde beim EUGH wohl auch nie durchkommen. Bei der zweiten Frage kann es natürlich jetzt sein, dass der EUGH diese auch im Sinne der EU-Führerscheinbesitzer beantwortet und die Prüfkompetenz im Falle einer Täuschung der Ausstellungsbehörde zuweist: das würde der alleinigen Prüfkompetenz des Ausstellungslandes hinsichlich der Wohnsitzfrage nach dem Kapper-Urteil ja entsprechen und läge im vorliegenden Fall ja auch deshalb nahe, weil die tschechische Behörde anscheinend schon prüft. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
15.11.2006, 00:11
Beitrag
#446
|
|
Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Ein bisschen merkwürdig ist diese Fragestellung allerdings wirklich. Eventuell stellt sich das VG hier so etwas vor wie eine Vorgreiflichkeit der ausländischen Entscheidung - das würde bedeuten: Solange die Zuständigkeit für die Rücknahme der Fahrerlaubnis noch bei der ausländischen Behörde liegt und deren Prüfung andauert, könnte man die deutsche FSSt für unzuständig halten, über dieselbe Problemstellung sachlich zu entscheiden. Die Folge wäre dann eine Aussetzung des Anerkennungsverfahrens nach § 28 FeV oder alternativ eine zeitlich befristete Nutzungsuntersagung (was ja weniger belastend wäre als eine zeitlich unbefristete).
Schon komisch, ist mir in dieser Schärfe noch gar nicht so bewusst geworden. -------------------- |
|
|
15.11.2006, 01:01
Beitrag
#447
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Ich denke, das VG Sigmaringen hat hier zu früh gegen die EU-Führerscheinbesitzer losgeschossen.
Das könnte dazu führen, dass der EUGH die Prüfung von Rechtsmissbrauch alleine dem Ausstellerstaat zuweisen wird. Im Ausgangsfall des VG Sigmaringen hat ja die Behörde eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen, ohne vorher im Rahmen des § 46 FeV eine MPU anzuordnen. Auch wenn der Betroffene beim Erwerb des CZ-Führerscheins geschummelt hat bzw. auch wenn sich ein Behördenmitarbeiter in CZ rechtswidrig ("kollusiv") verhalten hat, folgt daraus ja nicht zwingend, dass er zur Zeit ungeeignet ist. Unter diesen Umständen kann man nur schließen, dass seine Eignung weiterhin zweifelhaft ist, weil es bei der Eignungsüberprüfung nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Es wäre hier aus Sicht der EU-Führerscheingegner sinnvoller gewesen, das VG hätte die Behörde zurückgepfiffen und auf einer MPU-Anordnung vor Entzug bestanden. Meiner Ansicht nach läuft das Missbrauchsargument doch so: wer beim Führerscheinerwerb im EU-Ausland hinsichtlich seiner Vorgeschichte geschummelt hat, kann sich hinterher nicht darauf berufen, dass nur solche Eignungszweifel berücksichtigt werden, die nach Erwerb des EU-Führerscheins entstanden sind. D.h. in diesem Fall wäre die deutsche Behörde berechtigt, eine erneute Eignungsüberprüfung nach § 46 FeV durchzuführen, die sich auf Umstände stützt, die vor der Ausstellung des EU-Führerscheins lagen. Also: wer im EU-Ausland bei der Eignungsüberprüfung selber geschummelt hat, handelt rechtsmissbräuchlich, wenn er unter Berufung auf Halbritter oder Kremer die Zulässigkeit einer Überprüfung nach § 46 FeV anzweifelt. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
16.11.2006, 02:22
Beitrag
#448
|
|
Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Nach dem Kremer-Beschluss des EUGH scheint jetzt klar zu sein, dass in § 28 Absatz 4 FeV nicht nur die Nr. 2 mit Europarecht unvereinbar ist (das folgt ja schon aus dem ersten Leitsatz des Kapper-Urteils bezüglich der Wohnsitzfrage), sondern dass auch die Nr. 3 teilweise mit Europarecht unvereinbar ist: die Bestimmung
Zitat (4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR- Fahrerlaubnis, 3. denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben, ist nicht anwendbar, wenn der EU-Führerschein nach Ablauf der deutschen Sperrfrist bzw. bei Entzug ohne Sperrfrist nach dem Entzug ausgestellt wurde. Einige Gericht hatten argumentiert, der zweite Leitsatz des Kapper-Urteils beziehe sich nur auf die Rechtslage bis zum 31.08.2002, als es den Absatz 5 in § 28 noch nicht gab. Die fragliche Fahrt des Herrn Kapper war in der Tat vor diesem Zeitpunkt. Im Fall Kremer lag die Tatzeit (15. Oktober 2003) aber nach Inkrafttreten des Absatz 5. Auch hat der EUGH in seinem Beschluss die Existenz des Absatz 5 ja direkt erwähnt (Randziffer 10). Damit ist klar, dass ein EU-Führerschein unter den bekannten Voraussetzungen (Erwerb nach Ablauf der Sperrfrist bzw. bei Entzug ohne Sperrfrist bei Erwerb nach dem Entzug) ohne Formalitäten anerkannt werden muss, dass also der Absatz 5 in diesen Fällen ins Leere läuft: der Führerschein ist unmittelbar in Deutschland gültig und muss nicht erst gemäß Absatz 5 für gültig erklärt werden. Zitat (Randziffer 27 im Kremer-Beschluss) Nach gefestigter Rechtsprechung sieht Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 91/439 die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine ohne jede Formalität vor und erlegt den Mitgliedstaaten damit eine klare und unbedingte Verpflichtung auf, die keinen Ermessensspielraum in Bezug auf die Maßnahmen einräumt, die zu erlassen sind, um dieser Verpflichtung nachzukommen (Urteile vom 29. Oktober 1998 in der Rechtssache C‑230/97, Awoyemi, Slg. 1998, I‑6781, Randnrn. 41 und 42, sowie vom 10. Juli 2003 in der Rechtssache C‑246/00, Kommission/Niederlande, Slg. 2003, I‑7485, Randnrn. 60 und 61; vgl. auch Beschlüsse vom 11. Dezember 2003 in der Rechtssache C‑408/02, Da Silva Carvalho, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 20, vom 29. Januar 2004 in der Rechtssache C‑253/01, Krüger, Slg. 2004, I‑1191, Randnr. 25, und Halbritter, Randnr. 25). Daraus ergibt sich insbesondere, dass, wenn die Behörden eines Mitgliedstaats einen Führerschein gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 91/439 ausgestellt haben, die anderen Mitgliedstaaten nicht befugt sind, die Beachtung der Ausstellungsbedingungen erneut zu prüfen (Beschluss Halbritter, Randnr. 34).
-------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
|
|
16.11.2006, 06:32
Beitrag
#449
|
|
Mitglied Gruppe: Globaler Moderator Beiträge: 10706 Beigetreten: 12.05.2006 Mitglieds-Nr.: 19269 |
Für diejenigen die noch nicht genug haben die Beschlüsse aus Uwes letzten Post nochmal im Volltext. Direkt sind sie ja nicht auf D bezogen aber vielleicht sieht der Experte ja noch Details in der Marschrichtung des EuGH
C-230/97 Interessant sind da insbesondere Randnummern 37 bis 42 in bezug auf § 28; Der 2. Satz könnte in der Übergangszeit zwischen 2. und 3. RiLi eine Rolle spielen. Zitat Ein Staatsangehöriger eines Drittlandes, der Inhaber eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Führerscheins nach dem EG-Muster ist und einen ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat begründet hat, seinen Führerschein dort aber nicht innerhalb der in Artikel 8 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 80/1263 vorgeschriebenen Einjahresfrist umgetauscht hat, kann sich unmittelbar auf die Artikel 1 Absatz 2 und 8 Absatz 1 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein berufen, um sich der Verhängung einer Freiheits- oder Geldstrafe wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen neuen Wohnsitz begründet hat, zu widersetzen. Das Gemeinschaftsrecht verbietet es nicht, daß wegen des im nationalen Recht einiger Mitgliedstaaten bestehenden Grundsatzes der Rückwirkung des günstigeren Strafgesetzes ein Gericht eines solchen Mitgliedstaats diese Bestimmungen der Richtlinie 91/439 anwendet, auch wenn die Zuwiderhandlung vor dem für die Umsetzung dieser Richtlinie vorgesehenen Zeitpunkt begangen wurde. C-253/01 Hier hatte eine niederländische Behörde Spaß mit einem in D unbegrenzt ausgestellten FS. Zitat Artikel 1 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein in der durch die Richtlinie 96/47/EG des Rates vom 23. Juli 1996 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die für die Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins, die sich in diesem Staat niedergelassen haben, unter bestimmten Umständen die Verpflichtung vorsieht, diesen Führerschein gegen einen nationalen Führerschein umzutauschen, weil der von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellte Führerschein, der den im Aufnahmemitgliedstaat anwendbaren Vorschriften über die Gültigkeitsdauer nicht entspricht, nicht in das Führerscheinregister dieses Staates eingetragen werden kann. Dem Inhaber eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins, der seinen ordentlichen Wohnsitz im Staatsgebiet eines anderen Mitgliedstaats begründet, der von der Möglichkeit des Artikels 1 Absatz 3 der Richtlinie 91/439 Gebrauch gemacht hat, obliegt der Beweis dafür, dass er die in den Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats für die Erneuerung des Führerscheins aufgestellten Bedingungen erfüllt. Sobald dieser Beweis jedoch erbracht ist, müssen die Behörden des Aufnahmemitgliedstaats daraus die Konsequenzen ziehen und es diesem Führerscheininhaber erlauben, sein Fahrzeug mit seinem ursprünglichen Führerschein zu führen. C-408/02 Wurde kurz vor Kapper gefällt. Zitat Artikel 1 Absatz 2 in Verbindung mit den Artikeln 7 Absatz 1 Buchstabe b und 9 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein in der durch die Richtlinie 97/26/EG des Rates vom 2. Juni 1997 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins mit der Begründung zu verweigern, dass der Inhaber des fraglichen Führerscheins nach den Informationen, über die der erstgenannte Mitgliedstaat verfügt, zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats und nicht im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der Ausstellung des Führerscheins gehabt habe. mfg darkstar -------------------- |
|
|
16.11.2006, 16:06
Beitrag
#450
|
|
Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 103 Beigetreten: 09.06.2006 Wohnort: Frankfurt am Main Mitglieds-Nr.: 20159 |
Da gabs wiedereinmal gewaltig eins auf den Hut, so stelle ich mir die Anerkennung ohne wenn und aber vor!!! ja = wiedereinmal ! Wie oft den noch, wie lange solls den noch dauern bis uns Deutschland die Freiheit zuerkennt die uns der Eugh. versichert ? Der 3. Urteilsspruch in 2,5 Jahren wegen des permanenten Verstosses gegen Gemeinschaftsrecht, es riecht nach einer deftigen Geldstrafe für Herrn Tiefensee & Co. ! |
|
|
Vereinfachte Darstellung | Aktuelles Datum: 24.11.2024 - 09:17 |