Führerscheinentzug auch nach Trunkenheitsfahrt mit Fahrrad möglich, BVerwG 3 C 32.07 - Urteil vom 21. Mai 2008 |
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Führerscheinentzug auch nach Trunkenheitsfahrt mit Fahrrad möglich, BVerwG 3 C 32.07 - Urteil vom 21. Mai 2008 |
21.05.2008, 21:30
Beitrag
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Mitglied Gruppe: Globaler Moderator Beiträge: 31404 Beigetreten: 06.02.2004 Mitglieds-Nr.: 1686 |
Zitat Führerscheinentzug auch nach Trunkenheitsfahrt mit Fahrrad möglich Hat ein Fahrerlaubnisinhaber als Radfahrer mit einem Blutalkoholgehalt von 1,6 Promille oder mehr am Straßenverkehr teilgenommen, darf die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn die Gefahr besteht, dass er künftig auch ein Kraftfahrzeug in fahruntüchtigem Zustand führen wird. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. Bei einer Polizeikontrolle war festgestellt worden, dass der Kläger mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 2,09 Promille Fahrrad fuhr. In zwei medizinisch-psychologischen Gutachten wurde dem Kläger die Fähigkeit abgesprochen, zwischen Alkoholkonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen hinreichend trennen zu können, da er sein Trinkverhalten nicht hinreichend stabil geändert habe. Daraufhin entzog ihm die Beklagte die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse C1E (früher Klasse 3). Diese Entscheidung hat das Verwaltungsgericht aufgehoben. Es ist der Auffassung, dass vom Kläger keine stabile Änderung seines Trinkverhaltens gefordert werden dürfe, da er bislang nur mit einem Fahrrad, nicht aber mit einem Kraftfahrzeug betrunken am Straßenverkehr teilgenommen habe. Das Bundesverwaltungsgericht hat das angegriffene Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Nach der Wertung der Fahrerlaubnisverordnung begründet auch die Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad bei einem Alkoholpegel von mindestens 1,6 Promille Zweifel an der Kraftfahreignung. In dem deshalb einzuholenden medizinisch-psychologischen Gutachten ist zu klären, ob nach dem gezeigten Trinkverhalten, der Vorgeschichte und dem Persönlichkeitsbild des Betroffenen die Gefahr besteht, dass er künftig auch ein Kraftfahrzeug unter unzulässigem Alkoholeinfluss führen wird. Wurde beim Betroffenen ein chronisch überhöhter Alkoholgenuss und eine damit einhergehende Unfähigkeit zu einer realistischen Einschätzung der bei einer Teilnahme am Straßenverkehr drohenden Gefahren festgestellt, setzt die Bejahung der Kraftfahreignung regelmäßig eine gefestigte Änderung seines Trinkverhaltens voraus. BVerwG 3 C 32.07 - Urteil vom 21. Mai 2008 Quelle -------------------- Gruß Mr.T
Gegen den Strom zu schwimmen ist deshalb so schwierig, weil einem so viele entgegenkommen. |
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08.07.2008, 10:29
Beitrag
#2
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Mitglied Gruppe: Globaler Moderator Beiträge: 31404 Beigetreten: 06.02.2004 Mitglieds-Nr.: 1686 |
Das komplette Urteil des BVerwG vom 21.05.2008 -3 C 32.07- kann hier nachgelesen werden.
Der Beitrag wurde von Mr.T bearbeitet: 03.11.2017, 14:46
Bearbeitungsgrund: Link aktualisiert
-------------------- Gruß Mr.T
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28.05.2009, 19:00
Beitrag
#3
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Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
In einem leicht anderen Fall hat der VGH München die aufschiebende Wirkung der Klage gegen einen Fahrerlaubnisentzug angeordnet:
VGH München 11 CS 08.3428 Beschluss vom 14.04.09 Zitat Bei einer Person, die vorbehaltlos entschlossen ist, im Zusammenhang mit dem Genuss von Alkohol auf die Kraftfahrzeugführung zu verzichten und bei der die Verwirklichung dieses Vorsatzes zu erwarten ist, darf die Kraftfahrzeugführereignung auch dann nicht verneint werden, wenn sie an einem übermäßigen Alkoholkonsum festhält.
-------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
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09.10.2009, 18:28
Beitrag
#4
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Mitglied Gruppe: Globaler Moderator Beiträge: 31404 Beigetreten: 06.02.2004 Mitglieds-Nr.: 1686 |
-------------------- Gruß Mr.T
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22.10.2009, 20:35
Beitrag
#5
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Mitglied Gruppe: Globaler Moderator Beiträge: 31404 Beigetreten: 06.02.2004 Mitglieds-Nr.: 1686 |
Der Beschluss kann komplett hier nachgelesen werden.
-------------------- Gruß Mr.T
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12.04.2010, 23:53
Beitrag
#6
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Mitglied Gruppe: Foren-Insider Beiträge: 21408 Beigetreten: 24.09.2003 Mitglieds-Nr.: 175 |
Das VG Karlsruhe vertritt die Meinung, dass die vom BVerwG entwickelten Maßstäbe zur fahrerlaubnisrechtlichen Beurteilung von Trunkenheitsfahrten mit dem Fahrrad auch nach Reform von Nr. 8.1. der Anlage 4 zur FeV weitergelten:
VG Karlsruhe Beschluß vom 9.2.2010, 9 K 3681/09. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen eine Entziehungsverfügung wurde angeordnet, weil das MPU-Gutachten diesen Maßstäben nicht gerecht wurde: Zitat 8. Demgegenüber fehlt es an hinreichenden Feststellungen zur Frage der Wahrscheinlichkeit von Trunkenheitsfahrten des Antragstellers als Kraftfahrer. Der Antragsteller, bei dem nach den insoweit überzeugenden Ausführungen im Gutachten keine Alkoholabhängigkeit, aber eine ausgeprägte Alkoholproblematik vorlag, gab zu dem Vorfall im Juni 2009 an, er habe an einem Grillfest teilgenommen. Da er gewusst habe, dass dort getrunken werde, sei er auf dem Fahrradweg mit dem Fahrrad gefahren. Diese Aussagen des Antragstellers verlangen eine Erörterung der Frage, ob aus der Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad deshalb nicht darauf geschlossen werden darf, er werde künftig ggf. auch mit einem Kraftfahrzeug betrunken am Straßenverkehr teilnehmen, weil sich die Benutzung des Fahrrades möglicherweise als bewusste Strategie zur Vermeidung einer Autofahrt darstellte. Gerade weil die Angaben des Antragstellers im psychologischen Untersuchungsgespräch zu seinem Problemverhalten und zu relevanten Veränderungen im Gutachten als ausreichend wirklichkeitsnah und nachvollziehbar gewertet werden, und ihm rückblickend ausdrücklich ein ausreichendes Problembewusstsein bescheinigt wird, eine motorisierte Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss zu vermeiden, erscheint es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass der Benutzung des Fahrrades bereits damals seine bewusste Entscheidung zugrunde lag, eine Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss als Kraftfahrer zu vermeiden, die Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad also nicht Ausdruck eines Kontrollverlustes war, der genauso gut zu einer Verkehrsteilnahme mit einem Kraftfahrzeug hätte führen können. Ob es sich so verhält und wie ein solches Verhalten bejahendenfalls prognostisch zu würdigen ist, muss künftiger Sachverhaltsaufklärung vorbehalten bleiben.
-------------------- "Alle Mitgliedstaaten hätten Grund sich zu beklagen. Skouris betont, dass gerade dies beweise, dass der EuGH seine Arbeit gut mache."
(Interview mit Vassilios Skouris am 20.04.06 im ORF) |
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25.09.2010, 12:12
Beitrag
#7
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Mitglied Gruppe: Globaler Moderator Beiträge: 31404 Beigetreten: 06.02.2004 Mitglieds-Nr.: 1686 |
Das OVG Berlin-Brandenburg hat sich mit dem Problem Kontrollverlust eines Radfahrers bereits am 07.08.2008 mit dieser Entscheidung auseinandergesetzt:
Zitat Insoweit komme es darauf an, ob die Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad Ausdruck eines Kontrollverlustes gewesen sei, der genauso gut zu einer Verkehrsteilnahme mit einem Kraftfahrzeug führen könne.
-------------------- Gruß Mr.T
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