... Forum Straßenverkehr - der Verkehrstalk im Web


Willkommen, Gast ( Anmelden | Registrierung )

4 Seiten V   1 2 3 > »   
Reply to this topicStart new topic
> Verkehrszeichen ohne Anordnung
Schattenfell
Beitrag 18.10.2011, 00:22
Beitrag #1


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 3444
Beigetreten: 30.11.2009
Mitglieds-Nr.: 51688



    
 
Hej,

ich hatte vor einiger Zeit mit ein paar Radfahrern eine Diskussion über ein paar blaue Verkehrsschilder, also des Radfahrers größte Sorge.

Gegeben seien zwei Zeichen 240, die seit nunmehr zwanzig Jahren recht sinnlos an einer Straße herumstehen, so dass ein Bereich von etwa 20 Metern in beide Richtungen benutzungspflichtig wäre, die restlichen hundertfünfzig Meter des Gehweges allerdings nicht. Obwohl Mitarbeiter der Verwaltung mutmaßlich hin und wieder auf dem Weg zur Arbeit daran vorbeikommen, könne sich die Behörde erst nach Vorlage einiger Fotos von der Existenz dieser Schilder überzeugen lassen. Eine Anordnung ließe sich im Archiv natürlich nicht mehr auftreiben, man bekomme es allerdings nicht geregelt, diese Schilder abzubauen — schließlich sind sie ja auf dem Papier gar nicht existent. Solche Beschilderungen seien noch an zwei anderen Stellen zu finden, vollkommen sinnlos und sogar von normalen Radfahrern ignoriert. Wie kann man die Behörde dennoch dazu bringen, das Blech abzuschrauben?

Ähnlicher Fall: bei Sanierungsarbeiten seien Gehweg und Radweg aus ästhetischen Gründen zu einem gemeinsamen Sonderweg vereinigt worden, der natürlich prompt mit Zeichen 240 versehen werde. Weil aber eigentlich keine Gefahrenlage vorliege und die Ausgestaltung der Auffahrten für Radfahrer entsprechend nachlässig gebaut worden sei, habe man die Anordnung offenbar tatsächlich zurückgezogen, die Schilder aber leider nicht abgebaut. Ginge ich recht in der Annahme, dass mir die Polizei dann wegen des Befahrens der Fahrbahn kein Geld aus der Tasche leiern kann?

Viele Grüße,
Schattenfell
Go to the top of the page
 
+Quote Post
fahrtenbuchführer
Beitrag 18.10.2011, 16:35
Beitrag #2


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 2044
Beigetreten: 21.01.2011
Mitglieds-Nr.: 57349



Zitat (Schattenfell @ 18.10.2011, 01:22) *
Wie kann man die Behörde dennoch dazu bringen, das Blech abzuschrauben?


Ich würds mal mit einem Widerspruch und einer Anfechtungsklage probieren. wink.gif
Ohne Anordnung dürften die Schilder rechtswidrig sein und dich in deinen Rechten verletzen.


Zitat (Schattenfell @ 18.10.2011, 01:22) *
Ginge ich recht in der Annahme, dass mir die Polizei dann wegen des Befahrens der Fahrbahn kein Geld aus der Tasche leiern kann?


Nein, falsche Annahme, da das Schild nur rechtswidrig und nicht nichtig ist. D.h. es muss von dir weiterhin beachtet werden.
Hier wäre ebenfalls der Weg über Widerspruch/Anfechtungsklage einschlägig.


--------------------
In dubio pro reo
Go to the top of the page
 
+Quote Post
oscar_the_grouch
Beitrag 18.10.2011, 17:42
Beitrag #3


bekennender Pfostenumfahrer
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 9708
Beigetreten: 15.07.2005
Wohnort: Berlin
Mitglieds-Nr.: 11315



Zitat (Schattenfell @ 18.10.2011, 01:22) *
— schließlich sind sie ja auf dem Papier gar nicht existent.


Nach genau dieser (schriftlichen) Antwort würde ich sie persönlich abschrauben = Case closed.....
Go to the top of the page
 
+Quote Post
durban
Beitrag 18.10.2011, 18:22
Beitrag #4


Mitglied
********

Gruppe: Globaler Moderator
Beiträge: 19621
Beigetreten: 17.04.2005
Mitglieds-Nr.: 9339



Schilder ohne Anordnung sind m.E. nicht nur rechtswidrig, sondern sogar nichtig.
Damit kann bei einem Verstoß keine Ahndung erfolgen.
Rechtsmittel gegen das Verkehrszeichen wäre die Nichtigkeitsfeststellungsklage.

MfG
Durban smile.gif

Zitat (fahrtenbuchführer @ 18.10.2011, 16:35) *
Zitat (Schattenfell @ 18.10.2011, 01:22) *
Ginge ich recht in der Annahme, dass mir die Polizei dann wegen des Befahrens der Fahrbahn kein Geld aus der Tasche leiern kann?


Edit:

Nein, falsche Annahme, da das Schild nur rechtswidrig und nicht nichtig ist. D.h. es muss von dir weiterhin beachtet werden.
Hier wäre ebenfalls der Weg über Widerspruch/Anfechtungsklage einschlägig.


Sicher? think.gif
Meiner Meinung nach liegt hier ausnahmsweise Nichtigkeit vor, weil es keine Anordnung gibt und somit nichts, was Gegenstand eines Anfechtungswiderpruches oder einer -Klage sein könnte.


--------------------
Proxima Estación: Esperanza.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
fahrtenbuchführer
Beitrag 18.10.2011, 19:07
Beitrag #5


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 2044
Beigetreten: 21.01.2011
Mitglieds-Nr.: 57349



Sicher? Müsste ich nachschlagen ;-)

Aber der VA, der mir gegenüber "erlassen" wird, ist das äußerlich sichtbare Verkehrszeichen mMn.
Eine Nichtigkeit ist nur gegeben, wenn die Rechtswidrigkeit so evident ist, dass es sogar einem Nichtjuristen auffällt. Ich und die meisten anderen werden am Verkehrszeichen nicht erkennen, ob die Behörde das jemals angeordnet hat oder nicht think.gif

Aber deine Auffassung liest sich auch nicht schlecht - zumal ich auch über eine allg. Leistungsklage nachgedacht habe, da ansonsten die (begründete) Gefahr besteht, dass die Behörde das Feststellungsurteil trotz Art. 20 III GG nicht beachtet und immer noch 5 Jahre hängt.

Habe gerade eine Entscheidgung gefunden:

Zitat
OVG Münster NJW 2001, 1961, 1961:
Das Halteverbot ist entgegen der Auffassung des VG mit der verkehrsrechtlichen Anordnung vom 3. 4. 1998 wirksam geworden und war deshalb von der Kl. zu beachten.


Spricht eher für deine Auffassung.
Allerdings könnte das VZ alleine einen Schein-VA darstellen (Stelkens/Bonk/Sachs, § 44 VwVfG, Rn. 5), gege das das HessLSG (MDR 1986, 790) immerhin eine Anfechtungsklage zulies.


--------------------
In dubio pro reo
Go to the top of the page
 
+Quote Post
mir
Beitrag 18.10.2011, 23:06
Beitrag #6


Mitglied
********

Gruppe: Foren-Insider
Beiträge: 24692
Beigetreten: 05.03.2007
Wohnort: Erlangen
Mitglieds-Nr.: 29238



Ein Versuch wär's zumindest wert:

Beantrage doch mal die Feststellung der Nichtigkeit mangels Anordnung der sachlich zuständigen Behörde. Eventuell gehen sie dem lieber aus dem Wege, indem sie die Schilder schnell abbauen smile.gif

Die Nichtigkeit aus diesem Grund ist m.W. nicht daran gebunden, daß sie offensichtlich wäre.


--------------------
redonner sa grandeur à l'europe!
Go to the top of the page
 
+Quote Post
durban
Beitrag 18.10.2011, 23:35
Beitrag #7


Mitglied
********

Gruppe: Globaler Moderator
Beiträge: 19621
Beigetreten: 17.04.2005
Mitglieds-Nr.: 9339



Sagen wir es so:
Wenn es nie eine Anordnung gab, ist ein Verkehrszeichen zweifelsfrei nichtig. Denn in diesem Fall haftet ihm nicht nur ein Mangel an; vielmehr gibt es gar keine wirksame hoheitliche Regelung. Gleichfalls ist schließlich ein Verkehrszeichen, dass ich persönlich an die Straße stelle, nichtig und ein Verstoß nicht ahndbar. (Ich meine, das sei auch so gängige Rechtsprechung, ohne auf die Schnelle Quellen nennen zu können).

Die Frage ist, wie der Fall zu behandeln ist, wenn es mal eine Anordnung gab, diese aber entfallen ist. Ich denke, hier kommt es auf den Einzelfall an.
- Wurde die Anordnung gem. § 48 VwVfG zurückgenommen, so kann dies auch mit Wirkung für die Vergangenheit geschehen. Hier tendiere ich am stärksten dazu, dass dann ein Verkehrszeichen nichtig ist.
- Schwieriger ist es beim Widerruf nach § 49 VwVfG,der nur ab Entscheidungszeitpunkt für die Zukunft gilt; hier gab es ja zumindes mal eine Anordnung. Vielleicht denke ich jetzt zu einfach, weil ich müde bin. Aber meiner Meinung nach ändert das nichts. Eine fehlende Anordnung ist nicht nur ein Rechtsmangel; vielmehr ist eine VZ- Regelung ohne Anordnung keine Regelung. think.gif

- Auf den ersten Blick habe ich noch daran gedacht, dass möglicherweise eine dritte Perspektive schlicht eine Aufhebungsanordnung wäre. Aber dann habe ich diesen Gedanken schnell wieder weggewischt: In der Anordung: "VZ XY wird entfernt" oder "Die durch VZ XY determinierte Regelung wird durch VZ YX ersetzt" ist gleichzeitig ein Widerruf der alten Anordnung nach § 49 VwVfG, sodass sich nichts anderes ergibt.

Im Ergebnis tendiere ich also auch bei der erloschenen Anordnung zur Nichtigkeit des VZ.

Und allgemeine Leistungsklage fänd ich dann auch gar nicht so verkehrt, wenn man begehrt, das Verkehrszeichen abzuschrauben.


--------------------
Proxima Estación: Esperanza.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
rapit
Beitrag 19.10.2011, 09:36
Beitrag #8


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 32745
Beigetreten: 26.12.2009
Mitglieds-Nr.: 52031



Zitat (durban @ 19.10.2011, 00:35) *
...Im Ergebnis tendiere ich also auch bei der erloschenen Anordnung zur Nichtigkeit des VZ. ...

think.gif Wirklich? Braucht es hier nicht erst einen Zugang? Und der wäre doch erst beim Abschrauben gegeben.
Denn von der Abschraubanordnung bekommen wir doch normalerweise gar nichts mit.

Von meinen speziellen Müllsacküberzieherlaubnissen mal abgesehen. Hier läuft es so, dass ich der Behörde (im Namen eines Autoclubs) falsche Zeichen mitteile, die Behörde teilt mir dann per Mail mit, wenn sie eine Demontageanordnung erlassen hat, und ich darf dann erstmal (pressewirksam) einen Müllsack überstülpen. Bei anderen, so nebenbei mitgeteilten VZ bleiben diese stehen, bis der Schildertrupp irgendwann kommt und demontiert, aber so lange sind die Schilder mE noch da und zu befolgen, auch wenn die (interne) Anordnung, sie bald zu entfernen, schon besteht, denn der VT weiß davon ja nichts.
(Man kann natürlich jetzt weitergrübeln, was mit mir ist, weil ich als einziger weiß, dass für diese weiteren Zeichen auch schon eine Demontageanordnung besteht).

Bin mal hochgespannt, wohin die Diskussion führt!


--------------------
Regelflecken, Abbiegetaschen, feindliches Grün, Idealfahrer, "faktische Fußgängerzonen", Kletterweichen, Bettelampeln, Lückenampeln, ... - es gibt Sachen, die gibt es nur im Straßenverkehr
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Mitleser
Beitrag 19.10.2011, 09:48
Beitrag #9


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 20363
Beigetreten: 16.10.2009
Mitglieds-Nr.: 50997



Zitat (rapit @ 19.10.2011, 10:36) *
Braucht es hier nicht erst einen Zugang?
Warum? Für die Wirksamkeit eines VA wird die Bekanntgabe explizit gefordert (§ 43 VwVfG). Beim Widerruf nur der Ruf, nicht jedoch eine Bekanntgabe (§ 49 VwVfG).

Das würde doch in der Praxis jenseits von Verkehrszeichen auch zu merkwürdigen Konstellationen führen. Eine Behörde widerruft einen VA, müsste dann jedoch nachhaken, ob der Widerruf dem Betroffenen wirklich zugegangen ist, weil der VA ansonsten uU weiter bestehen.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
rapit
Beitrag 19.10.2011, 10:37
Beitrag #10


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 32745
Beigetreten: 26.12.2009
Mitglieds-Nr.: 52031



das überzeugt mich noch nicht, weil es ja eigentlich keinen Widerruf im üblichen Sinne gibt. Sondern nur der Grund-VA wird geändert, bzw. es wird ein Verwaltungsakt oder sogar nur eine Verwaltungsanordnung ohne Außenwirkung getroffen, das Schild zu entfernen. Bis zur Entfernung wird durch das VZ aber weiterhin ständig ein Dauer-VA erlassen.

Hier übrigens mal ein an anderer Stelle bereits gezeigtes Beispiel, bei dem sich jetzt herausgestellt hat, dass (außer dem Blech unten, das ja gar kein Schild ist), auch obendrüber ein nichtiges VZ gegeben ist, weil dieses nie von der Behörde aufgestellt wurde:


Da wurde jemand privat tätig.


--------------------
Regelflecken, Abbiegetaschen, feindliches Grün, Idealfahrer, "faktische Fußgängerzonen", Kletterweichen, Bettelampeln, Lückenampeln, ... - es gibt Sachen, die gibt es nur im Straßenverkehr
Go to the top of the page
 
+Quote Post
durban
Beitrag 19.10.2011, 11:59
Beitrag #11


Mitglied
********

Gruppe: Globaler Moderator
Beiträge: 19621
Beigetreten: 17.04.2005
Mitglieds-Nr.: 9339



Heute morgen musste ich wieder an den Thread denken, und mir kam ebenfalls der Dauer- VA in den Sinn.
Jedoch erlässt ja nicht das "VZ selbst" den VA, sondern das VZ gibt quasi nur die Regelung der StVB wieder.

Ich muss gestehen, meine Unsicherheit resultiert vorallem daraus, dass ich gar nicht weiß, wie so eine Anordnung für ein Verkehrszeichen aussieht.
Wird damit bereits irgendeine Regelung über den Straßenabschnitt getroffen? Oder ist das nur der "Auftrag", ein VZ aufzustellen?

Die konkrete Außenregelung wird ja nur über das Verkehrszeichen getroffen, nicht über die Anordnung.
Gleichzeitig muss das VZ angeordnet sein, sonst ist es kein VA und nichtig.

Aber wie sieht eine "Aufhebungsanordnung" aus?


--------------------
Proxima Estación: Esperanza.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
granny
Beitrag 19.10.2011, 12:44
Beitrag #12


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 2790
Beigetreten: 02.09.2005
Mitglieds-Nr.: 12606



Zitat (durban @ 19.10.2011, 12:59) *
Heute morgen musste ich wieder an den Thread denken, und mir kam ebenfalls der Dauer- VA in den Sinn.
Jedoch erlässt ja nicht das "VZ selbst" den VA, sondern das VZ gibt quasi nur die Regelung der StVB wieder.

So ist es. Das Problem ist, dass beim Wort "Anordnung" die Meisten irrtümlich an eine Anweisung denken, die der Verkehrsteilnehmer befolgen muss. Das ist aber nicht das, was die StVO unter dem Begriff "Anordnung" versteht, und das als "Dauerverwaltungsakt" im rechtlichen Sinne aufgefasst wird. Denn dabei handelt es sich letzten Endes nur um den für die rechtmäßige Aufstellung notwendigen Vorgang im Rathaus.

Streng genommen steht das, was die meisten irrtümlich für die verkehrsrechtliche "Anordnung" halten (also die entsprechende Verhaltensanweisung), auch gar nicht auf der Straße, sondern in der StVO. wavey.gif
Das kann man unschwer daran erkennen, dass stehende Verkehrszeichen nicht ohne Neuerlass ungültig werden können, wenn der Inhalt der zugehörigen Vorschrift in der StVO geändert wird, sondern einfach nur mit dem neuen Inhalt wirksam werden.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Mitleser
Beitrag 19.10.2011, 13:03
Beitrag #13


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 20363
Beigetreten: 16.10.2009
Mitglieds-Nr.: 50997



... und wenn man jetzt noch gedanklich die "verkehrsrechtliche" Anordnung ("auf dem Abschnitt gilt ab sofort nicht mehr zHg 30") von der "baulichen" Anordnung ("Bauhof, montiere zeitnah das Schild an der Stelle ab") trennt, dann ist man auf einem guten Weg. whistling.gif
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Schattenfell
Beitrag 19.10.2011, 21:38
Beitrag #14


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 3444
Beigetreten: 30.11.2009
Mitglieds-Nr.: 51688



Tja, das Thema scheint ja wirklich nicht so einfach zu sein think.gif Das sind halt die lieben Sorgen eines Fahrradfahrers, mutmaßlich wäre ein überflüssiges Zeichen 274 schneller verschwunden.

Auch wenn ich nicht vorhabe, selbst zum Schraubendreher zu greifen — was würde denn passieren, wenn ich ein Verkehrsschild abmontiere, das nach Meinung der Behörde überhaupt nicht existent ist? think.gif
Go to the top of the page
 
+Quote Post
granny
Beitrag 19.10.2011, 21:44
Beitrag #15


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 2790
Beigetreten: 02.09.2005
Mitglieds-Nr.: 12606



Zitat (Schattenfell @ 19.10.2011, 22:38) *
Auch wenn ich nicht vorhabe, selbst zum Schraubendreher zu greifen — was würde denn passieren, wenn ich ein Verkehrsschild abmontiere, das nach Meinung der Behörde überhaupt nicht existent ist? think.gif

Kommt drauf an: Bei Z.274 - nichts. Bei Z.237 ff. ruft aber vermutlich spätestens am folgenden Tag ein Dutzend Bürger bei der StVB an, und erkundigt sich empört, warum sie jetzt auf der Straße [tm] fahren müssten. thread.gif
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Schattenfell
Beitrag 19.10.2011, 21:48
Beitrag #16


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 3444
Beigetreten: 30.11.2009
Mitglieds-Nr.: 51688



Zitat (granny @ 19.10.2011, 22:44) *
Bei Z.237 ff. ruft aber vermutlich spätestens am folgenden Tag ein Dutzend Bürger bei der StVB an, und erkundigt sich empört, warum sie jetzt auf der Straße [tm] fahren müssten. thread.gif


Ich möchte bezweifeln, dass in meiner Heimat tatsächlich ein Dutzend Bürgern wüssten, was Zeichen 237 ff. für Radfahrer bedeuten und das man ohne Lollie unter Umständen nicht mehr auf diesem Wege fahren darf thread.gif
Go to the top of the page
 
+Quote Post
rapit
Beitrag 20.10.2011, 10:02
Beitrag #17


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 32745
Beigetreten: 26.12.2009
Mitglieds-Nr.: 52031



@Schattenfell: selbst abmontieren wäre auf jeden Fall eine Sachbeschädigung, also verboten.
Gut, dass Du das nicht vorhast.

Zurück zur theoretischen Frage, wann eine Anordnung aufgehoben wird.
Je mehr ich über das Problem nachdenke, desto mehr meine ich, dass die Anweisung an den Schildertrupp, zu demontieren, noch gar kein VA ist.
Diese Anweisung hat nämlich keinerlei Außenwirkung.
Es ist eine rein interne Anordnung, ohne VA-Qualität.

Damit wird erst die eigentliche Demontage des Schildes zur Aufhebung des Dauer-Verwaltungsaktes. Die Demontagehandlung selbst wird somit quasi zur Aufhebung der Anordnung.

Ich glaube, so genau wie hier im Forum hat sich darüber noch keiner Gedanken gemacht, oder?

Mangels Außenwirkung, folglich mangels Verwaltungsaktqualifizierung, ist die Idee der SVB, ein Schild wegzunehmen, für den Autofahrer noch gar nichts.
Damit wird das Schild auch zu keiner Zeit unwirksam.
Anders der Fall, in welchen das Schild, unzulässig, von Privat aufgestellt wurde.

Zu denken ist ja auch an die Fälle umgefahrener Schilder.
Nehmen wir mal an, es stünde noch ein altes 274er mit km-Angabe herum. Die sind ja definitiv ungültig.
Jetzt fährt einer das Schi... Blech um.
Daraufhin kommt der Schildertrupp und stellt ein neues 274er auf.
Eine Anordnung gibt es für dieses Tun nicht.
Es gab mal irgendwann eine, für ein altes km-Zeichen, das war anno-tubak.
Nichtsdestotrotz ist ab sofort eine wirksame Geschwindigkeitsbeschränkung vorhanden.

Wir bräuchten ja ansonsten bei Annahme, alle alten Zeichen seien (anders als Ramses' Meinung) ungültig, überall neue Anordnungen.


--------------------
Regelflecken, Abbiegetaschen, feindliches Grün, Idealfahrer, "faktische Fußgängerzonen", Kletterweichen, Bettelampeln, Lückenampeln, ... - es gibt Sachen, die gibt es nur im Straßenverkehr
Go to the top of the page
 
+Quote Post
fahrtenbuchführer
Beitrag 20.10.2011, 10:18
Beitrag #18


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 2044
Beigetreten: 21.01.2011
Mitglieds-Nr.: 57349



Zitat (rapit @ 20.10.2011, 11:02) *
@Schattenfell: selbst abmontieren wäre auf jeden Fall eine Sachbeschädigung, also verboten.
Gut, dass Du das nicht vorhast.


Welche Konstellation einer Sachbeschädigung nimmst du hier an? think.gif


--------------------
In dubio pro reo
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Mitleser
Beitrag 20.10.2011, 10:27
Beitrag #19


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 20363
Beigetreten: 16.10.2009
Mitglieds-Nr.: 50997



@rapit:

Trennen wir doch mal die Neubeschilderung/Neubeschränkung von der Entschilderung/Entschränkung.

Neubeschilderung/Neubeschränkung:
Hier erlässt die StVB auf dem Papier eine Beschränkung ("ab sofort Tempo 30 im Bereich xy"). Erst durch Aufstellung der Vz wird dies der Allgemeinheit bekanntgegeben. Erst jetzt wirksam. (VA - § 43 VwVfG)
Die interne Anweisung an den Bauhof zur Montage ist kein VA, da keine Außenwirkung.
Ebenso ist das Aufstellen durch den Bauhof kein VA, da unzuständige Behörde (wenn überhaupt eine Behörde aufstellt).

Entschilderung/Entschränkung:
Fraglich ist, ob die Aufhebung einer Beschränkung ("ab sofort nicht mehr Tempo 30 im Bereich xy, sondern allgemeine Geschwindigkeitsregel") ein eigenständiger VA ist oder nicht. Ich plädiere nicht auf eigenen VA, sondern auf Widerruf des alten VA (§ 49 VwVfG). Der Widerruf muss jedoch nicht bekanntgegeben werden, es genügt die Papierentscheidung der StVB. Ab dieser Papierentscheidung liegt keine wirksame Beschränkung mehr vor, es kommt nicht auf die Demontage an.
Die interne Anweisung an den Bauhof zur Demontage ist kein VA, da keine Außenwirkung.
Ebenso ist die Demontage durch den Bauhof kein VA, da unzuständige Behörde (wenn überhaupt eine Behörde aufstellt).
Go to the top of the page
 
+Quote Post
fahrtenbuchführer
Beitrag 20.10.2011, 10:34
Beitrag #20


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 2044
Beigetreten: 21.01.2011
Mitglieds-Nr.: 57349



Diese Splittung erscheint sinnig.

Möchte ich ein Verkehrsschild, für das eine Anordnung besteht, beseitigt haben wäre die Verpflichtungsklage auf Rücknahme des VA die entsprechende Klageart.

Im vorliegenden Fall wird dann eine rein tatsächliche Handlung begehrt, so dass die Leistungsklage einschlägig wär.
D.h. ein Vorverfahren wäre nicht nötig, wenngleich ich einen solchen "Widerspruch" an die Behörde zuvor nochmals abschicken würde, evtl. mit Fristsetzung und Androhung der Klage.


--------------------
In dubio pro reo
Go to the top of the page
 
+Quote Post
rapit
Beitrag 20.10.2011, 10:37
Beitrag #21


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 32745
Beigetreten: 26.12.2009
Mitglieds-Nr.: 52031



Zitat (Mitleser @ 20.10.2011, 11:27) *
Ebenso ist die Demontage durch den Bauhof kein VA, da unzuständige Behörde (wenn überhaupt eine Behörde aufstellt).

Na ja, der Bauhof (Tiefbauamt), handelt ja für die SVB, insofern kann dessen Handlung schon VA-Qualität haben.

Ansonsten liest sich der Widerrufsaspekt auch gut.
Nur, dass es in den mir bekannten Entscheidungen, Schilder wegzunehmen, niemals ein "ab sofort" gab.
Von daher bleibe ich bei der Meinung, dass die SVB das jeweilige Schild ganz bewusst noch ein Weilchen stehen lässt und auch seine Gültigkeit will, bis zum Demontagezeitpunkt.
Dann würde ein zuvor vorbereiteter Verwaltungsakt durch Realakt mit Vollzug wirksam.


--------------------
Regelflecken, Abbiegetaschen, feindliches Grün, Idealfahrer, "faktische Fußgängerzonen", Kletterweichen, Bettelampeln, Lückenampeln, ... - es gibt Sachen, die gibt es nur im Straßenverkehr
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Mitleser
Beitrag 20.10.2011, 10:52
Beitrag #22


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 20363
Beigetreten: 16.10.2009
Mitglieds-Nr.: 50997



Eine gewollte Weitergeltung bis zur Demontage ("VA -also die Beschränkung- wird mit Wirkung ab Demontage durch xy widerrufen.") wäre mMn rechtswidrig. Denn damit würde sich die zuständige Behörde von der nicht steuerbaren Handlung eines Dritten abhängig machen und dieser unzuständige Dritter könnte über einen Widerrufszeitpunkt bestimmen.
Auch bei der Beschränkung wird der VA durch die StVB unmittelbar erlassen und lediglich erst mit der Aufstellung wirksam - die StVB gibt keine Kompetenz ab. Ich sehe keinen Grund, warum beim Widerruf eine solche Kompetenzverlagerung geboten sein sollte.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
rapit
Beitrag 20.10.2011, 12:22
Beitrag #23


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 32745
Beigetreten: 26.12.2009
Mitglieds-Nr.: 52031



Zitat (Mitleser @ 20.10.2011, 11:52) *
Eine gewollte Weitergeltung bis zur Demontage (...) wäre mMn rechtswidrig.

Wieso denn?

Zitat (Mitleser @ 20.10.2011, 11:52) *
...würde sich die zuständige Behörde von der nicht steuerbaren Handlung eines Dritten ...

Steuerbar schon, der Schildertrupp ist ja weisungsgebunden.

Zitat (Mitleser @ 20.10.2011, 11:52) *
...dieser unzuständige Dritter könnte über einen Widerrufszeitpunkt bestimmen.

Haben wir das in anderen Fällen nicht auch?
z.B. bei Baustellenbeschilderungen.
Es weiß doch niemand, wann die Baustelle fertig wird und abgebaut wird.

Ich sehe da eigentlich kein Problem.


--------------------
Regelflecken, Abbiegetaschen, feindliches Grün, Idealfahrer, "faktische Fußgängerzonen", Kletterweichen, Bettelampeln, Lückenampeln, ... - es gibt Sachen, die gibt es nur im Straßenverkehr
Go to the top of the page
 
+Quote Post
durban
Beitrag 20.10.2011, 12:45
Beitrag #24


Mitglied
********

Gruppe: Globaler Moderator
Beiträge: 19621
Beigetreten: 17.04.2005
Mitglieds-Nr.: 9339



Nur nebenbei: Auch ein VA, der von einer unzuständigen Behörde erlassen wird, ist (bis auf Extremfälle), wirksam.

Die Frage konzentriert sich letztendlich auf die dogmatische Natur von Verkehrszeichen, genauer: Deren Beziehung zur verkehrsrechtlichen Anordnung. Und dies ist eine Frage, über die von Verwaltungsrechtlern seit Jahrzehnten diskutiert wird.
Zwar hat man sich inzwischen drarauf geeinigt, dass ein VZ ein VA in Form einer Allgemeinverfügung ist, aber das ist eine Verlegenheitslösung. Denn selbst, wenn man damit quasi mehr oder weniger einen vernünftigen Konsens erzielt hat, merkt man beim näheren Hinsehen, dass sich das VZ einfach mit den verwaltungsrechtlichen Kategorien nicht verträgt.
Das VZ als Allgemeinverfügung ist daher im Endeffekt vielleicht sachgerecht, aber über einzelne Probleme findet man keine befriedigenden Lösungen, und wenn nur mit Hilfskonstruktionen (siehe zum Beispiel die aufschiebende Wirkung eines Widerspruches gegen ein VZ).

Und dies führt hier ebenfalls zu Problemen: Betrachtet man das VZ selbst als VA, so setzt dieses, solange es steht, von sich aus Recht, sobald es wirksam "erlassen" wurde. Dies ist bei fehlender verkehrsrechtlicher Anordnung wohl nicht der Fall.
Wenn ich aber so darüber nachdenke, muss habe ich Zweifel an meiner obigen Darstellung: Ein VA ist Einzelfallrechtsetzung. Und sobald der VA wirksam ist, ersetzt er allgemeinere Rechtssetzungen und wirkt von sich aus.
Erlischt die verkehrsrechtliche Anordnung, so wirkt dennoch das VZ aus sich selbst heraus, bis die Behörde selbst nicht nur die verkehrsrechtliche Anordnung, sondern auch das Verkehrszeichen widerruft- und dies tut sie, in dem sie es abschraubt.

Sieht man das Verkehrszeichen nicht als Verwaltungsakt (sondern bspw. "nur" als Bekanntgabe der verkehrsrechtlichen Anordnung), was aber heute wohl absolute Mindermeinung ist, so wäre das Verkehrszeichen ständig vom Vorliegen einer verkehrsrechtlichen Anordnung abhängig. Erlischt diese, gibt es keinen VA, den das VZ bekanntgibt.
@Mitleser: Wenn ich das richtig sehe, siehst Du das in Deinem letzten Beitrag auch so, oder?
Mir ist diese Ansicht (keine Regelung ohne aktuelle verkehrsrechtliche Anordnung) sympathischer, aber wenn ein Verkehrszeichen selbst ein VA ist, gelangt man zu Begründungsschwierigkeiten.


Darin, dass die anordnende Behörde die VZ durch einen anderen montieren und demontieren lässt, sehe ich keine Kompetenzverlagerung an Dritte, da das Handeln beider Stellen demselben Verwaltungsträger zugerechnet wird (auch die anordnende Behörde handelt ja nicht für sich selbst).
Ein VA wird in vielen Fällen nicht durch die (unselbstständige) Verwaltungsstelle vollzogen, die den VA erlässt. Nicht zuletzt ist das Wirksamwerden oft von der Post abhängig, die nun tatsächlich nicht im unmittelbaren Machtbereich der Behörde liegt.


--------------------
Proxima Estación: Esperanza.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Mitleser
Beitrag 20.10.2011, 13:30
Beitrag #25


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 20363
Beigetreten: 16.10.2009
Mitglieds-Nr.: 50997



Zitat (durban @ 20.10.2011, 13:45) *
Nur nebenbei: Auch ein VA, der von einer unzuständigen Behörde erlassen wird, ist (bis auf Extremfälle), wirksam.
Diese Ansicht überascht mich, denn: "Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig, ... den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein;" (§ 44 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG)

Zitat (durban @ 20.10.2011, 13:45) *
Sieht man das Verkehrszeichen nicht als Verwaltungsakt (sondern bspw. "nur" als Bekanntgabe der verkehrsrechtlichen Anordnung), was aber heute wohl absolute Mindermeinung ist, so wäre das Verkehrszeichen ständig vom Vorliegen einer verkehrsrechtlichen Anordnung abhängig. Erlischt diese, gibt es keinen VA, den das VZ bekanntgibt.
@Mitleser: Wenn ich das richtig sehe, siehst Du das in Deinem letzten Beitrag auch so, oder?
yes.gif

Zitat (durban @ 20.10.2011, 13:45) *
Darin, dass die anordnende Behörde die VZ durch einen anderen montieren und demontieren lässt, sehe ich keine Kompetenzverlagerung an Dritte, da das Handeln beider Stellen demselben Verwaltungsträger zugerechnet wird (auch die anordnende Behörde handelt ja nicht für sich selbst).
Ein VA wird in vielen Fällen nicht durch die (unselbstständige) Verwaltungsstelle vollzogen, die den VA erlässt. Nicht zuletzt ist das Wirksamwerden oft von der Post abhängig, die nun tatsächlich nicht im unmittelbaren Machtbereich der Behörde liegt.
Wenn mit der (De)montage keine Behörde, sondern zBsp ein privates Gartenbauunternehmen beauftragt wird, wird es mMn grenzwertig. Wenn das Vz selbst ein VA ist, dann würde die Privatfirma nicht nur zur Bekanntgabe beitragen, sondern einen VA erlassen/aufheben.

Auch der Zeitpunkt würde vollkommen von der Privatfirma bestimmt werden und nicht von der/den zuständigen Behörde(n).
Bei Wirksamwerden eines neues VA ist dies vom Gesetzgeber ausdrücklich so vorgesehen worden, indem er auf die Bekanngabe abstellt. Und die Bekanntgabe kann die Behörde nicht immer steuern (Postweg).
Beim Widerruf ist eine solche zeitliche Unbestimmtheit nicht vorgesehen. Der alte VA wird entweder ab Widerruf unwirksam oder ab dem von der Behörde bestimmten Zeitpunkt (§ 49 Abs. 4 VwVfG). Das Gartenbauunternehmen, welches idR keine minutengenauen Demontagevorgabe haben wird, ist jedoch nicht die Widerrufbehörde. Der exakte Zeitpunkt des Widerrufs würde daher von einem unzulässigen Dritten abhängen, die Behörde könnte ihn nicht hinreichend bestimmen.


Ja, das Wesen von Vz ist in diesem Punkt unklar und seit Jahren umstritten. Siehe auch die erst kürzlich erfolgten Konkretisierungen des BVerwG zur Anfechtungsfrist. crybaby.gif
Go to the top of the page
 
+Quote Post
durban
Beitrag 20.10.2011, 14:03
Beitrag #26


Mitglied
********

Gruppe: Globaler Moderator
Beiträge: 19621
Beigetreten: 17.04.2005
Mitglieds-Nr.: 9339



Hervorhebung durch mich:

Zitat (Mitleser @ 20.10.2011, 13:30) *
Zitat (durban @ 20.10.2011, 13:45) *
Nur nebenbei: Auch ein VA, der von einer unzuständigen Behörde erlassen wird, ist (bis auf Extremfälle), wirksam.
Diese Ansicht überascht mich, denn: "Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig, ... den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein;" (§ 44 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG)


Richtig, somit betrifft die Nichtigkeit nur Verwaltungsakte, die außerhalb der örtlichen Zuständigkeit und bezüglich unbeweglichen Verbögens oder ortsbezogenen Rechten ergehen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG) (Beispiel: Baugenehmigung durch eine Behörde in Hessen bezüglich eines Grundstückes in Bayern). Im Umkehrschluss: In anderen Fällen führt ein Zuständigkeitsmangel nicht zur Nichtigkeit. wavey.gif

Zitat (Mitleser @ 20.10.2011, 13:30) *
Ja, das Wesen von Vz ist in diesem Punkt unklar und seit Jahren umstritten. Siehe auch die erst kürzlich erfolgten Konkretisierungen des BVerwG zur Anfechtungsfrist. crybaby.gif


Wobei meiner Ansicht nach der Streit überholt ist, und man hat sich der Praxis wegen "für VA" entschieden, wofür ja auch viele praktische Deinge sprechen (z.B. direkte Widerspruchs- und Anfechtungsmöglichkeit). Nur beim genaueren Hinsehen bleibt eben so ein Grummeln im Bauch, wenn es um Spitzfindigkeiten wie Aufschiebende Wirkung, Widerspruchs-/ Klagefrist, berechtigtes Interesse und Klagebefugnis usw. geht.


--------------------
Proxima Estación: Esperanza.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
granny
Beitrag 20.10.2011, 14:04
Beitrag #27


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 2790
Beigetreten: 02.09.2005
Mitglieds-Nr.: 12606



Zitat (Mitleser @ 20.10.2011, 14:30) *
Zitat (durban @ 20.10.2011, 13:45) *
Nur nebenbei: Auch ein VA, der von einer unzuständigen Behörde erlassen wird, ist (bis auf Extremfälle), wirksam.
Diese Ansicht überascht mich, denn: "Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig, ... den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein;" (§ 44 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG)

think.gif Ist die eigentliche Autorität hinter dem VA nicht der Vorsitzende der lokal zuständigen Behörde, also z.B. der Oberbürgermeister, der seine StVO-Aufgaben aber stellvertretend an eine Handvoll Beamte delegiert hat?
§44 VwVfG schließt also zunächst mal nur aus, dass ein Ministerialdirigent einfach so lokal ein Verkehrszeichen anordnen kann. Bzgl. der "Unzuständigkeit" innerhalb einer Behörde käme es IMO darauf an, inwieweit der jeweilige Dorfschulze bereit ist, eigenmächtige Handlungen anderer als der benannten Mitglieder innerhalb seines Behördenapparates ggf. zu widerrufen oder anzuerkennen.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Mitleser
Beitrag 20.10.2011, 14:11
Beitrag #28


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 20363
Beigetreten: 16.10.2009
Mitglieds-Nr.: 50997



Zitat (durban @ 20.10.2011, 15:03) *
Richtig, somit betrifft die Nichtigkeit nur Verwaltungsakte, die außerhalb der örtlichen Zuständigkeit und bezüglich unbeweglichen Verbögens oder ortsbezogenen Rechten ergehen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG) (Beispiel: Baugenehmigung durch eine Behörde in Hessen bezüglich eines Grundstückes in Bayern). Im Umkehrschluss: In anderen Fällen führt ein Zuständigkeitsmangel nicht zur Nichtigkeit. wavey.gif

Stimmt. Man sollte nicht nur Lesen/Zitieren, sondern auch denken. blushing.gif

Tausche § 44 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG gegen Abs. 1. Denn es ist offensichtlich, dass zBsp das Finanzamt keine Vz anordnen darf.

Nochmals blushing.gif
Go to the top of the page
 
+Quote Post
durban
Beitrag 20.10.2011, 14:14
Beitrag #29


Mitglied
********

Gruppe: Globaler Moderator
Beiträge: 19621
Beigetreten: 17.04.2005
Mitglieds-Nr.: 9339



Deshalb meine ich ja "Extremfälle" der Unzuständigkeit (dazu gibt es auch Rechtsprechung).
Wenn aber beispielsweise eine sachlich unzuständige Stelle innerhalb der StVB ein VZ anordnen würde, wäre das aber vermutlich kein Nichtigkeitsgrund. wavey.gif


--------------------
Proxima Estación: Esperanza.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Mitleser
Beitrag 20.10.2011, 14:15
Beitrag #30


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 20363
Beigetreten: 16.10.2009
Mitglieds-Nr.: 50997



Zustimmung cheers.gif
Go to the top of the page
 
+Quote Post
reChtHabEr
Beitrag 12.09.2013, 19:38
Beitrag #31


Neuling
*

Gruppe: Members
Beiträge: 18
Beigetreten: 12.09.2013
Mitglieds-Nr.: 69910



Ich hole diesen höchst interessanten Faden noch mal hoch; er hat mir ziemlich weitergeholfen bei meinen Überlegungen.

Mein praktischer Anlass, genauer nachzudenken:
Es gibt hier in Berlin trotz eigentlich insoweit ganz aufgeschlossener Behörde noch reichlich rechtswidrige Radwegbenutzungspflichten. Das Hauptproblem: Die Behörde ist offenbar völlig unzureichend besetzt und sieht kein Land. Deshalb dauerts zum Teil Jahre, bis überhaupt mal eine Entscheidung ergeht und dann noch mal mindestens Monate, oft auch noch mal Jahr, bis tatsächlich die Beschilderung gerändert wird.

Ich hatte an zwei Stellen, die mir wichtig sind, die Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht beantragt. Als da jenseits der Untätigkeitsklagenfrist nichts passierte, habe ich Klage erhoben. Weitere rund sechs Monate später erwiderte die Behörde. Sie habe die Radwegbenutzungspflicht aufgehoben und die Entfernung der Schilder angeordnet. Allerdings müssten jeweils noch Ampelschaltungen geändert werden, und könne es noch etwas dauern, bis die Schilder weg kommen. Immerhin: Ein einziges Radwegschild ist aus Sicht der Behörde ampelunabhängig und ist inzwischen - auch schon wieder fünf Monate nach der Anordnung - tatsächlich abmontiert.

Insoweit ist klar, was passieren muss: Ich habe das Verfahren für erledigt erklärt.

Die Behörde beantragt Klagabweisung. Warum genau, wird nicht so ganz klar. Einerseits hat sie entschieden, die Radwegbenutzungspflicht aufzuheben und scheint der Meinung zu sein, ihre von mir verlangte Verpflichtung erfüllt zu haben. Andererseits besteht sie darauf, die Schilder erst abzuschrauben, wenn die Ampelschaltungen geändert sind.

Jetzt habe ich folgende Möglichkeiten:
1. Ich erkläre das Verfahren insgesamt für erledigt.
Das schadet ganz bestimmt nichts, ist wegen der Kosten eine sichere Sache. Nachteil: Die Behörde hat keinen Druck mehr, und ich kann selbst dann nichts vollstrecken, wenn dann doch irgendwann noch mal das Gericht Zeit hat zu verhandeln und zu urteilen.

2. Ich beantrage nur noch die Demontage der Schilder, stelle es die Klage also auf Leistung um.
Dafür spricht: Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Behörde schon zur Leistung Schild abbauen verurteilt, nach dem die Radwegbenutzungspflicht aufgehoben war & die Schilder trotzdem hängen blieben. Dagegen spricht: Wie soll die Behörde sich berechtigt fühlen, die Schilder noch stehen zu lassen, bis die Ampeln geändert sind, wenn die Radwegbenutzungspflicht doch schon aufgehoben sind.

3. Ich bleibe (soweit die Schilder noch stehen) dabei, die Verpflichtung der Behörde zur Aufhebung zu beantragen.
Das will mir - auch nach Lektüre Eurer ganzen Beiträge oben - richtig scheinen. Wenn ich die Verkehrszeichen konsequent als Bekanntgabe der straßenverkehrsrechtlichen Anordnung verstehe, passt (fast) alles sehr schön zusammen, finde ich. Danach sind die Radwegbenutzungspflichten erst aufgehoben, wenn die Behörde dies durch Entfernen der Schilder bekanntgegeben hat. Nichtig sind Schilder nur, wenn es gar keine verkehrsrechtliche Anordnung gibt, die sie bekanntgeben. Wenn es denn einmal eine verkehrsrechtliche Anordnung gibt, die durch Schild bekanntgegeben ist, ist die Aufhebung erst dann erfolgt, wenn sie durch Entfernung des Schildes bekanntgegeben ist. Schwierigkeiten machen nur eigentlich nur erfolgreiche Anfechtungsklagen, bei denen die Radwegbenutzungspflicht durchs Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben wird. Das ist dann noch die einzige Konstellation (jenseits von Schilderklau u. ä.), bei der verkehrsrechtliche Regelung und Beschilderung auseinanderfallen können.

Und jetzt warte ich mal ab, ob da nicht doch noch Argumente kommen, die das doch wieder als falsch erscheinen lassen....

Zitat (Mitleser @ 19.10.2011, 10:48) *
Für die Wirksamkeit eines VA wird die Bekanntgabe explizit gefordert (§ 43 VwVfG). Beim Widerruf nur der Ruf, nicht jedoch eine Bekanntgabe (§ 49 VwVfG).


Das ist nur richtig, wenn nicht die Widerruf selbst auch ein Verwaltunsakt ist, der gem. § 43 VwVfG erst mit Bekanntgabe wirksam wird. Hinzukommt: Nach inzwischen wohl herrschender Auffassung werden Verkehrszeichen genau wie angeordnet auch wieder aufgehoben: Nach § 45 I 1 StVO. §§ 48 , 49 VwVfG sind subsidiär.


Zitat (rapit @ 20.10.2011, 11:02) *
Damit wird erst die eigentliche Demontage des Schildes zur Aufhebung des Dauer-Verwaltungsaktes. Die Demontagehandlung selbst wird somit quasi zur Aufhebung der Anordnung.


Das ist so schräg, finde ich. Aber wenn Du die (De-)Montage jeweils als Bekanntgabe der entsprechenden verkehrsrechtlichen Regelung durch die Behörde verstehst, passt es doch prima.

Zitat (rapit @ 20.10.2011, 11:02) *
Nehmen wir mal an, es stünde noch ein altes 274er mit km-Angabe herum. Die sind ja definitiv ungültig.
Jetzt fährt einer das Schi... Blech um.
Daraufhin kommt der Schildertrupp und stellt ein neues 274er auf.
Eine Anordnung gibt es für dieses Tun nicht.
Es gab mal irgendwann eine, für ein altes km-Zeichen, das war anno-tubak.
Nichtsdestotrotz ist ab sofort eine wirksame Geschwindigkeitsbeschränkung vorhanden.


Ja, soweit die Aufstellung sich als (neue) Bekanntgabe der uralten verkehrsrechtlichen Regelung darstellt.


Go to the top of the page
 
+Quote Post
Mitleser
Beitrag 12.09.2013, 21:05
Beitrag #32


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 20363
Beigetreten: 16.10.2009
Mitglieds-Nr.: 50997



Zitat (reChtHabEr @ 12.09.2013, 20:38) *
Zitat (Mitleser @ 19.10.2011, 10:48) *
Für die Wirksamkeit eines VA wird die Bekanntgabe explizit gefordert (§ 43 VwVfG). Beim Widerruf nur der Ruf, nicht jedoch eine Bekanntgabe (§ 49 VwVfG).

Das ist nur richtig, wenn nicht die Widerruf selbst auch ein Verwaltunsakt ist, der gem. § 43 VwVfG erst mit Bekanntgabe wirksam wird.
Wieso sollte der Widerruf ein Verwaltungsakt sein? Welche Regelung, ... sollte die Aufhebung einer Regelung sein? (siehe § 35 VwVfG)

Zitat (reChtHabEr @ 12.09.2013, 20:38) *
Hinzukommt: Nach inzwischen wohl herrschender Auffassung werden Verkehrszeichen genau wie angeordnet auch wieder aufgehoben: Nach § 45 I 1 StVO. §§ 48 , 49 VwVfG sind subsidiär.
Woher nimmst Du die hM? Und wie passt das Normalzustand wieder erlauben zum beschränken oder verbieten des § 45 I 1 StVO? Wieso sollte die StVO überhaupt über und nicht neben dem VwVfG stehen?
Go to the top of the page
 
+Quote Post
wernecmn
Beitrag 12.09.2013, 21:10
Beitrag #33


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 1093
Beigetreten: 01.04.2011
Wohnort: Gemeinde bei Erlangen
Mitglieds-Nr.: 58684



Zitat (reChtHabEr @ 12.09.2013, 20:38) *
2. Ich beantrage nur noch die Demontage der Schilder, stelle es die Klage also auf Leistung um.
Dafür spricht: Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Behörde schon zur Leistung Schild abbauen verurteilt, nach dem die Radwegbenutzungspflicht aufgehoben war & die Schilder trotzdem hängen blieben. Dagegen spricht: Wie soll die Behörde sich berechtigt fühlen, die Schilder noch stehen zu lassen, bis die Ampeln geändert sind, wenn die Radwegbenutzungspflicht doch schon aufgehoben sind.

Hast Du von Anfang an vor Gericht die Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht und die Demontage der Zeichen beantragt? Dann könntest Du die Klage so wie sie ist einfach weiterlaufen lassen. Das Verwaltungsgericht wird nach meinem Kenntnisstand die Klage ggfs. selbst anpassen. Kostenmäßig ändert sich für Dich sowieso nichts. Du kannst ggfs. auch bei der Bürgerhotline des Gerichts anrufen.

Noch zu der hier diskutierten Grundsatzfrage: der Verkehrsteilnehmer muss sich an den aufgestellten amtlichen Verkehrszeichen orientieren. Ansonsten könnte z. B. die Aufhebung einer Vorfahrtsregelung in einer Tempo 30-Zone bis zum Abbau der gelb-weißen Raute unabsehbare Folgen haben. Andererseits halte ich ein Bußgeld für den Verstoß gegen eine aufgehobene Radwegbenutzungspflicht oder ein aufgehobenes Halteverbot nicht für opportun. Wir haben hier mehrere Verwaltungsakte, die eine Wechselwirkung haben.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
reChtHabEr
Beitrag 13.09.2013, 12:07
Beitrag #34


Neuling
*

Gruppe: Members
Beiträge: 18
Beigetreten: 12.09.2013
Mitglieds-Nr.: 69910



Zitat (wernecmn @ 12.09.2013, 22:10) *
Kostenmäßig ändert sich für Dich sowieso nichts.


Wenn die Behörde den Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts aus Sicht des Gerichts mit der Anordnung der Maßnahmen erfüllt hat, ist die Klage insoweit abzuweisen & habe ich dementsprechend auch Kosten zu tragen.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Ampelplaner
Beitrag 13.09.2013, 12:27
Beitrag #35


Mitglied
*****

Gruppe: Members
Beiträge: 260
Beigetreten: 16.06.2005
Wohnort: Oberbayern (Tschüssfreie Zone)
Mitglieds-Nr.: 10406



Zitat (reChtHabEr @ 12.09.2013, 19:38) *
Dagegen spricht: Wie soll die Behörde sich berechtigt fühlen, die Schilder noch stehen zu lassen, bis die Ampeln geändert sind, wenn die Radwegbenutzungspflicht doch schon aufgehoben sind.


Aller Wahrscheinlichkeit nach wurden die Radfahrer mit dem Fußgängersignal signalisiert oder hatten ein eigenes Signal.

An der "Ampel" müssen die Räum- und Einfahrzeiten in der sog. Zwischenzeitmatrix abgelegt werden.

Fahren plötzlich die Radfahrer mit dem Fahrzeugsignal, muss die Zwischenzeit neu berechnet werden, da die Radfahrer mit 4 m/s Räumgeschwindigkeit gerechnet werden, Fahrzeuge jedoch mit 10 m/s (manchmal auch 7 m/s wenn sie abbiegen).

Radfahrer benötigen für das Räumen also die zweieinhalbfache Zeit des motorisierten Individualverkehrs. Es bestünde also die Gefahr, dass ein berechtigt räumender Radfahrer von einem einfahrenden Fahrzeug noch auf der Kreuzung abgeschossen würde, wenn die Zwischenzeiten nicht entsprechend angepasst werden. Deshalb bleiben die Schilder bis zur Änderung der Lichtsignalanlage erst mal stehen...

Und wegen dieser zusätzlichen Räumzeiten haben wir Ampelplaner so viel Freude mit den Radfahrern auf der Fahrbahn, da die Zwischenzeiten ganz schön auf die gesamte Leistungsfähigkeit eines Knotens gehen können.


--------------------
Verkehr ist, wenn man trotzdem lebt. {Siegfried "Siggi" Sommer (1914-96), bay. Schriftsteller u. Journalist}
Go to the top of the page
 
+Quote Post
mir
Beitrag 13.09.2013, 13:18
Beitrag #36


Mitglied
********

Gruppe: Foren-Insider
Beiträge: 24692
Beigetreten: 05.03.2007
Wohnort: Erlangen
Mitglieds-Nr.: 29238



Das mag alles den Vorschriften entsprechen. Da aber Radfahrer sowieso die Fahrbahn benutzen dürfen, wenn der Radweg unbenutzbar wird (z.B. parkende Autos) und diese Umstände nicht ausgeschlossen werden können, müßte aber eigentlich eine Ampelanlage außerhalb von Kraftverkehrsstraßen sowieso auf Radfahrer ausgelegt sein.


--------------------
redonner sa grandeur à l'europe!
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Dlarah
Beitrag 13.09.2013, 17:45
Beitrag #37


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 2034
Beigetreten: 28.01.2007
Wohnort: Neu-Ulm
Mitglieds-Nr.: 27928



... und selbst einen Fußgänger mit überbreitem Bollerwagen und der Räumgeschwindigkeit eines umgekippten Eimers Sirup (oder ein Gehbehinderten-Elektromobil)darf der Querverkehr bei Grün nicht abschießen.


--------------------
Quid pro quo ... ernst gemeinte Beiträge zur Teilnahme am Straßenverkehr mit muskelkraftbetriebenen Fahrzeugen (you know what I mean) setzen voraus, dass erkennbar ernst gemeinte und aktiv durchgesetzte Anordnungen vorgefunden werden. Soll heißen: Wer Spaß sät, braucht sich über flapsige Äußerungen nicht zu wundern.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
wernecmn
Beitrag 13.09.2013, 18:26
Beitrag #38


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 1093
Beigetreten: 01.04.2011
Wohnort: Gemeinde bei Erlangen
Mitglieds-Nr.: 58684



Zitat (reChtHabEr @ 13.09.2013, 13:07) *
Wenn die Behörde den Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts aus Sicht des Gerichts mit der Anordnung der Maßnahmen erfüllt hat, ist die Klage insoweit abzuweisen & habe ich dementsprechend auch Kosten zu tragen.

Danke für den Hinweis!

Allerdings hast Du in der Hauptsache nicht den Erlass eines Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) sondern die Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht (Widerspruchsklage) beantragt. Ggfs. kannst Du auf Zeit spielen: lässt die Verpflichtungsklage zur Demontage stehen, Verhandlungstermin ist ja erst in ca. 6-8 Monaten. Bis dahin sollten die Ampeln umgestellt sein. Wenn das früher passiert, kannst Du die Klage immer noch komplett für erledigt erklären. Ich bin aber kein Anwalt!
Go to the top of the page
 
+Quote Post
durban
Beitrag 13.09.2013, 18:39
Beitrag #39


Mitglied
********

Gruppe: Globaler Moderator
Beiträge: 19621
Beigetreten: 17.04.2005
Mitglieds-Nr.: 9339



Zitat (Mitleser @ 12.09.2013, 21:05) *
Wieso sollte der Widerruf ein Verwaltungsakt sein? Welche Regelung, ... sollte die Aufhebung einer Regelung sein? (siehe § 35 VwVfG)


Wieso sollte der Widerruf kein VA sein? Die Behörde wird natürlich regelnd tätig, wenn sie einen VA zurücknimmt oder aufhebt, denn der Rechtszustand wird dadurch verändert.
Man kann ja beispielsweise auch den Widerruf einer Erlaubnis anfechten. wavey.gif

Meiner Meinung nach hat sich am Begehren nichts geändert, solange die VZ stehen. Dafür ist egal, ob das VZ selbst VA ist oder nur dessen Bekanntgabe, denn jedenfalls ist dann die Radwegbenutzungspflicht nicht wirksam aufgehoben worden.


--------------------
Proxima Estación: Esperanza.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
wernecmn
Beitrag 13.09.2013, 18:48
Beitrag #40


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 1093
Beigetreten: 01.04.2011
Wohnort: Gemeinde bei Erlangen
Mitglieds-Nr.: 58684



Im ersten Jahr nach der Kenntnisnahme der Verkehrsbeschränkung ist nur eine Widerspruchsklage möglich mit dem Ziel, die Verkehrsbeschränkung aufzuheben. (Außerdem beantragt man die Entfernung der Verkehrszeichen.)
Go to the top of the page
 
+Quote Post
erwin_a
Beitrag 13.09.2013, 20:58
Beitrag #41


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 4981
Beigetreten: 23.08.2013
Mitglieds-Nr.: 69716



Irgendwie fällt es mir schwer euch zu folgen. Ich hielt es bisher für hinreichend im Forum bekannt und völlig unstrittig, dass Verkehrszeichen ohne Anordnung nichtig, also unbeachtlich sind. Auf einen schwerwiegenden Mangel kommt es dann nicht mehr an. Zuständig für die Anordnung von Verkehrszeichen ist dabei die örtlich und sachlich zuständige Straßenverkehrsbehörde. Bei Baustellen werden die Verkehrszeichen in Absprache mit dem Straßenverkehrsamt auch von der zuständigen Straßenbaubehörde angeordnet.
Sind Verkehrszeichen rechtswidrig aufgestellt worden (bsw. entgegen den Vorgaben der VwV), so sind sie noch bis zu ihrer Beseitigung zu beachten. Angeordnete Verkehrszeichen können durch Klage angefochten werden. Nichtige VZ braucht man nicht wegklagen, weil ihnen kein Verwaltungsakt zugrunde liegt. P.S. Ich würd sie unbürokratisch heimlich abmontieren und in den Müll werfen. dry.gif
Go to the top of the page
 
+Quote Post
durban
Beitrag 13.09.2013, 21:38
Beitrag #42


Mitglied
********

Gruppe: Globaler Moderator
Beiträge: 19621
Beigetreten: 17.04.2005
Mitglieds-Nr.: 9339



Hier müssen wir jetzt die zeitliche Zäsur im Thread beachten.

Ursprünglich ging es abstrakt um die Frage, wie VZ ohne Anordnung zu behandeln sind.

Jetzt hat @rechthaber seinen konkreten Fall vorgestellt, in dem er bereits gegen VZ geklagt hat und die Behörde zwar schon angeblich die RWBP aufgehoben habe, die Schilder aber noch nicht entfernt.

@erwin, ich stimme Deinen Ausführungen zu, wobei nicht jeder Zuständigkeitsmangel bei VZ zur Nichtigkeit führt. Wenn ich aber morgen ein Haltverbotsschild vor meiner Tür aufstelle, ist es nichtig. Nichtige VZ muss man nicht wegklagen, weil sie unbeachtlich sind. Man kann aber zum einen durch Klage die Nichtigkeit feststellen lassen (weil z.B. die Vermutung besteht, dass die Nichtigkeit in Frage gestellt wird), und in der Rechtsprechung ist sogar anerkannt, dass man nichtige VA auch "anfechten" kann.


--------------------
Proxima Estación: Esperanza.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
erwin_a
Beitrag 13.09.2013, 22:03
Beitrag #43


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 4981
Beigetreten: 23.08.2013
Mitglieds-Nr.: 69716



Zitat (durban @ 13.09.2013, 22:38) *
Hier müssen wir jetzt die zeitliche Zäsur im Thread beachten.

Danke nochmal für den Hinweis. wavey.gif
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Mitleser
Beitrag 13.09.2013, 22:05
Beitrag #44


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 20363
Beigetreten: 16.10.2009
Mitglieds-Nr.: 50997



Zitat (durban @ 13.09.2013, 19:39) *
Zitat (Mitleser @ 12.09.2013, 21:05) *
Wieso sollte der Widerruf ein Verwaltungsakt sein? Welche Regelung, ... sollte die Aufhebung einer Regelung sein? (siehe § 35 VwVfG)

Wieso sollte der Widerruf kein VA sein? Die Behörde wird natürlich regelnd tätig, wenn sie einen VA zurücknimmt oder aufhebt, denn der Rechtszustand wird dadurch verändert.
Man kann ja beispielsweise auch den Widerruf einer Erlaubnis anfechten. wavey.gif
Ok, hast natürlich Recht.

Zitat (durban @ 13.09.2013, 19:39) *
Meiner Meinung nach hat sich am Begehren nichts geändert, solange die VZ stehen. Dafür ist egal, ob das VZ selbst VA ist oder nur dessen Bekanntgabe, denn jedenfalls ist dann die Radwegbenutzungspflicht nicht wirksam aufgehoben worden.
MMn macht es einen Unterschied. Wenn das Vz nur die Bekanntgabe ist [meine Ansicht], dann steht da nach Rücknahme der zugrunde liegenden Anordnung nur noch ein Blech in der Landschaft; aufgehobene Steuerbescheide werden auch nicht von Amts wegen verbrannt. Dementsprechend müsste auch die Klage angepasst werden.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
durban
Beitrag 13.09.2013, 22:57
Beitrag #45


Mitglied
********

Gruppe: Globaler Moderator
Beiträge: 19621
Beigetreten: 17.04.2005
Mitglieds-Nr.: 9339



Zitat (Mitleser @ 13.09.2013, 22:05) *
MMn macht es einen Unterschied. Wenn das Vz nur die Bekanntgabe ist [meine Ansicht], dann steht da nach Rücknahme der zugrunde liegenden Anordnung nur noch ein Blech in der Landschaft;


Hm. Wenn man das VZ als Bekanntgabe für eine verkehrsrechtliche Anordnung wäre, dann wäre die Entfernung des Verkehrszeichens doch ebenfalls die Bekanntgabe für die entsprechende Anordnung, oder? Auf welche Weise würde die Bekanntgabe sonst erfolgen?
In diesem Fall wäre aber die Aufhebung noch nicht bekanntgegeben und somit (noch) nicht wirksam. Die Anfechtung bliebe mMn statthaft.

Wie auch immer, im Fall von @rechthaber käme es schließlich auf die Auffassung des VG an. Wäre es der Meinung, die Klage sei unzulässig (geworden), müsste es darauf hinweisen und ggf. zur Klageumstellung auffordern.


--------------------
Proxima Estación: Esperanza.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
wernecmn
Beitrag 13.09.2013, 23:40
Beitrag #46


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 1093
Beigetreten: 01.04.2011
Wohnort: Gemeinde bei Erlangen
Mitglieds-Nr.: 58684



Zitat (durban @ 13.09.2013, 23:57) *
Auf welche Weise würde die Bekanntgabe sonst erfolgen?

Beispielsweise durch eine schriftliche Mitteilung der Behörde. Wenn mir die Behörde mitteilt, dass aufgrund meines Antrags die Vorfahrtstraße in der Tempo 30-Zone aufgehoben wurde, dann wurde mir dieser Verwaltungsakt bekanntgegeben. Gleichwohl muss ich die Vorfahrtsregelung weiterhin beachten, bis die Verkehrszeichen entfernt werden.

Im Ursprungsfall hat übrigens die Verkehrsbehörde nicht behauptet, es gäbe keine verkehrsrechtliche Anordnung. Sie ist lediglich im Behördenarchiv nicht mehr auffindbar. Gleichwohl würde ich hier die Behörde auffordern, die Verkehrszeichen zu entfernen, weil es an der verkehrsrechtlichen Anordnung gemäß § 45 StVO fehlt. Die Behörde muss diesen Antrag innerhalb von drei Monaten befürworten oder ablehnen.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
durban
Beitrag 14.09.2013, 11:57
Beitrag #47


Mitglied
********

Gruppe: Globaler Moderator
Beiträge: 19621
Beigetreten: 17.04.2005
Mitglieds-Nr.: 9339



Zitat (wernecmn @ 13.09.2013, 23:40) *
Zitat (durban @ 13.09.2013, 23:57) *
Auf welche Weise würde die Bekanntgabe sonst erfolgen?

Beispielsweise durch eine schriftliche Mitteilung der Behörde. Wenn mir die Behörde mitteilt, dass aufgrund meines Antrags die Vorfahrtstraße in der Tempo 30-Zone aufgehoben wurde, dann wurde mir dieser Verwaltungsakt bekanntgegeben. Gleichwohl muss ich die Vorfahrtsregelung weiterhin beachten, bis die Verkehrszeichen entfernt werden.


Das hat sie hier aber nicht getan- und das wäre auch rechtswidrig und vermutlich sogar unwirksam. Denn Verkehrsregelungen sind nach § 45 Abs. 4 StVO nur durch Verkehrszeichen zulässig. Eine anderweitige Bekanntgabe ist somit nicht möglich. § 45 Abs. 4 S StVO ist daher nach wohl vorherrschender Ansicht lex specialis zu § 41 VwVfG: Bekanntgabe einer Verkehrsregelung ist grundsätzlich nur durch VZ möglich. Ferner wäre es unzulässig, Verkehrsregelungen nur Einzelpersonen und nicht der Allgemeinheit i.S.d. § 35 S. 2 VwVfG bekanntzugeben.
Aber wenn man das mal außen vor lässt: Wenn Dir gegenüber die Aufhebung bekanntgegeben wurde, wieso müsstest Du denn dann das VZ noch beachten? Mit Bekanntgabe wird ein VA demjenigen, dem er bekannt geworden ist, wirksam. Deiner Ansicht zufolge wäre also die RWBP in dem Moment (für Dich) aufgehoben, in dem die Behörde es Dir mitteilt.
Die VZ wären dann unbeachtlich.
Aber nochmal zur Klarstellung: Das entspricht nicht meiner persönlichen Ansicht. Denn kann die Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht nur durch das Abschrauben der VZ erfolgen.

Wie gesagt, das ist aber auch nur theoretisch. Im Fall von @Rechthaber ist sowas ja nie passiert.


--------------------
Proxima Estación: Esperanza.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Mitleser
Beitrag 14.09.2013, 22:42
Beitrag #48


Mitglied
********

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 20363
Beigetreten: 16.10.2009
Mitglieds-Nr.: 50997



Ich sehe es teilweise wie @wernecmn. Die Bekanntgabe der Aufhebung erfolgt bereits durch die Mitteilung. [Den zweiten Abschnitt, dass man es dennoch beachten muss, kann ich theoretisch nicht nachvollziehen und daher auch nicht teilen.]
Ich sehe -weder in StVO noch VwVfG- nicht, dass eine Allgemeinverfügung nur dann wirksam wird, wenn sie wirklich der Allgemeinheit gegenüber bekanntgegeben wird. Sie wird mMn bereits dann gegenüber Einzelpersonen wirksam, wenn sie dieser bekanntgegeben wird. (Beispiel: Polizeieinsatz zur Räumung eines Platzes; es bedarf nicht zwingend einer Lautsprecherdurchsage, es kann auch jeder Anwesende einzeln angesprochen werden und er muss dann sofort reagieren.)

Die StVO schreibt zur Regelung die primäre Nutzung von Verkehrszeichen vor. Den Gedankengang, dass als Ausformung von "actus contrarius" auch die Nichtregelung ausschließlich per Vz bzw. dessen Entfernung bekanntgegeben wird, kann ich verstehen.
Aber ich schließe mich dem nicht an, da es mir die Anforderung zu hoch schraubt. Zum einen in der theoretischen Herleitung. Aber auch in der Praxis bringt es mir ein systemwidriges Ergebnis, wenn die Anordnungsbehörde bei der Aufhebung einer Beschränkung auf handelnde Dritte und deren Zeitabläufe angewiesen ist; während gleichzeitig auch der belastete Bürger nicht so schnell wie von der Behörde zugelassen entlastet wird.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Herrn Schorch
Beitrag 14.09.2013, 23:03
Beitrag #49


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 2706
Beigetreten: 30.12.2012
Mitglieds-Nr.: 66775



@ Mitleser:
Wie bewertest Du hinsichtlich Deiner ablehnenden Haltung die Regelung des § 45 Abs. 4 StVO?
Zitat
Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; ...

Hierbei insbesondere auch in Abgrenzung zum § 36 StVO.

Während dies bei Deinem Beispiel der Platzverweisung aufgrund der generellen Befugnisnormen nicht greift, so darf eben die StrVkBeh nach meinem Verständnis nur und ausschließlich durch Allgemeinverfügungen (die ihrem Sinngehalt nach mit einer entsprechenden Bekanntgabe verbunden sein müssen) tätig werden. Daher kann im Umkehrschluss auch die Aufhebung einer solchen Regelung nur auf diesem Wege erfolgen.

Die Abhängigkeit von Dritten besteht auch bei einem Abdruck im Amtsblatt oder einer Durchsage im Radio.


--------------------
"Also . . . ich find’s fies, dass Sie so auf Herrn Schorch herumhacken." (Uwe Wöllner, Quelle; Foto: Julia Zimmermann)
Go to the top of the page
 
+Quote Post
wernecmn
Beitrag 14.09.2013, 23:11
Beitrag #50


Mitglied
*******

Gruppe: Members 1000+
Beiträge: 1093
Beigetreten: 01.04.2011
Wohnort: Gemeinde bei Erlangen
Mitglieds-Nr.: 58684



Verkehrsbeschränkungen (Art. 2 GG) und Verkehrszeichen haben eine spannungsvolle Wechselwirkung. Es kommt immer auf den Kontext an, in dem man sich bewegt. Bitte versteht meine oben geäußerten Gedanken daher nicht als dogmatische Aussage.
Go to the top of the page
 
+Quote Post

4 Seiten V   1 2 3 > » 
Reply to this topicStart new topic
1 Besucher lesen dieses Thema (Gäste: 1 | Anonyme Besucher: 0)
0 Mitglieder:

 



RSS Vereinfachte Darstellung Aktuelles Datum: 24.04.2025 - 18:14