... Deutsches Straßenverkehrsrecht - Fachbeiträge von RA Goetz Grunert

    
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Abschleppen von rechtswidrig abgestellten Fahrzeugen:

11. Sonstige Rechtsgrundlagen für Abschleppmaßnahmen

Allgemeines Polizeirecht

Es sind Fälle denkbar, wo vorgenannte Vorschriften beim Abschleppen (bzw. davor) von Kraftfahrzeugen nicht greifen. Hierbei ist dann, wenn der Gefahrenbegriff nach § 1 Abs.1 PolG zutrifft auf die Regelungen des PolG zurückzugreifen. Beispiele:

  • Ein abgemeldetes Kraftfahrzeug ist auf einem Platz abgestellt, welcher straßenrechtlich nicht gewidmet (zum Begriff siehe Nr. 3.1.1., 3.3.1.) aber öffentlich i.S. der StVO ist. Das Fahrzeug stellt kein Hindernis i.S. von § 32 StVO dar. Es ist eine Abschleppmaßnahme auf Grund der Generalklausel möglich.

  • Ein Kraftfahrzeug wird abgestellt (zugelassen, betriebsbereit) und nicht abgeschlossen. Der Halter geht in Urlaub. Kinder (oder Diebe) machen sich an dem Fahrzeug zu schaffen. Das Kraftfahrzeug kann gem § 32 Abs.1 PolG sichergestellt, also abgeschleppt und auf einen Verwahrplatz verbracht werden. Ein gestohlenes Fahrzeug wird zum Schutz des Eigentums abgeschleppt und verwahrt. Gleiches gilt, wenn die Polizei nach einem Unfall abschleppt um es zu verwahren, da der Fahrer verletzt ins Krankenhaus kommt (VGH BW, VBlBW 1982, 338).

  • Die Sicherstellung zum Schutz des Eigentums wegen Gefahr des Kfz-Diebstahls ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Polizei, da davon auszugehen ist, dass der Bürger in der Lage ist, seine privaten Rechte selbst durchzusetzen. Sie ist in Anlehnung an die zivilrechtlichen Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag nur, aber auch immer dann gerechtfertigt, wenn dies dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers entspricht. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten (VG München, NZV 1999, 487).

  • Ein Kraftfahrzeug wird abgeschleppt (zugelassen, betriebsbereit), da es gem. § 33 Abs.1 PolG beschlagnahmt wird. Der Halter fährt immer wieder ohne Fahrerlaubnis und behauptet, dies auch künftig zu tun (vgl. hierzu VGH BW, VBlBW 1988, 113).

Die Sicherstellung von Kfz

Bei der Sicherstellung handelt es sich um eine Schutzmaßnahme zu Gunsten des Betroffenen, welche erforderlich sein muß, um Verlust oder Beschädigung vom Kraftfahrzeug abzuwenden oder einen Schaden gering zu halten. Die Kosten der Verwahrung hat der Betroffene zu tragen, dies in Form von Verwaltungsgebühren. Rechtsgrundlage der Ortspolizeibehörden sind die örtlichen Gebührensatzungen, bei unteren Verwaltungsbehörden und der Landespolizei das Landesgebührengesetz. Notwendige Auslagen (z.B. Verwahr- und Abschleppkosten) sind ebenfalls zu erstatten. Gegen derartige Gebühren-/Leistungsbescheide sind die Rechtsbehelfe Widerspruch und Anfechtungsklage möglich. § 3 Abs.1 DVOPolG läßt ein Zurückbehalterecht an sichergestellten Kraftfahrzeugen zu. § 3 Abs. 2 DVOPolG regelt die Verwertung sichergestellter Sachen. Die Aufhebung der Sicherstellung ist in § 32 Abs. 4 PolG geregelt (auf Verlangen oder wenn nicht mehr erforderlich, spätestens jedoch nach 2 Wochen).

Ist bei einer Sicherstellung der Gewahrsamsinhaber nicht bekannt oder erreichbar, kommt unter den Voraussetzungen des § 8 Abs.1 PolG eine unmittelbare Ausführung in Betracht. Die Kostenregelung ist in § 8 Abs.2 PolG enthalten. Die Sicherstellung eines stark beschädigten Fahrzeugs, welches von einem Dieb stehengelassen wurde, ist in der Regel unverhältnismäßig, wenn die Abschleppkosten etwa die Hälfte des Restwertes des Kraftfahrzeugs betragen (VGH Kassel, NJW 1999, 3793). Die zuständige Behörde wird hier ähnlich wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag i.S. der §§ 677 ff BGB für den Berechtigten tätig und muss sich deshalb bei der Frage des Abschleppens maßgeblich daran orientieren, ob die Maßnahme dem wirklichen oder wohlverstandenen mutmaßlichen Willen des Berechtigten nach § 677 BGB entspricht (vgl. BVerwG, NZV 2000, 514). Es ist ein Abwägungsvorgang - Benachrichtigung / Beseitigung der gegenwärtigen Gefahr - durchzuführen.

Die Beschlagnahme von Kfz

Im Gegensatz zur Sicherstellung handelt es sich bei der Beschlagnahme um eine präventivpolizeiliche Maßnahme der allgemeinen Gefahrenabwehr. Gegen den Willen des Verfügungsberechtigten wird ihm die Verfügungsgewalt über eine Sache entzogen. Voraussetzung ist auch hier die Erforderlichkeit der Maßnahme. Eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung muß unmittelbar bevorstehen (der Schadenseintritt tritt nach allgemeiner Erfahrung sofort ein oder ist in allernächster Zeit als gewiß anzusehen). Für die Durchführung der Beschlagnahme gelten nach § 3 Abs.3 DVOPolG die Vorschriften über die Sicherstellung (§ 3 Abs.1 und 2 DVOPolG, § 32 Abs.3 PolG). Die Zuständigkeit der Ortspolizeibehörde richtet sich nach den §§ 60 Abs.1, 62 Abs.4 und 66 Abs.2 PolG, die des Polizeivollzugsdienstes nach § 60 Abs.3 PolG. Die Beschlagnahme ist aufzuheben, wenn der Zweck erreicht ist (§ 33 Abs. 3 PolG) ansonsten kommt höchstens eine Einziehung nach § 34 PolG in Betracht. Die maximale Beschlagnahmedauer beträgt 6 Monate.

Die Polizei darf ein Kraftfahrzeug beschlagnahmen, wenn der Fahrzeugführer nicht im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis ist und tatsächliche Anhaltspunkte befürchten lassen, daß er das Kraftfahrzeug auch weiterhin ohne die erforderliche Fahrerlaubnis führen wird (VGH BW, VwBlBW 1992, 107).

Zuständigkeit bei Sicherstellung / Beschlagnahme

Zuständig bei derartigen Fällen auf Grund der Generalklausel, bei der Sicherstellung und der Beschlagnahme ist die Ortspolizeibehörde (§§ 66 Abs.2, 62 Abs.4 PolG) und der Polizeivollzugsdienst (§ 60 Abs.3 PolG). Das Abschleppen durch die Ortspolizeibehörde erfolgt grundsätzlich erst nach Erlaß einer entsprechenden Verfügung mit Versagung der aufschiebenden Wirkung. Häufig wird jedoch der Störer nicht schnell genug erreichbar sein, so daß die unmittelbare Ausführung nach § 8 Abs.1 PolG in Anwendung kommt.

Straßenverkehrszulassungsordnung

Die Polizeibehörde ist nicht ermächtigt, einen Personenkraftwagen allein deshalb abschleppen zu lassen, weil er sich nicht in einem vorschriftsmäßigen Zustand befindet (VGH BW, BWVPr 1994, 16).

Das Abstellen eines Kraftfahrzeugs, dessen Zustand den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung oder der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung widerspricht (hier: schrottreif ohne Zulassungsschilder), stellt einen Verstoß gegen § 16 StVZO dar und begründet deshalb eine polizeirechtliche Gefahr (VGH Kassel, NJW 1999, 3650).

Der Verkäufer eines Fahrzeugs verletzt seine Pflicht nach § 27 Abs.3 StVZO, der Zulassungsstelle unverzüglich die Anschrift des Erwerbers anzuzeigen, auch dann, wenn er fahrlässig eine falsche Adresse des Käufers mitteilt. Allerdings ist der frühere Eigentümer durch diesen Verstoß nicht gleichzeitig Verhaltensstörer und damit für eine polizeirechtliche Gefahr, welche durch das Fahrzeug hervorgerufen wurde, verantwortlich, da sei Pflichtverstoß nicht kausal für den Eintritt der Gefahr ist. Die Abschleppmaßnahme war in diesem Fall rechtmäßig, der Kostenbescheid gegenüber dem früheren Halter rechtswidrig.

Feuerwehrzufahrten

Nach § 12 Abs.1 Nr.8 StVO ist das Halten unzulässig vor und in amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrten. Die StVO regelt nur den öffentlichen Straßenverkehr, so daß dieses Halteverbot nur auf öffentliche Bereiche anzuwenden ist, also nicht z.B. auf Privatwege, auf denen kein tatsächlich öffentlicher Verkehr stattfindet (OLG Hamm, NZV 1990, 440; OLG Köln, NZV 1994, 121). Voraussetzung ist auch, daß die Feuerwehrzufahrt amtlich gekennzeichnet ist. Ein entsprechendes Verkehrszeichen kennt die StVO nicht. Eine private Kennzeichnung genügt nicht (VG Berlin, NJW 1992, 3312). Üblich sind Schilder nach DIN 4066 mit der Aufschrift "Feuerwehrzufahrt" (siehe VwVIM v. 11.8.1988, GABl. 1988, 653), dies mit schwarzer Schrift auf weißem Grund und rot umrandet. Angegeben sein muß auch die Rechtsgrundlage und die anordnende Behörde (VG Berlina.a.O.). Zuständige Behörde für die Kennzeichnung von Feuerwehrzufahrten ist die untere Baurechtsbehörde. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, daß die Straßenverkehrsbehörde unter Zuziehung der Baurechtsbehörde ein absolutes Halteverbot (Zeichen 283) mit dem Zusatzzeichen "Feuerwehrzufahrt" anordnet. Ein Verstoß gegen § 12 Abs.1 Nr.8 StVO stellt gemäß § 49 Abs.1 Nr.12 StVO eine Ordnungswidrigkeit dar, welche die örtlichen / unteren Straßenverkehrsbehörden verfolgen (je nach Art 10 Euro bis 35 Euro Verwarnungsgeld).

Text: Georg Huttner / RA Goetz Grunert, © verkehrsportal.de


 
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