EU-Führerschein und Fahren ohne Fahrerlaubnis, eine never ending story .... |
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EU-Führerschein und Fahren ohne Fahrerlaubnis, eine never ending story .... |
16.02.2007, 14:02
Beitrag
#51
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Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Das heißt für mich das in der Sperre erteilte Führerscheine über einen Verwaltungsakt aberkannt werden können, weil sie ansonsten ja gültige Führerscheine sind. Das sehe ich anders: nach meiner Meinung macht die gegenwärtig immer noch verbindliche 2. EU-Führerscheinrichtlinie keine Vorschriften darüber, ob solche Führerscheine anerkannt werden können oder müssen. Es gilt deshalb das nationale Recht: sie sind nach § 28 (3),(4) erst einmal ungültig, können aber nach Ablauf der Sperre auch in Deutschland nach Absatz 5 durch Verwaltungsakt anerkannt werden, wenn die deutschen Behörden zu der Erkenntnis gekommen sind, dass die Fahreignung wieder hergestellt ist. Nach Inkrafttreten aller Bestimmungen der 3. Richtlinie würde ich davon ausgehen, dass diese während der Sperrzeit entgegen der 3. Richtlinie erworbenen Führerscheine nicht mehr anerkannt werden dürfen! -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
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17.02.2007, 01:17
Beitrag
#52
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Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Es gibt eine weitere Entscheidung zugunsten der Erwerber einer EU-FE während der Sperrfrist:
Zitat OLG München (Urt. v. 29.01.2007 - 4 St RR 222/06):
Der Inhaber einer in einem anderen Mitgliedstaat der EU erworbenen Fahrerlaubnis, gegen den im Inland eine Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis verhängt worden war und der erst nach Ablauf dieser Sperrfrist im Inland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge führt, macht sich auch dann nicht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar, wenn die EU-Fahrerlaubnis noch während der Sperrfrist erteilt worden war. Unerheblich ist dabei, ob die Fahrerlaubnis in dem anderen Mitgliedstaat der EU nur deshalb erworben wurde, um die inländischen Vorschriften über die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis nach deren Entzug zu umgehen. -------------------- |
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17.02.2007, 01:43
Beitrag
#53
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Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 72 Beigetreten: 02.12.2006 Wohnort: Pilsen/CZ Mitglieds-Nr.: 26035 |
Zitat (Lexus @ 17.02.2007, 01:17) Es gibt eine weitere Entscheidung zugunsten der Erwerber einer EU-FE während der Sperrfrist: Zitat OLG München (Urt. v. 29.01.2007 - 4 St RR 222/06): Der Inhaber einer in einem anderen Mitgliedstaat der EU erworbenen Fahrerlaubnis, gegen den im Inland eine Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis verhängt worden war und der erst nach Ablauf dieser Sperrfrist im Inland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge führt, macht sich auch dann nicht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar, wenn die EU-Fahrerlaubnis noch während der Sperrfrist erteilt worden war. Unerheblich ist dabei, ob die Fahrerlaubnis in dem anderen Mitgliedstaat der EU nur deshalb erworben wurde, um die inländischen Vorschriften über die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis nach deren Entzug zu umgehen. @ Der Fairness halber sollte man dieses Urteil " Freelancer" widmen -------------------- Medusa informiert den Admin Matte und dieser löscht[b]
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17.02.2007, 05:01
Beitrag
#54
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
@ Der Fairness halber sollte man dieses Urteil "Freelancer" widmen Oder mir! Denn wisst Ihr was dieses Urteil vom OLG München / 29.01.2007 für mich bedeutet?Ich bin jetzt absolut geretet-tet-tet-tet-tet... Zitat (OLG München vom 29.01.2007) 5. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft bei dem Revisionsgericht ist vorliegend kein Raum für eine Interessenabwägung zwischen den Belangen der Sicherheit des Straßenverkehrs einerseits und dem Interesse des Kraftfahrers, mit einer EU-Fahrerlaubnis im Inland Kraftfahrzeuge führen zu dürfen. Eine solche Interessenabwägung, wie sie die Verwaltungsgerichte - überwiegend im Rahmen von Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.9.2006 Az. 16 B 989/06 in juris; VGH Kassel NZV 2006, 668 ; VGH Baden-Württemberg VM 2006 Nr. 92) - durchführen, hält der Senat im vorliegenden strafrechtlichen Zusammenhang für unzulässig, weil sie möglicherweise im Einzelfall voneinander abweichende Ergebnisse erbrächte, was einer eindeutigen Bestimmbarkeit des regelmäßig im Einzelfall strafbaren Verhaltens durch den Betroffenen und damit Art. 103 Abs. 2 GG widerspräche (Vgl. BVerfG vom 20.03.2002 in juris Rn. 66 -68). Ich hatte schon immer geahnt, dass es da wesentliche Unterschiede zwischen Verwaltungsrecht & Strafrecht geben muss. Im Verwaltungsrecht wird es im Zweifelsfall noch zugemutet auf die Nutzung der Fahrerlaubnis zu verzichten. Im Strafrecht wurde die Fahrerlaubnis ja schon benutzt, dass heißt, das Kind ist so zusagen bereits in den Brunnen gefallen. Da bleibt dann kein Raum für Interessenabwägungen, sondern da gilt das klare Gesetz. Deswegen hier den Art. 103 Abs. 2 GG heranzuziehen, ist einfach genial. Artikel 103 GG: (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Da steht dass die Strafbarkeit vorher gesetzlich bestimmt sein musste & nicht, dass ein Verwaltungsakt ein geltendes Gesetz ersetzt. Die Gesetzeslage ist in meinem Fall eindeutig. Mein CZ-Führerschein muss anerkannt werden. Dazu gibt es eindeutige, nachhaltige & wiederholte Rechtssprechung. Dem gegenüber steht nur ein offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakt. Andererseits hat jeder Bürger das Recht vorher zu wissen, ob er sich nun strafbar macht oder nicht. Es kann also nicht sein, dass ein Bürger etwas tut im ruhigen Gewissen, dass er nichts unrechtes tut, weil die Rechtssprechung nun mal eindeutig dargelegt wurde, dann die Richter aber nachträglich eine Strafbarkeit konstruieren, das heißt, so zusagen ein neues Gesetz faktisch erschaffen. Dem Bürger ist nicht zuzumuten, dass er bei seiner Handlung immer die Spitzfindigkeiten einzelner Richter mit berücksichtigen muss. So denke ich, muss der Art. 103 Abs. 2 GG verstanden werden. Wenn also in meinem Fall mein CZ-Führerschein anerkannt werden muss, dann ist das ein klares Gesetz. Dagegen widerspricht natürliche der Verwaltungsakt der Nutzungsuntersagung. Mich nun als Bürger mit der Abwägung des Interessenkonflikts zu verpflichten, kann nicht mit "gesetzlich bestimmt" gemeint sein. Da gegen mich gerade in Bayern ein Ermittlungsverfahren läuft, ausgerechnet in dem Bundesland wo das OLG München ist, könnte mein Fall spätestens in einer der nächsten Instanzen auch dort verhandelt werden. Dabei ist das OLG München unmittelbar an die EuGH-Rechtssprechung gebunden. Genial dabei ist, dass ein bayerischer Freispruch in meinem Fall faktisch die Nutzungsuntersagung aus Berlin aufhebt. Damit hätte ich 2 Fliegen mit einer Klappe geschlagen:
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17.02.2007, 12:15
Beitrag
#55
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Mitglied Gruppe: Members Beiträge: 687 Beigetreten: 17.03.2006 Wohnort: Österreich Mitglieds-Nr.: 17635 |
@Lexus
Zitat Zu Recht hat das OLG Nürnberg (aaO) in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, das Verbot einer Neuerteilung vor Ablauf der Sperrfrist nach § 4 Abs. 10 StVG gelte nur für inländische Behörden. Dasselbe trifft auf eine nach § 69 a StGB festgesetzte Sperrfrist zu. GENAU DAS sage ich doch schon seit 1 Jahr das die Sperre nur deutsche Verwaltungsbeamte bindet, nicht aber ausländische! -------------------- Wer Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides Verlieren! (Benjamin Franklin)
Nur wer gegen den Strom schwimmt, findet zur Quelle! |
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17.02.2007, 14:13
Beitrag
#56
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Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
@Freelancer: darum geht es ja eigentlich gar nicht: solange die 2. Richtlinie noch gültig ist, sind ausländische Verwaltungen selbstverständlich nicht an eine deutsche Sperrfrist gebunden.
Das ändert aber nichts daran, dass eine Erteilung eines EU-Führerscheins während des Laufs einer deutschen Sperrfrist eine widersprüchliche Situation heraufbeschwört: das deutsche Strafgericht stellt für einen bestimmten Zeitraum eine Nichteignung verbindlich fest; eine ausländische Behörde stellt wiederum die Eignung fest. Daraus kann man meines Erachtens schließen, dass die Erteilungsentscheidung der ausländischen Behörde einen Makel hat bzw. haben könnte. Deshalb darf es meines Erachtens keinen Rechtsgrundsatz geben, dass nach Ablauf der Sperrfrist dieser Makel der ausländischen Entscheidung automatisch geheilt ist. Vielmehr ist es den Betroffenen meiner Ansicht nach zuzumuten, dass sie sich im Sperrfristland einer neuen Prüfung unterziehen, wenn sie während des Laufs der Sperrfrist im Ausland fahren wollen. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
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17.02.2007, 17:57
Beitrag
#57
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Vielmehr ist es den Betroffenen meiner Ansicht nach zuzumuten, dass sie sich im Sperrfristland einer neuen Prüfung unterziehen, wenn sie während des Laufs der Sperrfrist im Ausland fahren wollen. @Uwe WDa ist Dir scheinbar ein Fehler passiert. Es ist in Deutschland keine Prüfung vorgesehen, wenn man während der deutschen Sperre im Ausland fahren will. Wenn man im Ausland fahren will & auch noch dort wohnt, dann muss man sich auch ausschließlich den dortigen Gesetzen unterordnen. Der Widerspruch, dass das Ausland den Fahrer für geeignet hält, während er in Deutschland für ungeeignet erklärt wurde, lässt sich nicht nur an der Sperrfrist fest machen. Tatsache ist jedenfalls, dass der EuGH eine Nichtanerkennung auf unbestimmte Zeit nach der Sperre ausgeschlossen hat. Die Tatsache, dass Deutschland die eine Fahrerlaubnis anerkennt & die andere nicht, nur weil sie eben ein Paar Tage früher erteilt wurde, ist typisch deutscher Kleinkariertheit entsprungen. -------------------- (\_/)
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18.02.2007, 01:08
Beitrag
#58
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Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
@Uwe W Da ist Dir scheinbar ein Fehler passiert. Stimmt, ich habe meine Gedanken etwas unklar formuliert. Ich wollte sagen: Vielmehr ist es den Betroffenen meiner Ansicht nach zuzumuten, dass sie sich nach Ablauf der Sperrfrist im Sperrfristland einer neuen Eignungsprüfung unterziehen, wenn sie bereits während des Laufs der Sperrfrist im EU-Ausland fahren wollen und deshalb vor Ablauf der Sperrfrist dort einen EU-Führerschein erwerben. Zitat Tatsache ist jedenfalls, dass der EuGH eine Nichtanerkennung auf unbestimmte Zeit nach der Sperre ausgeschlossen hat. Die Tatsache, dass Deutschland die eine Fahrerlaubnis anerkennt & die andere nicht, nur weil sie eben ein Paar Tage früher erteilt wurde, ist typisch deutscher Kleinkariertheit entsprungen. Das sehe ich anders: es geht hier zunächst nicht um "ein paar Tage zu früh". Wo soll man hier die Grenze ziehen: da ist doch keine andere vernünftige Grenze als der Ablauf der Sperrfrist erkennbar. Man muss auch immer noch den dritten Fall (neben Erwerb nach Ablauf der Sperrfrist und während der Sperrfrist) im Auge behalten: den Fall, dass der EU-Führerschein schon erworben wurde, bevor ein in Deutschland begangenes Verkehrsdelikt zu einer Nutzungsuntersagung (z.B. Entzug der Fahrerlaubnis nach § 69 ff StGB) geführt hat. In diesem Fall gilt der Entzug der Fahrerlaubnis als Nutzungsuntersagung. Nach Ablauf der Sperrfrist muss dann in Deutschland eine neue Nutzungsgenehmigung beantragt werden. Das ist natürlich nach der 2. EU-Richtlinie mögliche. Dazu wird dann in Deutschland die Kraftfahreignung neu überprüft. Das entspricht doch gegenwärtiger Rechtslage und ist bisher auch nicht beanstandet worden. Warum soll jemand, der während des Laufs der Sperrfrist einen EU-Führerschein erwirbt, besser gestellt werden als jemand, der schon vor der Tat einen EU-Führerschein hatte und diesen auch behalten kann? -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
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18.02.2007, 09:20
Beitrag
#59
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Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Die EU-FE-Besitzer und ein Teil der Rechtsprechung argumentieren eben nach zweierlei Maß:
Die deutschen Behörden und Gerichte sollen verpflichtet sein, eine EU-Auslands-Anerkennung der Fahreignung bedingungslos anzuerkennen (obwohl eine Überprüfung niemals stattgefunden hat), während die EU-Auslandsbehörden sich über die durch ein deutsches Gericht festgestellte, zumindest doch bis zum Ablauf der Sperrfrist andauernde Ungeeignetheit einfach hinwegsetzen dürfen. Irgendein deutsches Gericht hat mal singemaß den lapidaren Satz geschrieben: In D. muss die Entscheidung der ausländischen EU-Behörde genauso behandelt werden, als ob es sich um die Entscheidung einer deutschten Behörde handeln würde. Sehr schön! Dann aber bitte auch umgekehrt! Und erst recht, wenn die Beurteilung der fehlenden Fahreignung nicht nur von einer Behörde, sondern sogar von einem deutschen Gericht stammt. Mir missfällt dieses extreme Einbahnstraßendenken. -------------------- |
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18.02.2007, 15:00
Beitrag
#60
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Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
@Lexus: das trifft genau meine Meinung!
@Thommy Bumm: dass Du Dich jetzt auf den Artikel 103 (2) GG berufst, scheint mir aber ein Irrweg zu sein: Da steht dass die Strafbarkeit vorher gesetzlich bestimmt sein musste & nicht, dass ein Verwaltungsakt ein geltendes Gesetz ersetzt. Die Gesetzeslage ist in meinem Fall eindeutig. Mein CZ-Führerschein muss anerkannt werden. Dazu gibt es eindeutige, nachhaltige & wiederholte Rechtssprechung. Dem gegenüber steht nur ein offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakt. Andererseits hat jeder Bürger das Recht vorher zu wissen, ob er sich nun strafbar macht oder nicht. Es kann also nicht sein, dass ein Bürger etwas tut im ruhigen Gewissen, dass er nichts unrechtes tut, weil die Rechtssprechung nun mal eindeutig dargelegt wurde, dann die Richter aber nachträglich eine Strafbarkeit konstruieren, das heißt, so zusagen ein neues Gesetz faktisch erschaffen. Dem Bürger ist nicht zuzumuten, dass er bei seiner Handlung immer die Spitzfindigkeiten einzelner Richter mit berücksichtigen muss. So denke ich, muss der Art. 103 Abs. 2 GG verstanden werden. Wenn also in meinem Fall mein CZ-Führerschein anerkannt werden muss, dann ist das ein klares Gesetz. Dagegen widerspricht natürliche der Verwaltungsakt der Nutzungsuntersagung. Mich nun als Bürger mit der Abwägung des Interessenkonflikts zu verpflichten, kann nicht mit "gesetzlich bestimmt" gemeint sein. Wenn Fahren ohne Fahrerlaubnis eine Straftat ist, dann ist das doch hinreichend gesetzlich bestimmt: entweder man hat eine Fahrerlaubnis, die einem durch Verwaltungsakt erteilt wurde, und macht sich nicht strafbar, wenn man fährt. Oder man hat keine Fahrerlaubnis (mehr), weil einem entweder nie ein begünstigender Verwaltungsakt erteilt wurde oder weil durch einen neuen Verwaltungsakt bzw. Gerichtsurteil der alte begünstigende Verwaltungsakt entzogen wurde. Dann macht man sich halt strafbar, wenn man trotzdem fährt. Dem Strafrichter ist es aber nicht zuzumuten, die Rechtmäßigkeit der jeweiligen Behördenentscheidung nachzuprüfen: macht man sich Jahrzehnte nach der Führerscheinerteilung noch strafbar, wenn Führerscheinprüfung nur 23 statt der vorgeschriebenen 25 Minuten gedauert hat? (reine Fahrtzeit) Oder wenn eine Sonderfahrt nur 40 statt 45 Minuten gedauert hat? Mit Sicherheit nicht. Der Grundsatz, dass ein Verwaltungsakt für Rechtsklarheit sorgt, sollte in jedem Fall beachtet werden. Ganz ohne Verwaltungsakt - nur aus dem Gesetz - wird man die Strafbarkeit des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nie definieren können. Das wäre ja ein Widerspruch in sich, weil eine Fahrerlaubnis auf einem Verwaltungsakt beruht. Warte doch erst mal ab, was das OLG München im Fall Kremer entschieden hat bzw. noch entscheidet bzw. wie die Entscheidung begründet wird. Vielleicht kannst Du daraus für Dich ja was positives gewinnen. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
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18.02.2007, 20:38
Beitrag
#61
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Warte doch erst mal ab, was das OLG München im Fall Kremer entschieden hat bzw. noch entscheidet bzw. wie die Entscheidung begründet wird. Vielleicht kannst Du daraus für Dich ja was positives gewinnen. @Uwe WAlso, den letzten Satz kann ich gerade absolut nicht nachvollziehen. Was meinst Du damit genau? -------------------- (\_/)
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18.02.2007, 20:47
Beitrag
#62
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Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
@Thommy Bumm: ich meine damit, dass das vorgestern von @Lexus eingestellte Urteil des OLG München mit Deinem Fall nichts zu tun: Dir wirft man ja Fahren trotz Nutzungsuntersagung vor, im entschiedenen Fall gab es aber keine Nutzungsuntersagung (Verwaltungsakt). Es ging dort doch um die Frage, ob der während einer deutschen Sperrfrist erworbene EU-Führerschein ohne weiteres Verwaltungshandeln nach Ablauf der Sperrfrist in Deutschland gültig wird oder nicht.
Im Fall Kremer lagen aber ja Nutzungsuntersagungen in Form von Fahrerlaubnisentziehungen des Amtsgerichts Schleiden vor. Insofern ist der Fall Kremer mit Deinem Fall mehr vergleichbar. Da @Lexus jetzt das Aktenzeichen vom Fall Kremer hat, wissen wir nächste Woche vielleicht mehr über diesen Fall. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
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18.02.2007, 21:14
Beitrag
#63
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Im Fall Kremer lagen aber ja Nutzungsuntersagungen in Form von Fahrerlaubnisentziehungen des Amtsgerichts Schleiden vor. Insofern ist der Fall Kremer mit Deinem Fall mehr vergleichbar. Dabei frage ich mich natürlich, ob oder nach welcher Rechtsgrundlage Bayern an die EuGH-Rechtssprechung gebunden ist. Ich weiß im Moment nicht mit welchen Stichworten ich über die Rechtsbindung mehr Informationen bei Google finde.Da @Lexus jetzt das Aktenzeichen vom Fall Kremer hat, wissen wir nächste Woche vielleicht mehr über diesen Fall. Da bin ich ja richtig gespannt.
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18.02.2007, 21:20
Beitrag
#64
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Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
In der Kremer-Sache ist das OLG München natürlich an den Kremer-Beschluss des EUGH gebunden.
Was das aber konkret bedeutet, ist noch nicht klar, da wir ja das Problem mit den Fahrerlaubnisentziehungen durch das Amtsgericht Schleiden haben. Da kann man in der Tat gespann sein, wie das OLG dieses Problem löst. Das Kuriose ist ja, dass das Amtsgericht Schleiden eine Fahrerlaubnis entzogen hat, die seiner Meinung nach gar nicht in Deutschland gültig war. Bindend sind Gerichtsurteile nur für die Beteiligten. Die Bindung von Verwaltung und Rechtsprechung an Recht und Gesetz bedeutet aber, dass ober- und höchstrichterliche Urteile in vergleichbaren Situationen als geltendes "Recht" zu beachten sind. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
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18.02.2007, 22:48
Beitrag
#65
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Die Bindung von Verwaltung und Rechtsprechung an Recht und Gesetz bedeutet aber, dass ober- und höchstrichterliche Urteile in vergleichbaren Situationen als geltendes "Recht" zu beachten sind. Wo nimmst Du diese Interpretation her? Ich kann diese Art der Interpretation im Grundgesetz nicht finden.
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19.02.2007, 09:58
Beitrag
#66
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Verwaltungsrecht contra EU-Recht
Für mich stellt sich immer noch die Frage, ob es tatsächlich den Straftatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis erfüllt, wenn man eine Nutzungsuntersagung einfach nicht beachtet & weiterhin in Deutschland fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge bewegt, ohne irgendeine deutsche Behörde noch einmal extra um Erlaubnis zu fragen. Dabei beleuchte ich erst einmal das Verwaltungsrecht. Danach gibt nach deutschem Recht ein Verwaltungsakt, in diesem Fall die Nutzungsuntersagung, dem Adressaten die unbedingte Verpflichtung auf dieser Anordnung in jedem Fall nachzukommen, solange dieser Verwaltungsakt nicht von einer zuständigen Behörde wieder aufgehoben wird. Dabei ist selbst ein offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakt noch lange nicht als Nichtiger Verwaltungsakt zu betrachten. Bei JuraWiki steht zur Bestandskraft von Verwaltungsakten folgendes: Zitat (JuraWiki - Bestandskraft) Ein bloß rechtswidriger VerwaltungsAkt ist also nicht unwirksam! Das beduetet zum Beispiel, dass aufgrund eines solchen Verwaltungsaktes prinzipiell rechtmäßige Maßnahmen fußen können. Dies ergibt sich aus § 43 II VwVfG : Ich verstehe den letzten Absatz so, dass der Richter den "Täter" unbedingt wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilen muss, wenn er diese bestandskräftige Nutzungsuntersagung nicht beachtet hatte, auch wenn er nach geltendem Recht hätte fahren dürfen. Das heißt, dass ein rechtswidriger bestandskräftiger Verwaltungsakt in jedem Fall Anwendungsvorrang vor geltenden Gesetzen hat. Jedenfalls gilt das dann, wenn es nur nationales Recht geht. Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Rechtskraft Eine Besonderheit von VAs ist, dass sie von der Verwaltung vollstreckt werden können (im Wege der Verwaltungsvollstreckung). Die Verwaltung kann sich damit also sozusagen eine VollstreckungsTitel schaffen. Hier zeigt sich, daß der Verwaltungsakt vom Charakter her einem Urteil nicht unähnlich ist. Konsequenterweise erlangen daher VAs Unanfechtbarkeit und damit RechtsKraft, wenn gegen sie nicht innerhalb einer gewissen Zeit WiderSpruch eingelegt wird. Gem. § 70 I VwGO beträgt diese Frist einen Monat ab Bekanntgabe des VAs. Mit Ablauf der Frist wird der VA dann bestandskräftig und unanfechtbar. Dann kann nur noch die zuständige Behörde selbst einen rechtswidrigen oder auch einen rechtmäßigen VA zurücknehmen (§§ 48, 49 VwVfG). Es besteht jedoch auch die Möglichkeit für den Bürger die Bestandskraft des Va zu überwinden, in dem er eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt (§ 51 VwVfG). Nach Wiedereinsetzung muß die Behörde erneut entscheiden, quasi so, als ob sie die abschließende Entscheidung noch nicht endgültig gefällt hätte. Ähnliches gilt für einen Widerspruchsbescheid, der auch einen VA darstellt: hilft die Verwaltung einem Widerspruch nicht ab und erlässt einen ablehnenden Widerspruchsbescheid, so muss innerhalb eines Monats (§ 74 I VwGO) gegen den VA Klage erhoben werden, oder er wird bestandskräftig. Rechtsfolge eines bestandskräftigen VAs ist, dass die Rechtsänderung, die durch seinen Regelungscharakter bewirkt wird, Bestand hat. Gerichte und Behörden müssen bei zukünftigen Entscheidungen dann die Rechtslage so hinnehmen, wie sie durch den (rechtswidrigen, aber bestandskräftigen) VA geschaffen wird. Jetzt frage ich mich allerdings inwieweit deutsches Verwaltungsrecht sich auf Gemeinschaftsrecht auswirken kann. Wenn man davon ausginge, dass eine Nutzungsuntersagung in jedem Fall Bestandskraft hat, auch wenn man nach europäischem Gemeinschaftsrecht das Recht hätte fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge in Deutschland zu bewegen, dann würde man Deutschland in die Lage versetzen willkürlich geltendes EU-Recht zu unterlaufen. Dass das nicht sein kann, dass Deutschland sich durch nationale Gesetze über europäisches Gemeinschaftsrecht stellt, sollte jedem klar sein. Lexexakt schreibt zu Eu-Recht folgendes: Zitat (Eu-Recht - Geltungsvorrang/Anwendungsvorrang) Mit Geltungsvorrang des Gemeinschaftsrecht, wird der vom EuGH in der Entscheidung Costa/Enel aufgestellte Grundsatz bezeichnet, dass die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts durch nationales Recht nicht aufgehoben und nicht abgeändert werden können. Das heißt, wenn ein Verwaltungsakt das Recht aufhebt von einer EU-Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen, während dieses Recht durch Gemeinschaftsrecht garantiert ist, dann kann dieser Verwaltungsakt niemals Wirksamkeit entfalten. Prof. Dr. Heintzen schreibt dazu folgendes:Mit Anwendungsvorrang wird der Grundsatz bezeichnet, dass im Kollisionsfall das Gemeinschaftsrecht soweit es anwendbar ist, dem nationalen Recht vorgeht. Zitat (Grundkurs Öffentliches Recht III - Allgemeines Verwaltungsrecht) Rücknahme und Widerruf setzen einen wirksamen Verwaltungsakt voraus, denn nur ein wirksamer Verwaltungsakt kann aufgehoben Das bedeutet, wenn ein Verwaltungsakt wegen Gemeinschaftsrecht unwirksam ist, dass er dann nicht der Aufhebung bedarf. Die Fahrerlaubnis besteht also nach wie vor fort und weil die Fahrerlaubnis rechtlich nie wirksam aberkannt wurde bzw. werden konnte, wären demnach auch Schadensersatzansprüche gegen Deutschland, die sich ausschließlich auf den Nichtgebrauch der Fahrerlaubnis beziehen, rechtlich bedenklich.werden. Dabei geht der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem Nationalrecht auf ein EuGH-Urteil von 1967 zurück: Zitat (EuGH-Entscheidung Costa/Enel) In dieser Entscheidung hat der EuGH festgestellt, dass das durch den EWG-Vertrag geschaffene Gemeinschaftsrecht eine eigene autonome Rechtsordnung ist, die in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten aufgenommen wurde. Weiterhin hat der EuGH festgestellt, dass dem Gemeinschaftsrecht "keine wie immer gearteten innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgehen [können], wenn ihm nicht sein Charakter als Gemeinschaftsrecht aberkannt und wenn nicht die Rechtsgrundlage der Gemeinschaft selbst in Frage gestellt werden soll." Damit erklärt sich dann auch, warum der EuGH im Fall-Kremer nicht weiter auf die 5 Nutzungsuntersagungen eingegangen ist. Nutzungsuntersagungen, die von Anfang an unwirksam sind, braucht der EuGH selbstverständlich auch nicht extra gesondert aufheben. Dann reicht es auch, wenn der EuGH die Gültigkeit der EU-Fahrerlaubnis feststellt. Die Polizei, die folglich dann eine rechtswidrige Nutzungsuntersagung z.B. durch Beschlagnahme, vollzieht, handelt damit ganz klar rechtswidrig. Allerdings können diese Beamten dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden, weil sie sich auf Verbotsirrtum raus reden könnten. Hier noch mal das EuGH-Urteil vom 15.7.1964 im Volltext, dass das Gemeinschaftsrecht unangreifbar für deutsche Gesetze macht. Deutschland hätte ja immer noch die Möglichkeit aus der EU auszutreten, um sich wirkungsvoll dem überregionalen Gemeinschaftsrecht wirksam zu entziehen. Im Ergebnis kann ich also nur feststellen, dass ich mich mit dem Brief vom Petitionsausschuss in der Tasche bei einer Verkehrskontrolle nicht strafbar machen kann, wenn mein EU-Führerschein in Deutschland sowieso anerkannt werden muss. -------------------- (\_/)
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19.02.2007, 10:21
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Thommy, Thommy, Thommy......
Schön zu lesen, dass sich Deine Rechtsansichten während meiner Abwesenheit nicht geändert haben. Zitat Ich verstehe den letzten Absatz so, dass der Richter den "Täter" unbedingt wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilen muss, wenn er diese bestandskräftige Nutzungsuntersagung nicht beachtet hatte, auch wenn er nach geltendem Recht hätte fahren dürfen. Das heißt, dass ein rechtswidriger bestandskräftiger Verwaltungsakt in jedem Fall Anwendungsvorrang vor geltenden Gesetzen hat. Jedenfalls gilt das dann, wenn es nur nationales Recht geht. Das ist korrekt. Zitat Das bedeutet, wenn ein Verwaltungsakt wegen Gemeinschaftsrecht unwirksam ist, dass er dann nicht der Aufhebung bedarf. Die Fahrerlaubnis besteht also nach wie vor fort und weil die Fahrerlaubnis rechtlich nie wirksam aberkannt wurde bzw. werden konnte, wären demnach auch Schadensersatzansprüche gegen Deutschland, die sich ausschließlich auf den Nichtgebrauch der Fahrerlaubnis beziehen, rechtlich bedenklich. Das ist ein Irrtum. Ein VA, selbst wenn er gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen sollte, ist nicht unwirksam. Diese Ausführungen: Zitat Mit Geltungsvorrang des Gemeinschaftsrecht, wird der vom EuGH in der Entscheidung Costa/Enel aufgestellte Grundsatz bezeichnet, dass die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts durch nationales Recht nicht aufgehoben und nicht abgeändert werden können. beziehen sich auf nationale Rechtsvorschriften. Ich kann also nicht mittels eines Gesetzes europarechtliche Richtlinien außer Kraft setzen. Wir streiten uns hiewr aber nicht über Rechtsvorschriften, sondern über die Anwendung derselben. Unstreitig verstößt § 21 StVG nicht gegen Europarecht. Wenn jetzt eine deutsche Behörde unter Hinzuziehung der einschlägigen Bestimmungen des StVG bzw. der FeV eine ausländische Fahrerlaubnis aberkennt, dann geschieht dies auf Grundlage von Gesetzen bzw. Verordnungen, die Ihrerseits wiederum ebenfalls nicht europarechtswidrig sind. Es mag sein, dass der VA an sich europarechtlich bedenklich ist. Dies hindert aber wiederum nicht die Wirksamkeit, bis derselbe aufgehoben wurde. Zitat Das bedeutet, wenn ein Verwaltungsakt wegen Gemeinschaftsrecht unwirksam ist, dass er dann nicht der Aufhebung bedarf stimmt so also nicht. Das ist eine klassischew Fehlinterpretation. Dies bereits aus dem Grunde, da, Du führst es oben selber aus, auch ein rechtswidriger VA wirksam ist. Die Ausführungen des Prof. Heintze beziehen sich auf nichtige VAe. Zitat Im Ergebnis kann ich also nur feststellen, dass ich mich mit dem Brief vom Petitionsausschuss in der Tasche bei einer Verkehrskontrolle nicht strafbar machen kann, wenn mein EU-Führerschein in Deutschland sowieso anerkannt werden muss. Und das ist Deine klassische Privatmeinung. Der kleine aber feine Unterschied zu Herrn Krämer ist der, dass dieser eine FE erworben hat, die später eben nicht nutzungsaberkannt wurde. Der Fall ist also mit dem Deinigen gar nicht vergleichbar. Wenn Du meinst fahren zu müssen, dann tu das. Wunder Dich aber nicht, wenn Du verurteilt wirst und auch der EuGH Dir da nicht helfen kann und wird. -------------------- |
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19.02.2007, 12:11
Beitrag
#68
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Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Der kleine aber feine Unterschied zu Herrn Krämer ist der, dass dieser eine FE erworben hat, die später eben nicht nutzungsaberkannt wurde. Nicht ganz: das Amtsgericht Schleiden hat ja nicht nur Herrn Kremer wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt, sondern auch in den Urteilen auch noch die belgische Fahrerlaubnis des Herrn Kremer entzogen, die nach Meinung des Gerichts in Deutschland nicht gültig war. Der EUGH scheint jetzt aber im Kremer-Beschluss die Meinung zu vertreten, dass die Verurteilungen des Herrn Kremer keine neuen Eignungszweifel begründen, weil sie europarechtswidrig sind. Wir sollten deshalb abwarten, welche Meinung das OLG München vertritt, um diese Widersprüche zu lösen. @Kalus hat übrigens bereits im allerersten EUGH-Thread die Meinung vertreten, dass es europarechtlich keinen Unterschied macht, ob man einen EU-Führerschein aufgrund Rechtsvorschrift oder aufgrund Verwaltungsakt nicht anerkennt. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
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19.02.2007, 20:42
Beitrag
#69
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Ein VA, selbst wenn er gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen sollte, ist nicht unwirksam. Mensch RA XDiver, Du bist doch Anwalt!Gerade Du müsstest doch das Offensichtliche erkennen. Deine Aussage kann doch gar nicht stimmen, wenn gleichzeitig die Aussage "keine wie immer gearteten innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgehen können" stimmen soll. Es kann keine 2 gleichzeitig gültigen Rechtsvorschriften nebeneinander geben, die sich gegenseitig aufheben. Es muss also eine der beiden Rechtsvorschriften zwangsläufig der anderen zurückstehen. Eine andere Möglichkeit kann ich nicht erkennen. Da aber klar bewiesen ist, dass Europarecht über Landesrecht steht, kann folglich ein innerstaatlicher Verwaltungsakt unmöglich über Europarecht stehen. Um den Kreis zu schließen bliebe Deutschland als letzte Möglichkeit nur noch übrig den europarechtswidrigen Verwaltungsakt als Nichtigen Verwaltungsakt nach § 44 Abs.1 VwVfG einzustufen. Deutschland kann sich meinetwegen mit innerstaatlichen Vorschriften überschlagen wie es will oder sogar bestandskräftige Verwaltungsakte über Verfassungsgerichtsentscheidungen stellen, aber das alles darf niemals das geltende Gemeinschaftsrecht beschneiden. Das Amtsgericht Schleiden hat ja nicht nur Herrn Kremer wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt, sondern auch in den Urteilen auch noch die belgische Fahrerlaubnis des Herrn Kremer entzogen, die nach Meinung des Gerichts in Deutschland nicht gültig war. Genau so ist es & es kann auch nicht anders sein!Der EuGH scheint jetzt aber im Kremer-Beschluss die Meinung zu vertreten, dass die Verurteilungen des Herrn Kremer keine neuen Eignungszweifel begründen, weil sie europarechtswidrig sind. @Kalus hat übrigens bereits im allerersten EUGH-Thread die Meinung vertreten, dass es europarechtlich keinen Unterschied macht, ob man einen EU-Führerschein aufgrund Rechtsvorschrift oder aufgrund Verwaltungsakt nicht anerkennt. Und da Verurteilungen ganz klar Verwaltungsakte sind, konnten diese Verurteilungen bei Herrn Kremer, wenn sie europarechtswidrig waren, folglich nur Nichtige Verwaltungsakte sein. Dass sich der EuGH nicht an deutsche Vorschriften gebunden fühlt, sieht man daran, dass der EuGH selbst eine gefestigte Verfassungsgerichtsmeinung (BVerfG vom 11.Juni 2003) umwarf. Das zeigt doch mehr als deutlich, wo der Europäische Gerichtshof steht. Wie die Rechtslage tatsächlich ist, habe ich mehr als deutlich dargestellt & bewiesen. Demnach kann eine nicht beachtete Nutzungsuntersagung keine Straftat sein, wenn dieser Verwaltungsakt europarechtswidrig ist. Dass es trotzdem zu Verurteilungen kommen kann, wenn sich ein Staat nicht an geltendes Recht hält, steht wiederum auf einem anderen Blatt. Deswegen muss jeder selbst entscheiden welche Konsequenzen er aus dieser momentanen Situation zieht. Ich jedenfalls fahre weiter solange ich klar im Recht bin. -------------------- (\_/)
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19.02.2007, 21:07
Beitrag
#70
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Ein VA, selbst wenn er gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen sollte, ist nicht unwirksam. @RA XDiver Wenn diese Aussage tatsächlich wahr wäre, dann hätte der EuGH diesen Umstand in seiner Kremer-Entscheidung mit berücksichtigen müssen. Ich wette aber, dass Du nicht in der Lage bist mir diesen Umstand logisch zu erklären. -------------------- (\_/)
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19.02.2007, 21:20
Beitrag
#71
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Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Thommy Bumm, versuche doch mal bitte, den Unterschied zwischen Rechtsvorschriften (allgemeine Regelungen) und Verwaltungsakten (Einzelfallentscheidungen) zu begreifen.
Natürlich darf die Rechtsprechung allgemein in Anwendung von Gesetz und Verfassung nicht höheren Rechtsprinzipien widersprechen (allgemeiner Grundsatz). Aber trotzdem gibt es Fehlurteile (Einzelfallentscheidungen), die rechtskräftig und auch vollstreckt werden - das war ein Beispiel aus dem Strafrecht und hat mir dem EU-FS nichts zu tun. Im übrigen mal ganz pragmatisch: Auch du bist doch der Auffassung, dass eine EU-FE auch dann wirksam ist, wenn sie unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip zustande gekommen ist, obwohl dies offensichtlich gegen höheres Gemeinschaftsrecht verstößt, was doch deiner Auffassung nach gar nicht passieren darf. Genau das ist es doch, was die deutschen Behörden nun jahrelang zähneknirschend akzeptieren lernen müssen, dass ein wirksamer Verwaltungsakt nicht einfach mit dem Argument aus der Welt geschafft werden kann, dass sein Erlass gegen Europarecht verstoßen hat. Wenn die Behörden und deutschen Gerichte sich als teilweise lernfähig erwiesen haben, dann wird es bei dir sicher auch noch gelingen. -------------------- |
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19.02.2007, 21:48
Beitrag
#72
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Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Ich bezog mich in meinem Posting weiter oben auf die folgende Meinung von Kalus:
Zitat (Uwe W) Wenn man einer im Ausland erteilten Fahrerlaubnis die Anerkennung in Deutschland versagen will, dann gibt es grundsätzlich nur 3 Möglichkeiten: 1. Man veranlasst die ausländische Führerscheinbehörde, die Fahrerlaubnis zu widerrufen/aufzuheben/ungültig zu erklären. 2. Die ausländische Fahrerlaubnis wird von einer deutschen Behörde durch Verwaltungsakt widerrufen. 3. Durch eine Rechtsnorm (Fahrerlaubnisverordnung) wird die ausländische Fahrerlaubnis unter gewissen Voraussetzungen für ungültig erklärt. Punkt 1 trifft nicht zu, da damit keine Aberkennung vorgenommen wird, sondern eine FS nicht mehr existent ist. Punkt 2 und 3 sind identisch Es scheint mittlerweile Konsens zu sein, dass der § 28 FeV ungültig ist und nicht angewandt werden darf, soweit er der EUGH-Rechtsprechung widerspricht (Punkt 3). Wenn @Kalus die Wege 2. und 3. für identisch erklärt, meint er damit dann, dass auch Nutzungsuntersagungen ungültig und nicht beachtlich sind, wenn sie europarechtswidrig erlassen wurden? Bei der Bestandskraft von rechtswidrigen Verwaltungsakten wird ja manchmal unterschieden, ob sie wegen eines Tatsachenirrtums der Behörde fehlerhaft sind oder ob die Behörde einem Rechtsirrtum unterlegen ist. Insofern macht es meiner Meinung nach einen Unterschied, ob eine ausländische Führerscheinbehörde irrtümlich von einer falschen Tatsache (Einhaltung der 185 Tage-Regelung) ausgeht, oder ob sie die Begründung eines Verwaltungsaktes auf eine europarechtswidrige Argumentation stellt. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
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19.02.2007, 21:58
Beitrag
#73
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Mitglied Gruppe: Globaler Moderator Beiträge: 31404 Beigetreten: 06.02.2004 Mitglieds-Nr.: 1686 |
Und da Verurteilungen ganz klar Verwaltungsakte sind, Seit wann sind denn Urteile Verwaltungsakte? -------------------- Gruß Mr.T
Gegen den Strom zu schwimmen ist deshalb so schwierig, weil einem so viele entgegenkommen. |
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19.02.2007, 22:41
Beitrag
#74
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Seit wann sind denn Urteile Verwaltungsakte? Sorry, aber ich ging davon aus, dass alle Weisungen von Behörden & Behördenmitarbeitern, vom Handzeichen eines Polizisten bis zum Beschluss eines Gerichts, Verwaltungsakte sind. Denn so weit ich weiß sind Gerichte auch Behörden, daraus leite ich ab, dass Urteile eben auch eine bestimmte Art Verwaltungsakte sein müssen.
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19.02.2007, 22:45
Beitrag
#75
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Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 13500 Beigetreten: 10.01.2004 Wohnort: Schwerte Mitglieds-Nr.: 1265 |
Falsch abgeleitet. Urteile sind eben keine VAe. Dies nicht zuletzt daher, weil Gerichte eben keine Behörde i.e.S. sind (und das Handzeichen eines PB ist ein Realakt und kein VA ).
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19.02.2007, 23:09
Beitrag
#76
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
OK, RA XDiver & Mr.T, dann schließe ich mich Eurer Fachmeinung eben an & werde Urteile & Gerichtsbeschlüsse in Zukunft nur noch "einem Verwaltungsakt ähnlich" oder "einem Verwaltungsakt vergleichbar" nennen.
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19.02.2007, 23:13
Beitrag
#77
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Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 13500 Beigetreten: 10.01.2004 Wohnort: Schwerte Mitglieds-Nr.: 1265 |
Nimm´s mir nicht krumm Thommy, aber auch das ist nicht korrekt.
Aber langsam wird´s OT... -------------------- |
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19.02.2007, 23:44
Beitrag
#78
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Nimm´s mir nicht krumm Thommy, aber auch das ist nicht korrekt. OK, dann werde ich in Zukunft noch die Worte "in gewisser Weise" einfügen. Ich sehe es doch ein! Ein Urteil ist also kein Verwaltungsakt.
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20.02.2007, 00:19
Beitrag
#79
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Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 3399 Beigetreten: 01.05.2004 Mitglieds-Nr.: 3097 |
... naja - mal von einigen anderen Ungenauigkeiten abgesehen - haben deutsche (Straf-)Urteile erhebliche verwaltungsrechtliche Folgen; bzw. sie können diese Folgen haben. So sind sie direkt vielleicht kein Verwaltungsakt, ziehen einen solchen aber oftmals zwanghaft nach sich - oder verhindern ihn, wie z.B. bei der gerichtlich verfügten Sperrfrist.
-------------------- "Wir sitzen alle im europäischen Boot, nur die Deutschen sind ständig seekrank." Romano Prodi, EU-Kommissions-Präsident a.D.
"An der Wurzel eines Problems sitzt immer ein Deutscher." Voltaire (1694-1778) Strichachtclub Deutschland Verfolge den Weg Deiner Geldscheine in Europa! Wichtig ist, daß man nicht aufhört zu fragen. A.Einstein |
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20.02.2007, 00:38
Beitrag
#80
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Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Was Thommy Bumm wohl meint: Gerichtsurteile und Verwaltungsakte lassen sich unter dem Begriff Einzelfallentscheidungen zusammenfassen, und unterscheiden sich dadurch von allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften.
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(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
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20.02.2007, 02:22
Beitrag
#81
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Natürlich darf die Rechtsprechung allgemein in Anwendung von Gesetz und Verfassung nicht höheren Rechtsprinzipien widersprechen (allgemeiner Grundsatz). Aber trotzdem gibt es Fehlurteile (Einzelfallentscheidungen), die rechtskräftig und auch vollstreckt werden - das war ein Beispiel aus dem Strafrecht und hat mir dem EU-FS nichts zu tun. Ja aber, wie erklärt sich dann der Freispruch von Stefan Kremer, wo ihm doch 5 Mal der belgische Führerschein mit Sperre entzogen & er Verurteilt wurde? Ich gehe jetzt mal davon aus, dass ein Verwaltungsakt nicht höher wie ein Urteil zu bewerten ist.Im Übrigen mal ganz pragmatisch: Auch Du bist doch der Auffassung, dass eine EU-FE auch dann wirksam ist, wenn sie unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip zustande gekommen ist, obwohl dies offensichtlich gegen höheres Gemeinschaftsrecht verstößt, was doch deiner Auffassung nach gar nicht passieren darf. Genau das war doch Gegenstand der Kapper-Entscheidung! Der EuGH hatte abzuwägen, ob die Umgehung vom Wohnsitzerfordernis oder die verwaltungsrechtliche Erteilung höher zu bewerten ist. Dann hat der EuGH wiederum enge Grenzen an die verwaltungsrechtliche Entziehung geknüpft. Damit hinkt also dieser Vergleich.
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20.02.2007, 05:17
Beitrag
#82
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Das ist ein Irrtum. Ein VA, selbst wenn er gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen sollte, ist nicht unwirksam. Ich denke dieses Urteil sollte alle Unklarheiten beseitigen:EuGH vom 9.3.1978 - Simmenthal - 106/77 -------------------- (\_/)
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20.02.2007, 11:40
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#83
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Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Der Vorlagebeschluss des OLG München v. 09.09.2005 im Fall Kremer
Eine Überlegung war ja u. a., wie das OLG München die evtl. europarechtswidrigen Vorverurteilungen durch das AG Schleiden behandeln würde; hierzu sagt es lapidar: Zitat "Unbeschadet der Frage, ob die erste Entscheidung des AG Sch... vom 28.7.2000 insbesondere im Hinblick auf europarechtliche Regeln materiell zutreffend ist, hat ihre Rechtskraft zur Folge, dass dem Angeklagten kein Recht zustand, in der Folgezeit im Inland (Bundesrepublik Deutschland) Kraftfahrzeuge zu führen. Da er hiergegen verstoßen hat, ist er in den nachfolgenden Entscheidungen zu Recht wegen eines Vergehens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG verurteilt worden."
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20.02.2007, 11:57
Beitrag
#84
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 10790 Beigetreten: 21.12.2004 Mitglieds-Nr.: 7367 |
@Lexus
Wie darf man das interpretieren. Ist auch ein dem geltenden Recht widersprechendes Gerichtsurteil, wenn es denn einmal rechtskräftig geworden ist, verbindlich und kann nicht mehr abgeändert werden? Dann könnte der Richter ja beliebiges verkünden, die Rechtsmittelfrist für beendet erklären (wenn schon gegen das Gesetz, dann auch "richtig krass fett") und unser Rechtssystem wäre für die Tonne. -------------------- MfG Thomas
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20.02.2007, 11:58
Beitrag
#85
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Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Das ist ein Irrtum. Ein VA, selbst wenn er gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen sollte, ist nicht unwirksam. Ich denke dieses Urteil sollte alle Unklarheiten beseitigen:EuGH vom 9.3.1978 - Simmenthal - 106/77 Meine Hoffnung wäre gewesen, dass der Link bei dir alle Unklarheiten beseitigt hätte, aber man muss lesen können: Zitat "DIE UNMITTELBAR GELTENDEN BESTIMMUNGEN SIND UNMITTELBARE QUELLE VON RECHTEN UND PFLICHTEN FÜR ALLE DIEJENIGEN , DIE SIE BETREFFEN , EINERLEI , OB ES SICH UM DIE MITGLIEDSTAATEN ODER UM EINZELPERSONEN HANDELT." Deine Entscheidung bezieht sich auf unmittelbar geltendes EU-Recht. Das sind aber nur der EWG-Vertrag und Richtlinien, die in der von der EU vorgegebenen Zeit nicht in nationales Recht umgesetzt sind (sog. Primärrecht). Hingegen ist eine Richtlinie, die in nationales Recht umgesetzt ist (wie z. B. die 2. FS-Richtlinie durch die FeV) kein unmittelbar geltendes Recht mit der Folge, dass sich ein Bürger nicht auf die Richtlinien direkt berufen kann (demzufolge hat ein Bürger auch kein Klagerecht vor dem EuGH). Insoweit spricht man von sog. Sekundärrecht. In der von dir verlinkten Entscheidung ist demzufolge auch nur von nationalen Rechtsakten, Gesetzen, Gesetzgebungsakten, Gerichtsentscheidungen usw. die Rede, nicht aber von Verwaltungshandlungen (Erlass von Verwaltungsakten). Denk im übrigen mal darüber nach, weshalb in jeder Richtlinie u. a. der Adressat der Richtlinie benannt wird. So heißt es in der 3. FS-RiLi in Art. 19: "Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet." Das soll heißen, dass die einzelnen Staaten verpflichtet werden, insoweit den Inhalt durch nationale Regelungen umzusetzen, dass sich aber kein individueller Bürger solange auf die Bestimmungen der Richtlinie berufen kann, solange sie nicht - fristgemäß - national umgesetzt ist. Erst nach - erfolglosem - Fristlablauf erwachsen dem einzelnen betroffenen Bürger individuelle Rechte aus einer Richtlinie. Das Europarecht ist eine Materie, die man sich nicht einfach mal so schnell ergoogeln kann. -------------------- |
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20.02.2007, 12:14
Beitrag
#86
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Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
@Lexus Wie darf man das interpretieren. Ist auch ein dem geltenden Recht widersprechendes Gerichtsurteil, wenn es denn einmal rechtskräftig geworden ist, verbindlich und kann nicht mehr abgeändert werden? Dann könnte der Richter ja beliebiges verkünden, die Rechtsmittelfrist für beendet erklären (wenn schon gegen das Gesetz, dann auch "richtig krass fett") und unser Rechtssystem wäre für die Tonne. Das entspricht schon der herrschenden Auffassung. Die Rechtskraft ist ein hohes Gut, genauso wie die Gerechtigkeit, und ein Prinzip des Rechtsstaats, der nicht endlose Auseinandersetzungen über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit von Urteilen vertragen kann, sondern bezüglich jedes Einzelfalls auch irgendwann einmal Rechtsfrieden braucht. Das mit der willkürlichen Verkürzung der Rechtsmittelfrist passt nicht, weil diese Frist sich aus Gesetzen ergibt und nicht aus der Meinung oder dem Urteil eines Gerichts. Der Instanzenzug, soweit gesetzlich eingeräumt, die Möglichkeiten der Landes- und Bundesverfassungsbeschwerden, die Möglichkeit der Wiedereinsetzung bei neuen Tatsachen usw. sind im übrigen Möglichkeiten, die Geltung "falscher" Urteile einzudämmen. Meistens beruhen sog. falsche Urteile auf Rechtsansichten, die eben umstritten sind, oder sich im Laufe der Zeit geändert haben, z. B. wenn sich die höchstrichterliche Rechtsprechung zu einer Frage wandelt. Dann bleiben die alten Urteile der unteren Instanzen trotzdem aufrechterhalten, soweit sie rechtskräftig geworden sind, eben des Rechtsfriedens willen. Das OLG München sieht sehr wohl, dass möglicherweise die erste Verurteilung durch das AG Schleiden auch anders hätte ausfallen können (lässt dies aber ausdrücklich offen), konstatiert dann aber, dass der Angeklagte eben wegen der Rechtskraft der Entziehung der ausländischen FE eben in den - bereits rechtskräftigen - Folgefällen keine gültige FE im Inland mehr hatte. Weil es aber in dem noch nicht rechtskräftigen Fall, mit dem es gerade befasst war, Auslegungszweifel hatte, hat es seine Frage dem EuGH vorgelegt. -------------------- |
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20.02.2007, 13:02
Beitrag
#87
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Wenn ich das richtig verstehe, dann war das bei Stefan Kremer die Ansicht des OLG München am 09.09.2005. Diese Ansicht dürfte sich doch jetzt eigentlich mit der späteren EuGH-Entscheidung vom 28.09.2006 erledigt haben.
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20.02.2007, 13:31
Beitrag
#88
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 10790 Beigetreten: 21.12.2004 Mitglieds-Nr.: 7367 |
Meistens beruhen sog. falsche Urteile auf Rechtsansichten, die eben umstritten sind, oder sich im Laufe der Zeit geändert haben, z. B. wenn sich die höchstrichterliche Rechtsprechung zu einer Frage wandelt. Dann bleiben die alten Urteile der unteren Instanzen trotzdem aufrechterhalten, soweit sie rechtskräftig geworden sind, eben des Rechtsfriedens willen. Jetzt verstehe ich auch besser die ewigen Querelen um alte Urteile. Die werden - so bizarr sie heutzutage auch anmuten mögen - immer noch aufrechterhalten!Muß mal eruieren, ob einer meiner Onkel (dem Einberufungsbefehl nicht gefolgt und sich die letzten Kriegstage im Wald versteckt) damals rechtskräftig zum Tode verurteilt wurde. Wenn er Glück hat, läßt sich nichts finden. Hat er Pech, müßte er dem hohen Gut des Rechtsfriedens zuliebe erschossen (oder erhängt?) werden! **************** Anm. Moderator: Unsäglicher Vergleich gelöscht. Der Beitrag wurde von RA XDiver bearbeitet: 20.02.2007, 13:55 -------------------- MfG Thomas
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20.02.2007, 13:51
Beitrag
#89
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Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Zitat "Besser spät als nie: Im Mai hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, mit dem Urteile aufgehoben werden , die in der NS-Zeit gegen Wehrmachtsangehörige wegen Desertion, Fahnenflucht und "Wehrkraftzersetzung" sowie gegen Homosexuelle aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung ergangen sind. Damit schloss der Bundestag mehr als ein halbes Jahrhundert nach Ende des zweiten Weltkrieges eine Lücke im Gesetz zur Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen. Gleichzeitig gab er eine Ehrenerklärung für die Betroffenen ab. Das besondere hieran ist, dass sämtliche Urteile pauschal aufgehoben wurden. Damit wird das bisher geltende Prinzip der Einzelfallprüfung aufgegeben, bei der die Beweislast, dass eine Person zu Unrecht verurteilt worden ist, bei ihr selbst lag, was von den Opfern immer wieder als Verhöhnung und Missachtung des erlittenen Unrechts beklagt worden war. Das Gesetz wurde mit den Stimmen von SPD, Bündnis90/Grüne und PDS verabschiedet. FDP und CDU stimmten dagegen." Quelle -------------------- |
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20.02.2007, 14:07
Beitrag
#90
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 10790 Beigetreten: 21.12.2004 Mitglieds-Nr.: 7367 |
Zitat "Besser spät als nie: Im Mai hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, mit dem Urteile aufgehoben werden , die in der NS-Zeit gegen Wehrmachtsangehörige wegen Desertion, Fahnenflucht und "Wehrkraftzersetzung" sowie gegen Homosexuelle aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung ergangen sind. Aber da fehlen gewisse Bevölkerungsgruppen, deren Nennung die Moderation anscheinend nicht duldet, als auch die Zeit davor. Sind die (nach heutigem Maßstab oft Unrechts-)Urteile gegen diese (unnennbaren) Bevölkerungsgruppen bzw. die noch älteren (nach heutigem Maßstab oft Unrechts-)Urteile immer noch rechtskräftig und vollstreckbar? -------------------- MfG Thomas
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20.02.2007, 14:10
Beitrag
#91
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Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Wenn ich das richtig verstehe, dann war das bei Stefan Kremer die Ansicht des OLG München am 09.09.2005. Diese Ansicht dürfte sich doch jetzt eigentlich mit der späteren EuGH-Entscheidung vom 28.09.2006 erledigt haben. So einfach ist das nicht. Eigentlich hat der EuGH mit der Kremer-Entscheidung indirekt die Verkehrtheit des ersten - rechtskräftigen - Urteils des AG Schleiden festgestellt. Zu dem Problem, dass Kremer infolge der Rechtskraft dieses Urteils gleichwohl nicht mehr im Besitz seiner belgischen FE war, hat der EuGH ja nichts gesagt. Überhaupt regelt der EuGH keine Einzelfälle, sondern gibt den Gerichten Auslegungshilfen. Das OLG München befindet sich jetzt meiner Meinung nach in einem Dilemma: Einerseits weiß es jetzt, dass das Ursprungsurteil des AG Schleiden falsch war; andererseits weiß es nicht, ob der Grundsatz, dass rechtskräftige Urteile gelten, in einem solchen Fall gegen EU-Recht verstoßen könnten. In gewisser Weise hat das OLG München die auf sich zukommende Problematik schon erkannt, denn es sagt ja selbst, dass unter einer bestimmten Konstellation, die nun durch die Antwort des EuGH tatsächlich eingetreten ist, die EU-Rechtslage bei der Strafzumessung eine Rolle spielen kann. Wäre ich das OLG München, würde ich das Verfahren nach §§ 153 ff. StPO einstellen. Allerdings gibt man den Beteiligten damit Steine statt Brot, weil zumindest der arme Kremer, solange er keine neue im Inland gültige FE hat (die belgische ist ihm ja nun mal rechtskräftig entzogen, ob richtig oder falsch), sich möglicherweise immer wieder strafbar macht. -------------------- |
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20.02.2007, 14:37
Beitrag
#92
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
In der von dir verlinkten Entscheidung ist demzufolge auch nur von nationalen Rechtsakten, Gesetzen, Gesetzgebungsakten, Gerichtsentscheidungen usw. die Rede, nicht aber von Verwaltungshandlungen (Erlass von Verwaltungsakten). Dann braucht man eben eine EuGH-Entscheidung, die sich mit der Unanwendbarkeit einer individuell-konkrete bestandskräftig gewordenen Verwaltungsentscheidung befasst:EuGH vom 29. April 1999 - Erich Ciola - C-224/97 Zitat (EuGH vom 29. April 1999 - Erich Ciola - C-224/97) 29. Nachdem der Gerichtshof ursprünglich entschieden hat, daß die Verpflichtung, gegebenenfalls jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet zu lassen, die nationalen Gerichte trifft (vgl. Urteil Simmenthal, Randnr. 21), er hat in der Folge seine Rechtsprechung in zwei Richtungen konkretisiert.
30. Zum einen haben sich nämlich nach dieser Rechtsprechung alle Träger der Verwaltung einschließlich der Gemeinden und der sonstigen Gebietskörperschaften diesem Vorrang zu beugen, so daß sich der einzelne ihnen gegenüber auf eine solche Gemeinschaftsbestimmung berufen kann (Urteil vom 22. Juni 1989 in der Rechtssache 103/88, Fratelli Costanzo, Slg. 1989, 1839, Randnr. 32). 31. Zum anderen können die Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts, die einer solchen Gemeinschaftsbestimmung entgegenstehen, sowohl Rechts- als auch Verwaltungsvorschriften umfassen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juli 1981 in der Rechtssache 158/80, Rewe, Slg. 1981, 1805, Randnr. 43). 32. Nach der Logik dieser Rechtsprechung umfassen die genannten innerstaatlichen Verwaltungsvorschriften nicht nur generell-abstrakte Normen, sondern auch individuell-konkrete Verwaltungsentscheidungen. 33. Es wäre nämlich durch nichts zu rechtfertigen, wenn dem einzelnen der Rechtsschutz, der sich für ihn aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts ergibt und den die innerstaatlichen Gerichte zu gewährleisten haben (vgl. Urteil vom 19. Juni 1990 in der Rechtssache C-213/89, Factortame u. a., Slg. 1990, I-2433, Randnr. 19), in einem Fall verweigert würde, in dem es um die Gültigkeit eines Verwaltungsakts geht. Dieser Rechtsschutz kann nicht von der Art der entgegenstehenden Bestimmung des innerstaatlichen Rechts abhängen. -------------------- (\_/)
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20.02.2007, 15:11
Beitrag
#93
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Mitglied Gruppe: Members 1000+ Beiträge: 5998 Beigetreten: 06.10.2004 Wohnort: Assen (Niederlande) Mitglieds-Nr.: 5924 |
Dies wird meine letzte Antwort in einem sich sonst im Unendlichen verlierenden Disput sein:
@Thommy Bumm, du verkennst wieder einmal den Kontext deiner letzten verlinkten Entscheidung und das, was ich oben geschrieben habe: Auch diese Entscheidung beschäftigt sich nur mit dem unmittelbar anwendbaren EU-Recht, nämlich dem EG-Vertrag selbst. Zitat Vorab ist mit dem Generalanwalt — Nummern 40 bis 43 seiner Schlußanträge — festzustellen, daß der Rechtsstreit nicht das rechtliche Schicksal des Verwaltungsaktes, nämlich des Bescheids vom 9. August 1990, selbst, sondern die Frage betrifft, ob ein solcher Verwaltungsakt im Rahmen der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Sanktion, die wegen der Nichtbeachtung einer sich aus ihm ergebenden Verpflichtung verhängt wurde, deshalb unangewendet bleiben muß, weil er mit dem Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs unvereinbar ist. 26. Sodann ist darauf hinzuweisen, daß die Bestimmungen des EG-Vertrags, da sie in der Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats unmittelbar gelten und da das Gemeinschaftsrecht dem nationalen Recht vorgeht, Rechte zugunsten der Betroffenen erzeugen, die die nationalen Behörden zu achten und zu wahren haben, so daß ihnen entgegenstehende Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts aus diesem Grund unanwendbar werden (vgl. Urteil vom 4. April 1974 in der Rechtssache 167/73, Kommission/Frankreich, Slg. 1974, 359, Randnr. 35). 27. Da die zwingenden Bestimmungen des Artikels 59 des Vertrages mit Ablauf der Übergangszeit unmittelbar und unbedingt anwendbar geworden sind (vgl. Urteil vom 17. Dezember 1981 in der Rechtssache 279/80, Webb, Slg. 1981, 3305, Randnr. 13), schließt dieser Artikel die Anwendung jedes entgegenstehenden Rechtsakts des innerstaatlichen Rechts aus. Unmittelbar zwingend anzuwenden sind der EG-Vertrag und zusätzlich Richtlinien, die nach Fristablauf nicht in nationales Recht umgesetzt sind. Das hab ich weiter oben schon geschrieben. Fristgemäß umgesetzte Richtlinien sind kein unmittelbar geltendes nationales Recht und verleihen einem Bürger keine individuellen Rechte. Im Verhältnis Bürger-Staat gilt in D. die FeV. Um deren Auslegung kann man sich streiten, auch unter dem Blickwinkel der 2. oder 3. FS-Richtlinie. Aber du kannst aus der Richtlinie keinen Anspruch auf irgendetwas ableiten. -------------------- |
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20.02.2007, 16:00
Beitrag
#94
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Das OLG München befindet sich jetzt meiner Meinung nach in einem Dilemma: Einerseits weiß es jetzt, dass das Ursprungsurteil des AG Schleiden falsch war; andererseits weiß es nicht, ob der Grundsatz, dass rechtskräftige Urteile gelten, in einem solchen Fall gegen EU-Recht verstoßen könnten. @LexusDas was Du mit dem so genannten "Dilemma" zu erklären versuchst, verstehe ich zwar, aber ich verstehe nicht den chronologischen Ablauf. Denn was Du hier rein gestellt hast ist doch vom 09.09.2005 und zwar ein Jahr vor dem EuGH-Urteil. Das so genannten "Dilemma" kann aber nur nach dem EuGH-Urteil eingetreten sein, wobei ich doch heute schon mehrfach dargelegt habe, dass alle innerstaatlichen Rechtsvorschriften (incl. rechtskräftige Urteile) unanwendbar sind, wenn sie gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen. Damit muss das Ursprungsurteil des AG Schleiden so behandelt werden, als wenn das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung & damit eine Gesetzesänderung herbeigeführt hätte. Die Folge müsste dann sofortiger Vollstreckungsstop aus dem Urteil bedeuten. Was die bereits abgegoltenen Strafen angeht, könnte sich Deutschland wahrscheinlich auf die "Rechtskraft" des Urteils berufen, um nicht Schadensersatz leisten zu müssen. Außerdem hat der EuGH eindeutig entschieden, dass die belgische Fahrerlaubnis von Stefan Kremer nie ungültig war & keine MPU gefordert werden kann. Außerdem gibt es absolut kein Gesetz, dass einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung höheren Rang einräumt wie dem geltenden Gemeinschaftsrecht. Ich kann also das so genannte "Dilemma" absolut nicht nachvollziehen. Die einzigen die in einem "Dilemma" stecken, sind die Richter in München & Schleiden, weil sie falsche Urteile gesprochen hatten. -------------------- (\_/)
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21.02.2007, 01:48
Beitrag
#95
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Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Geht es dann aber nicht um die Frage, ob die zweite Führerscheinrichtlinie unmittelbar geltendes Recht ist, weil sie durch die Fahrerlaubnisverordnung fehlerhaft und damit nicht fristgemäß umgesetzt wurde?
Zitat (OVG Lüneburg @ Beschluss vom 11.10.2005) 1. Für das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes geht der Senat davon aus, dass § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV und § 28 Abs. 4 Nr. 3, Abs. 5 FeV - die letztgenannten Vorschriften, soweit sie eine EU-Fahrerlaubnis betreffen, die erteilt wurde, nachdem die Sperrfrist für die Neuerteilung einer entzogenen nationalen Fahrerlaubnis abgelaufen war - unvereinbar mit der gemeinschaftsrechtlichen Führerschein-Richtlinie sind. Dieser Ansicht haben sich ja einige andere OVG's angeschlossen. Ergibt sich nicht daraus, dass eine Anerkennungspflicht unmittelbar aus dem EU-Recht folgt? -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
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21.02.2007, 10:06
Beitrag
#96
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Mitglied Gruppe: Banned Beiträge: 4753 Beigetreten: 20.02.2005 Wohnort: Berlin Mitglieds-Nr.: 8466 |
Ergibt sich nicht daraus, dass eine Anerkennungspflicht unmittelbar aus dem EU-Recht folgt? Genau so ist es!Vorabentscheidungen sind im Recht der Europäischen Gemeinschaft Entscheidungen über die Auslegung des EG-Vertrags und über die Gültigkeit und Auslegung der Handlungen der Organe der Europäischen Gemeinschaft, die der EuGH auf Vorlage durch mitgliedstaatliche Gerichte, fällt. Vorabentscheidungen werden durch Artikel 234 des EG-Vertrags geregelt. Deutschland hat diesen EG-Vertrag anerkannt & damit gleichzeitig Hoheitsrechte abgetreten. Sinn des Vorabentscheidungsverfahrens ist es eine einheitliche Rechtsprechung in den Mitgliedstaaten herbeizuführen. Die mitgliedstaatlichen Gerichte sind an die Entscheidung des EuGH gebunden und müssen gemeinschaftsrechtliche Normen nach dessen Vorgaben auslegen. Ich weiß also nicht was das ständige rumgeeiere hier, was die angebliche Nichtbindung deutscher Behörden & Gerichte an EU-Gemeinschaftsrecht angeht, soll. Der EuGH scheint eine übergeordnete Einrichtung zu sein, die sich nicht an deutsche Rechtsnormen messen muss. Das sieht man daran, dass der EuGH selbst in der Lage ist über höchstrichterliche Rechtsprechungen des Bundesverfassungsgerichts zu stehen, wenn Gemeinschaftsrecht beteiligt ist. Das bedeutet, dass auch bestandskräftige Dauerverwaltungsakte, wenn sie klar gegen Gemeinschaftsrecht & die Auslegungen der EuGH-Vorabentscheidungen, nicht anwendbar sind, dass heißt nichtig sein müssen, auch wenn innerstaatliche Regeln dem normaler Weise entgegen stehen würden. -------------------- (\_/)
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21.02.2007, 10:13
Beitrag
#97
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Die Revisionsentscheidung des OLG München (Beschl. v. 15.01.2007 - 4St RR 223/06) im Fall Kremer nach der EuGH-Entscheidung
Das OLG hat sein Dilemma dadurch gelöst, dass es die Sache hinsichtlich des Strafmaßes an das Landgericht zurückgereicht hat; den Schuldspruch selbst wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis hat es allerdings rechtskräftig werden lassen. Sinn des Vorabentscheidungsverfahrens ist es eine einheitliche Rechtsprechung in den Mitgliedstaaten herbeizuführen. Das ist zutreffend. Die mitgliedstaatlichen Gerichte sind an die Entscheidung des EuGH gebunden und müssen gemeinschaftsrechtliche Normen nach dessen Vorgaben auslegen. Das ist nicht zutreffend. Das steht auch nirgends. Von EuGH-Entscheidungen geht aber eine starke Wirkung aus. Und das ist ein entscheidender Unterschied. Wir befinden uns hier nicht in einem Bundesstaat Europa (und nach dem Scheitern des Verfasssungsvertrages schon gar nicht), in dem es eine Gerichtshierarchie abwärts vom EuGH bis zum letzten Amtsgericht gäbe. Im übrigen zur Verbindlichkeit von Richtlinien: Zitat Art. 249 Abs. 3 EG-Vertrag: (3) Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedsstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel ... @Uwe: Ist nun eine nicht ganz einwandfrei umgesetzte Richtlinie nicht fristgerecht umgesetzt? Bei welchen filigranen Zielverfehlungen beginnt ein Verzug? Könnte D. eine Vertragsstrafe auferlegt werden, weil in einem Absatz von § 28 FeV etwas steht, worüber sich später der EuGH mokiert? Immerhin müssen ja die umsetzenden Normen der Kommission "zur Kontrolle" vorgelegt werden, was D. auch gemacht hat. Es wurden ja von der Kommission auch Beanstandungen erhoben, die D. dann auf Wunsch der Kommission behoben hat. Danach durfte D. doch davon ausgehen, dass die FeV europarechtskonform ist. Bis dann der EuGH mit seiner Auslegung von Bestimmungen der 2. FS-Richtlinie kam, die man bis dahin anders verstanden hat. Daraus kann doch nicht rückwirkend der Vorwurf nicht fristgerechter Umsetzung erhoben werden. Somit stehen keinem Individuum direkt aus der Richtlinie irgendwelche subjektiven Rechte zu, sondern allenfalls steht die allgemeine Berufung auf die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit zur Debatte. Und das ist halt ein weites Feld, dass man jedenfalls nicht so nassforsch wie Thommy Bumm lösen kann. In der ganzen Diskussion wird ja auch immer geflissentlich übersehen, dass das Rechtsmissbrauchsargument nicht in D. erfunden wurde, sondern vom EuGH! Auch das ist pures Europa-Recht, lieber Thommy Bumm. -------------------- |
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21.02.2007, 12:05
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#98
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Der EuGH scheint eine übergeordnete Einrichtung zu sein, die sich nicht an deutsche Rechtsnormen messen muss. Das sieht man daran, dass der EuGH selbst in der Lage ist über höchstrichterliche Rechtsprechungen des Bundesverfassungsgerichts zu stehen, wenn Gemeinschaftsrecht beteiligt ist. Keineswegs! Zitat siehe das sog. Maastricht-Urteil des BVerfG:: "Entscheidend ist, daß die Mitgliedschaft der Bundesrepublik Deutschland und die daraus sich ergebenden Rechte und Pflichten - BVerfGE 89, 155 (187)BVerfGE 89, 155 (188)insbesondere auch das rechtsverbindliche unmittelbare Tätigwerden der Europäischen Gemeinschaften im innerstaatlichen Rechtsraum - für den Gesetzgeber voraussehbar im Vertrag umschrieben und durch ihn im Zustimmungsgesetz hinreichend bestimmbar normiert worden sind (vgl. BVerfGE 58, 1 [37]; 68, 1 [98 f.]). Das bedeutet zugleich, daß spätere wesentliche Änderungen des im Unions- Vertrag angelegten Integrationsprogramms und seiner Handlungsermächtigungen nicht mehr vom Zustimmungsgesetz zu diesem Vertrag gedeckt sind (vgl. schon BVerfGE 58, 1 [37]; BVerfGE 68, 1 [98 f.]; Mosler, in: Handbuch des Staatsrechts, Band VII [1992], § 175 Rdnr. 60). Würden etwa europäische Einrichtungen oder Organe den Unions-Vertrag in einer Weise handhaben oder fortbilden, die von dem Vertrag, wie er dem deutschen Zustimmungsgesetz zugrunde liegt, nicht mehr gedeckt wäre, so wären die daraus hervorgehenden Rechtsakte im deutschen Hoheitsbereich nicht verbindlich. Die deutschen Staatsorgane wären aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert, diese Rechtsakte in Deutschland anzuwenden. Dementsprechend prüft das Bundesverfassungsgericht, ob Rechtsakte der europäischen Einrichtungen und Organe sich in den Grenzen der ihnen eingeräumten Hoheitsrechte halten oder aus ihnen ausbrechen (vgl. BVerfGE 58, 1 [30 f.]; 75, 223 [235, 242]). Diesen Warnschuss vor den Bug hat der EuGH übrigens gut verstanden, in dem er es in der Folgezeit unterlassen hat, seine Rechtsprechung zur unmittelbaren Geltung von Richtlinien weiter auszubauen. -------------------- |
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21.02.2007, 13:50
Beitrag
#99
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Danke Lexus, dass Du dieses Urteil besorgt hast!
Dabei fühle ich mich, wenn ich das so lese, in meinem Fall dann doch nicht mehr so sonderlich wohl in meiner Haut, wenn ich an das anhängige Ermittlungsverfahren in Bayern wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis denke. Immerhin könnte da ja dann zumindest in der 2. Instanz auch München zuständig werden. Allerdings stellt sich im Moment für mich die wichtigste Frage, und zwar ob Stefan Kremer jetzt konkret fahren darf oder nicht? Hat er jetzt etwa haushoch gewonnen oder haushoch verloren? Oder muss Stefan Kremer jetzt etwa doch die MPU machen? Wie ist es denn jetzt mit Felix Kapper § Daniel Halbritter weiter gegangen? Gab es da etwa auch so ein Fiasko? -------------------- (\_/)
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21.02.2007, 22:51
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Dabei fühle ich mich, wenn ich das so lese, in meinem Fall dann doch nicht mehr so sonderlich wohl in meiner Haut, wenn ich an das anhängige Ermittlungsverfahren in Bayern wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis denke. Immerhin könnte da ja dann zumindest in der 2. Instanz auch München zuständig werden. Das OLG München wäre wohl erst in dritter Instanz zuständig, außer es kommt zu einer Sprungrevision. Du musst in der Tat damit rechnen, verurteilt zu werden. Chancen auf eine milde Behandlung/Einstellung hast Du meines Erachtens nur, wenn Du gefahren bist, während die Nutzungsuntersagung noch nicht bestandskräftig war. Zitat Allerdings stellt sich im Moment für mich die wichtigste Frage, und zwar ob Stefan Kremer jetzt konkret fahren darf oder nicht? Hat er jetzt etwa haushoch gewonnen oder haushoch verloren? Oder muss Stefan Kremer jetzt etwa doch die MPU machen? Kremer darf nicht fahren. So wie ich den EUGH-Beschluss interpretiere, müsste man ihm allerdings die Nutzung seines belgischen Führerscheins auf Antrag erlauben, ohne dass er eine MPU machen muss. Es ist allerdings nicht klar, ob die zuständige Führerscheinstelle diese Randbemerkung des EUGH auch in die Tat umsetzt. Zitat Wie ist es denn jetzt mit Felix Kapper § Daniel Halbritter weiter gegangen? Gab es da etwa auch so ein Fiasko? Über Kapper wurde hier ja schon eifrig spekuliert, u.a. wurde die Behauptung aufgestellt, er sei zwischenzeitlich gestorben.Bei Halbritter nehme ich an, dass er für Deutschland in der Zwischenzeit die von ihm beantragte Nutzungserlaubnis bekommen hat. D.h. dieser Fall ist wohl ganz unspektakulär mit einem Happy End abgeschlossen worden. -------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
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Vereinfachte Darstellung | Aktuelles Datum: 24.11.2024 - 00:39 |