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Rechtsfragen beim Chip-Tuning:

Auswirkungen von Chip-Tuning auf das Versicherungsverhältnis

Durch eine Chip-Tuningmaßnahme wird eine Leistungssteigerung des Motors herbeigeführt. Die Leistungssteigerung verändert die für die Zuordnung der Wagnisse im Versicherungsverhältnis maßgeblichen objektiven Gefahrenmerkmale, insbesondere die Leistung des Motors. Es kann somit durch eine Chip-Tuningmaßnahme zu einer Gefahrerhöhung im Versicherungsverhältnis kommen, die nach Maßgabe der §§ 23 ff. Versicherungsvertragsgesetz (VVG) unterschiedliche Rechtsfolgen hat. Für die Frage, welche Auswirkungen eine Chip-Tuningmaßnahme für das Versicherungsverhältnis haben kann, ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Es soll hier lediglich der Bastler-Eingriff aus dem Beispielsfall betrachtet werden, wobei nach Durchführung des Eingriffs während des Versicherungsverhältnisses und vor Abschluß des Versicherungsvertrags unterschieden wird. Beim ordnungsgemäßen Eingriff treten keine versicherungsrechtlichen Probleme auf, sofern der Versicherungsnehmer die veränderten Umstände dem Versicherer anzeigt und es zu einer entsprechenden Anpassung des Versicherungsverhältnisses kommt.

Der während des Versicherungsverhältnisses durchgeführte Bastler-Eingriff

Der Versicherer könnte im Beispielsfall gemäß § 24 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) zur fristlosen Kündigung des Versicherungsverhältnisses berechtigt sein. Darüberhinaus könnte der Versicherer leistungsfrei geworden sein, d.h. er braucht im Verhältnis zu dem Versicherungsnehmer möglicherweise keine Leistungen aus dem Versicherungsvertrag zu erbringen. Der Versicherer legt bei der Begründung und Durchführung des Versicherungsverhältnisses diejenigen Angaben über das Risiko zu Grunde, die ihm vom Versicherungsnehmer, in der Regel durch Vorlage des Fahrzeugscheins, gemacht werden. Der Versicherer darf davon ausgehen, dass das ihm gegenüber als zugelassen nachgewiesene Fahrzeug den zulassungsrechtlichen Vorschriften entspricht, und dass für das Fahrzeug eine Betriebserlaubnis besteht. Die Betriebserlaubnis des GTI aus dem Beispielsfall ist jedoch wegen der vorgenommenen Leistungssteigerung nach § 19 Absatz, Satz 2 Nr. 3 StVZO wegen einer Verschlechterung des Abgas- oder Geräuschverhaltens erloschen. Außerdem hat der GTI aus dem Beispielsfall eine im Vergleich zu der Angabe im Fahrzeugschein höhere Motorleistung. Hierin liegt grundsätzlich auch eine Änderung der für das Versicherungsverhältnis maßgeblichen Gefahrumstände, die den Versicherer zur fristlosen Kündigung des Versicherungsvertrags berechtigen. Voraussetzung ist allerdings, das nicht nur eine ganz kurzfristige, vorübergehende Gefahrerhöhung vorliegt. Diese zeitliche Voraussetzung liegt in dem Beispielsfall vor, anders als in Fällen, in denen sich die erhöhte Gefahr nur einmalig auswirkt, etwa während einer nach Gefahrerhöhung wegen Verkehrsunsicherheit sofort veranlaßten Fahrt in eine nahegelegene Werkstatt. Die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt einer Gefahrerhöhung i.S.d. § 23 VVG trägt der Versicherer.

Kenntnis von Chip-Tuning und Kausalität

Eine Gefahrerhöhung und damit ein Kündigungsrecht des Versicherers liegt nur vor, wenn der Versicherungsnehmer von dem mangelhaften Zustand eines nicht verkehrssicheren Fahrzeugs Kenntnis hat, wobei es der Kenntnis gleichzustellen ist, wenn sich der Versicherungsnehmer der Kenntnis arglistig entzieht. In dem Beispielsfall ist das Merkmal der "Kenntnis" gegeben, weil der Halter des GTI eine gefahrerhöhende Tuningmaßnahme selbst durchgeführt hat und anschließend in Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände das Fahrzeug benutzt hat. Für ein Kündigungsrecht des Versicherers gemäß §§ 25 Absatz 1 i.V.m. 23 Absatz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist es schließlich erforderlich, dass die Gefahrerhöhung kausal für den Eintritt des Versicherungsfalls war. Dies ergibt sich aus § 25 Absatz 3 VVG, wonach die Verpflichtung des Versicherers zur Leistung bestehen bleibt, wenn die Erhöhung der Gefahr keinen Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalls und auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat. Nach der Formulierung des § 25 Absatz 3 VVG hat der Versicherungsnehmer diejenigen Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich der nicht vorhandene Einfluß der Gefahrerhöhung für den Eintritt des Versicherungsfalls und somit das Fortbestehen der Leistungspflicht des Versicherers ergeben soll. Ob im Beispielsfall die erforderliche Kausalität der Gefahrerhöhung für den Eintritt des Versicherungsfalls zu bejahen ist, kann ohne nähere Information nicht beurteilt werden. In der Praxis der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung wird allenfalls in Schadensfällen mit außergewöhnlich hohem Regulierungsaufwand überhaupt untersucht, ob auf Grund einer Chip-Tuningmaßnahme eine Gefahrerhöhung erfolgte.

Chip-Tuning als "Gefahrerhöhung" im Versicherungsverhältnis

In der Regel stellt die im laufenden Versicherungsverhältnis vorgenommene Chip-Tuningmaßnahme in Gestalt des Bastler-Eingriffs mit anschließender Benutzung des Kfz eine Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Absatz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) dar, die den Versicherer nach § 24 Absatz 1 VVG zur fristlosen Kündigung des Versicherungsverhältnisses berechtigt, und die gemäß § 25 Absatz 1 VVG zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt, sofern sie für den Eintritt des Versicherungsfalls kausal war. Nach den verwendeten AKB ist die Leistungsfreiheit des Versicherers bei Gefahrerhöhung regelmäßig auf höchstens 5.000 Euro beschränkt. Die Ausführungen für den im laufenden Versicherungsverhältnis vorgenommenen Bastler-Eingriff gelten im Ergebnis entsprechend für Fälle, in denen bereits vor Beginn des Versicherungsverhältnisses die Chip-Tuningmaßnahme durchgeführt wurde. Zwar tritt nach § 25 Absatz 1 VVG die Leistungsfreiheit des Versicherers (nur) ein, wenn der Versicherungsfall "nach der Erhöhung der Gefahr" eintritt. Für eine Gefahrerhöhung, die zwischen Stellung und Annahme des Versicherungsantrags eintritt und dem Versicherer bei der Annahme des Antrags nicht bekannt war, bestimmt jedoch § 29 a VVG, dass die §§ 23 bis 29 VVG Anwendung finden. In der Rechtsprechung wird zudem die Gefahrerhöhung in entsprechenden Fällen nicht in der Maßnahme gesehen, die zur Verkehrsunsicherheit des Fahrzeugs führt, sondern in der über eine einmalige Gefährdungshandlung hinaus gehenden Benutzung des Fahrzeugs in verkehrsunsicherem Zustand, unabhängig davon, seit wann der nicht vorschriftsmäßige, verkehrsuntaugliche Zustand des Fahrzeugs besteht. Dies hat zur Folge, dass eine Gefahrerhöhung auch in Fällen vorliegt, in denen eine Veränderung durch Chip-Tuning bereits vor dem Abschluß des Versicherungsvertrags vorgenommen wurde, sofern die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind.

Chip-Tuning und Herstellergewährleistung

Die deutschen Automobilhersteller stehen dem Chip-Tuning ablehnend gegenüber. Nach Auffassung der Automobilhersteller sind deren Fahrzeuge im Originalzustand in Hinsicht auf das Zusammenwirken der einzelnen Fahrzeugteile optimal abgestimmt. Diese harmonische Abstimmung werde durch etwaige Eingriffe in das elektronische Motormanagement aus dem Gleichgewicht gebracht. In den Neuwagenverkaufsbedingungen der deutschen Automobilhersteller befinden sich Regelungen, die einen Fortfall der vom Verkäufer zu leistenden Gewährleistung vorsehen, wenn ein Fehler oder Schaden dadurch entstanden ist, dass "in den Kaufgegenstand Teile eingebaut worden sind, deren Verwendung der Hersteller nicht genehmigt hat, oder der Kaufgegenstand in einer vom Hersteller nicht genehmigten Weise verändert worden ist". Die Durchführung einer Chip-Tuningmaßnahme wird als eine nicht genehmigte Veränderung des Fahrzeugs angesehen. Die Vornahme einer Chip-Tuningmaßnahme hat also zur Folge, dass die vom Verkäufer eines Neufahrzeugs übernommene Gewährleistungspflicht entfällt. Ein Verstoß gegen das AGB-Gesetz, genauer gesagt gegen die inzwischen im BGB enthaltenen Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff.) ist nicht ersichtlich.

Text: RA Goetz Grunert, © verkehrsportal.de


 
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