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Abschleppen von rechtswidrig abgestellten Fahrzeugen:

6. Verwahrverhältnis, Zurückbehaltungsrecht, Beauftragter Unternehmer

Das öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis

Die Polizei kann Fahrzeuge selbst abschleppen bzw. abschleppen lassen und auf eigenem Gelände oder auf dem des Abschleppunternehmers abstellen. Es entsteht dann ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis (VGH BW, BWVPr 1978, 150; Würtenberger, DAR 1983, 155). Die Behörde nimmt dabei das Fahrzeug in ihre Obhut und verwahrt es für den Störer, hat demnach auch Obhutspflichten. Bei der Sicherstellung und Beschlagnahme ergeben sich diese Obhutspflichten auch aus § 3 Abs.1 DVOPolG. Ansprüche des Störers auf Rückzahlung der Abschleppkosten richten sich auch dann gegen die Behörde, wenn das Kraftfahrzeug auf einem Platz des Unternehmers abgestellt wird und das Fahrzeug nur gegen Zahlung der Kosten herausgegeben wird (OVG Münster, NJW 1980, 1974; VGH München, NJW 1984, 2962). Aus Forderungen der Behörde gegenüber dem Störer (z.B. Abschleppkosten-Leistungsbescheid) ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben (VGH BW, BWVPr 1978, 150; OVG Münster, NJW 1980, 1974). Die Behörde haftet gegenüber dem Eigentümer des Kraftfahrzeugs bis zur Herausgabe nach Amtshaftungsrecht (§ 839 Abs.1 BGB i.V. Art. 34 GG). Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber in § 40 Abs.2 VwGO u.a. für vermögensrechtliche Ansprüche aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung den ordentlichen Rechtsweg bestimmt. Ansprüche des beauftragten Unternehmers gegenüber der Behörde sind zivilrechtlicher Art (BGH, NJW 1977, 628).

Das Zurückbehaltungsrecht am Kfz

Bei Maßnahmen nach § 1 Abs.1 oder § 2 Abs.2 PolG sieht das Polizeirecht kein Zurückbehaltungsrecht vor (anders bei Sicherstellung, Beschlagnahme - § 3 Abs.1 DVOPolG). Aus diesem Grunde wurde regelmäßig auf § 273 BGB (privatrechtliches Zurückbehaltungsrecht) zurückgegriffen. Dies wird in der Literatur unterschiedlich gesehen (Stober, DVBl 1973, 351; Peters/Schell, BWVPr 1989, 246; zweifelnd Würtenberger a.a.O.; verneinend Knöll, DVBl 1980, 1027). Mehrheitlich vertritt die Literatur die Auffassung, eine Maßnahme nach dem Abschleppvorgang sei eine Sicherstellung i.S. von § 32 PolG (Schutz der Sache vor Verlust oder Beschädigung) mit der Folge, daß die Polizei ein Zurückbehaltungsrecht nach § 3 Abs.1 DVOPolG hat. Dieser Auffassung ist wohl der Vorrang zu geben. Es wird auch teilweise angenommen, es entstehe mit dem Abschleppen eine Beschlagnahme nach § 33 Abs.1 PolG. Dies ist grundsätzlich zu verneinen. Nach dem Entfernen des Fahrzeugs ist die Gefahrenlage beseitigt und für eine Beschlagnahme dann regelmäßig kein Raum mehr.

Mit dem Abschleppen ist regelmäßig nicht beabsichtigt, andere (Halter, Fahrer) von der Verfügungsgewalt auszuschließen. Das Zurückbehaltungsrecht wird in der Art ausgeführt, als das Fahrzeug nur gegen vorherige Zahlung der entstandenen Kosten herausgegeben wird.

Die Verwertung des Kfz

Die Verwertung eines sichergestellten Fahrzeugs ist möglich, wenn die Verwahrung mit unverhältnismäßig hohen Kosten oder Schwierigkeiten verbunden ist (§ 3 Abs.2 DVOPolG). Zunächst wäre in einem solchen Fall eine öffentliche Versteigerung nach § 34 Abs.2 PolG vorgeschrieben. Der Erlös ist dem Betroffenen herauszugeben. Die Kosten fallen gem. § 34 Abs.4 PolG dem Betroffenen zur Last. Von einer Versteigerung kann abgesehen werden, wenn sie von vorneherein aussichtslos ist oder kein die Kosten der Versteigerung übersteigender Erlös zu erwarten ist (§ 3 Abs.2 S.3 DVO-PolG). Es ist dann ein freihändiger Verkauf möglich.

Hat der Polizeivollzugsdienst ein Kraftfahrzeug sichergestellt, so ist er für Verwahrung und Verwertung zuständig (§ 3 Abs.4 DVOPolGDem Abschleppunternehmer darf die Polizei jedoch kein eigenes Zurückbehaltungsrecht einräumen. Der Unternehmer kann aber im Einzelfall von der Polizei angewiesen werden, dem Pflichtigen den abgeschleppten Wagen nur gegen sofortige Zahlung der entstandenen Kosten auszuhändigen. Der Unternehmer handelt hierbei als Beauftragter und Bevollmächtigter, als Bote der Polizei (OVG Münster, NJW 1980, 1974; VGH München, NJW 1984, 2962). In diesen Fällen wird die Polizei jedoch wohl vorher einen Leistungsbescheid erlassen müssen. Es ist diesbezüglich auch stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

Die Polizei kann den eingezogenen Betrag an den Abschleppunternehmer erst abtreten, wenn die Forderung bestands- und rechtskräftig festgestellt ist (VG Düsseldorf, NJW 1981, 1283). Dies dient dem Rechtsschutzinteresse des Störers. Die Abtretung von Forderungen aus Kfz-Entfernung an ein privates Abschleppunternehmen an Erfüllungs Statt ist ein nach dem Rechtsberatungsgsetz erlaubnispflichtiges Geschäft (OLG Bamberg, NJW 1996, 854; OLG Düsseldorf, NZV 1999, 299). Globalverträge der Polizei mit dem Abschleppunternehmer, generell Fahrzeuge nur gegen Kostenerstattung herauszugeben, sind nicht zulässig (VG Düsseldorf a.a.O; Stober a.a.O; Würtenberger a.a.O). Der Unternehmer darf nicht Eintreiber der Polizei werden.

Bei Kostenerstattungen handelt die Polizei nach pflichtgemäßem Ermessen (ob sie erhebt oder nicht). Der Unternehmer kann auch nicht zurückbehalten unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670, 677ff BGB; AG Krefeld, NJW 1979, 722). Ein von einem privaten Abschleppunternehmer im Auftrag der Polizei/ Behörde auf sein Betriebsgelände geschlepptes Fahrzeug ist diesem dienstlich in Verwahrung gegeben und darf von dort nur mit einer polizeilichen/ behördlichen Freigabeerklärung entfernt werden, ansonsten begeht der Abholer Verwahrungsbruch (BayObLG, NJW 1992, 1399).

Der beauftragte Abschleppunternehmer

Die Polizei bedient sich regelmäßig für Abschleppmaßnahmen privater, beauftragter Unternehmen. Bei deren Auswahl unterliegt sie nur dem Willkürverbot und hat vor allem die Interessen der betroffenen Fahrzeugberechtigten zu berücksichtigen. Dies bedingt die Auswahl vertrauenswürdiger Unternehmen aus Gründen der Schadensminderung (BGH, GewArch 1977, 191; BGH, VersR 1978, 1070; VGH München, BayVBl 1977, 313;).

Gerade aus Schadensminderungsgründen wird die Polizei auch regelmäßig zu gesicherten Geländen (egal, ob privat oder amtlich) abschleppen lassen und nicht nur eine Umsetzung auf einen freien Parkplatz in der Nähe vornehmen. Die Kosten wären diesbezüglich auch nicht wesentlich geringer und das Wiederauffinden ist bei einem amtlich festgelegten Platz für den Kraftfahrzeugverantwortlichen wesentlich leichter.

Bei seiner Tätigkeit ist der beauftragte Unternehmer lediglich Gehilfe der hoheitlichen Verwaltung und nicht beliehener Unternehmer Der gewerbliche Abschleppunternehmer erhält einen privatrechtlichen Auftrag (BGH, VersR 1978, 1070; LG Wiesbaden, BADK Informationen 2/1987, 42) und handelt nicht hoheitlich in Ausübung eines öffentlichen Amts und ist als Erfüllungsgehilfe/ Verwaltungshelfer tätig (BGH, NJW 1993, 1258). Die Polizei haftet regelmäßig nicht für Schäden am Kraftfahrzeug anläßlich des Abschleppens aus Amtspflichtverletzung, sondern der Abschleppunternehmer im Rahmen der Deliktshaftung nach § 823 BGB. Der Halter des Kraftfahrzeugs hat insofern einen unmittelbaren Ersatzanspruch gegenüber dem Unternehmer aus § 328 BGB.

Text: Georg Huttner / RA Goetz Grunert, © verkehrsportal.de


 
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