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28.03.2024 11:41 Uhr
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Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr:

Schlagwort: "Kennzeichenanzeigen"

Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen gibt es, wie auch bei vielen anderen Verfahren wegen sonstiger Verkehrsordnungswidrigkeiten, sogenannte Kennzeichenanzeigen. Im Fall einer Kennzeichenanzeige ermittelt die Verfolgungsbehörde zunächst lediglich das amtliche Kennzeichen eines Kraftfahrzeugs, mit dem ein Verstoß begangen wurde. Der Fahrer, also derjenige, gegen den sich das Ordnungswidrigkeitenverfahren zu richten hat, ist bei Kennzeichenanzeigen zunächst nicht bekannt, sondern muß ermittelt werden. Kennzeichenanzeigen sind die Regel bei Verstößen im ruhenden Verkehr, insbesondere bei Parkverstößen. Auch bei Rotlichtverstößen kommt es zu Kennzeichenanzeigen, z.B. wenn lediglich ein Heckfoto des Fahrzeugs vorliegt, auf dem zwar das amtliche Kennzeichen zu erkennen ist, nicht aber der Fahrer des Fahrzeugs im Tatzeitpunkt. Bei Kennzeichenanzeigen ist also zunächst nur der Halter des Fahrzeugs bekannt, mit dem ein Verstoß begangen wurde. Der Halter ist daher zunächst der einzige "Ansprechpartner" für die Verfolgungsbehörde. Dies führt in der Praxis dazu, dass der Halter des Fahrzeugs ein Verwarnungsgeldangebot, etwa bei Parkverstößen, oder einen Anhörungsbogen, etwa bei Rotlichtverstößen, erhält.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass allein aus der Eigenschaft als Halter nicht auf die Fahrer- bzw. Tätereigenschaft geschlossen werden darf. Auch wenn der Halter auf den Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit hin schweigt, können Polizei bzw. Gericht nicht ohne weiteres den Schluß ziehen, dass der Halter der Fahrer im Tatzeitpunkt war. Allerdings ist in der Praxis die Gefahr gegeben, dass derjenige Halter, der im Ermittlungsverfahren keine Angaben macht, später von der Verwaltungsbehörde mit einer Fahrtenbuchauflage gemäß § 31a StVZO bedacht wird, wenn der Fahrer im Tatzeitpunkt nicht ermittelt werden konnte. Insoweit gibt es eine sehr differenzierte Rechtsprechung, die selbst für Juristen teilweise schwer nachzuvollziehen ist. Auf jeden Fall sollte man bei geringfügigen Verstößen gut überlegen, ob man als Halter wirklich sagen will: "Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts..." In manchen Fällen kann die Fahrtenbuchauflage noch eine größere Beeinträchtigung darstellen, als die für den ursprünglich zu Grunde liegenden Verstoß drohende Sanktion.

Sofern ein Foto des Fahrers im Tatzeitpunkt vorliegt, etwa bei Geschwindigkeitsüberschreitungen, versucht die Verfolgungsbehörde gegebenenfalls, anhand des Fotos den Täter ausfindig zu machen. Es kommt durchaus und ständig vor, dass ein Polizeibeamter den Halter des Fahrzeugs zu Hause aufsucht, um den Halter persönlich anzutreffen und einen Vergleich mit dem Täterfoto vorzunehmen. Die Polizei scheut hier auch kaum eine Mühe. Sofern der Halter nicht auf Anhieb angetroffen wird, kehrt der ermittelnde Polizeibeamte gerne nochmal wieder. In schwierigen Fällen werden auch Besuche am sehr frühen Morgen abgestattet. Es werden auch Familienmitglieder, Nachbarn oder Berufskollegen gerne mit dem Täterfoto konfrontiert: "Kennen Sie den!?". Wenn auf diese Art und Weise eine Identifizierung nicht möglich ist, werden auch die Bilder der Paßämter beigezogen, um Täterfoto und Paßfoto zu vergleichen.

Auswertung Beweisfoto

In der Praxis wird immer wieder die Frage interessant, ob das Foto vom Täter einer Ordnungswidrigkeit scharf genug ist, um den Täter zu identifizieren. Insoweit gibt es wiederum eine sehr differenzierte Rechtsprechung, die sich mit vielen Aspekten der Beweiskraft von Geschwindigkeitsmessfotos auseinandersetzt. Man kann die Materie vielleicht schon als "Wissenschaft für sich" bezeichnen. Allerdings kommen in der Anwaltspraxis des Verfassers durchaus auch Fälle vor, in denen das Beweisfoto so schlecht ist, dass hierauf eine erfolgversprechende Verteidigunsstrategie aufgebaut werden kann. Auch bei vergleichsweise unscharfen Bildern neigen die Amtsrichter allerdings teilweise zu einer pragmatischen Betrachtung, frei nach dem Motto: "Was wollen Sie denn, ich kann den Betroffenen doch ganz klar erkennen!?" In Zweifelsfällen kommt es zur Einholung von Sachverständigengutachten. Dann wird ein Sachverständiger beauftragt, Messungen am Körper des Betroffenen, insbesondere am Kopf, vorzunehmen und der Frage nachzugehen, ob es sich bei der Person auf dem Beweisfoto und bei dem Betroffenen, der vor dem Gericht erschienen ist, um ein und dieselbe Person handelt. Zu beachten ist, dass ein entsprechendes Sachverständigengutachten sehr schnell Kosten in vierstelliger Höhe verursacht, die bei ungünstigem Verfahrensausgang von dem Betroffenen zu tragen sind.

Text: RA Goetz Grunert, © verkehrsportal.de


 
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