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Fahrerlaubnis auf Probe:

Neu: Probezeit-Grafik (Probezeitmaßnahmen in einfacher grafischer Übersicht)

Auswirkungen der Probezeit auf Fahranfänger

Beim erstmaligen Erwerb einer Fahrerlaubnis wird diese für den Zeitraum von zwei Jahren "auf Probe" erteilt (§ 2a Abs. 1 Satz 1 StVG). Außer beim Erwerb der Fahrerlaubnisklassen M, L und T unterliegen Fahranfänger damit generell einer 2-jährigen Bewährungsphase bzw. Probezeit (§ 32 FeV).

Beispiel: Erwirbt ein Fahranfänger erstmals eine Fahrerlaubnis, z.B. die Klasse B für PKW und dann später noch dazu die Klasse A für Krafträder, gelten die Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe ab dem Zeitpunkt der Erteilung der zuerst erworbenen Klasse - in diesem Beispiel also beginnend mit der zuerst erworbenen Fahrerlaubnisklasse B.

Die Probezeit beginnt mit dem Datum des Erwerbs der Fahrerlaubnis. Das Erteilungsdatum der jeweiligen Fahrerlaubnisklasse ist in Feld 10 auf der Rückseite des (neuen) Führerscheins eingetragen. Das Erteilungsdatum einzelner oder mehrerer Fahrerlaubnisklassen kann auch im Feld 14 unter Angabe mit der Nummer 10 eingetragen sein. In diesen Fällen wird in der Spalte 10 mittels "*)" darauf verwiesen (Anlage 8 FeV).

Die Probezeit endet vorzeitig bzw. wird unterbrochen, wenn die Fahrerlaubnis vor Ablauf der Probezeit entzogen wird oder der Inhaber auf sie verzichtet. In diesem Fall beginnt mit der (späteren) Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis eine neue Probezeit, jedoch nur im Umfang der Restdauer der vorherigen Probezeit (§ 2a Abs. 1 StVG).


 Verkehrsverstöße während der Probezeit

Wichtiger Hinweis: Im Gegensatz zu rechtskräftigen Bußgeldbescheiden haben Verwarnungen bis 35 Euro keine weiteren rechtlichen Folgen in Zusammenhang mit der Fahrerlaubnis auf Probe. Ein solches "Knöllchen" führt nicht zur Teilnahmeverpflichtung an einem Aufbauseminar, zur Verlängerung der Probezeit oder anderer Maßnahmen !!

Die Probezeit verlängert sich einmalig um zwei Jahre, wenn während der Probezeit durch den Fahranfänger ein erstmaliger bußgeldbewehrter Verkehrsverstoß (ab 40 Euro) mit anschließender Verpflichtung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar für Fahranfänger (ASF) begangen wird (§ 2a Abs. 2a StVG). Der Zeitpunkt der Tatbegehung ist hierbei ausschlaggebend, nicht der Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung.

Was bedeutet dies nun konkret?? Folgendes Beispiel sagt mehr als tausend Worte :-)

  • Berti K. ist Fahranfänger. Vor einem Jahr hat er die Klasse B erworben. Seitdem ist er stolzer Besitzer eines gebrauchten VW Golf GTI. Eines Tages wird er in einer Autobahnbaustelle im Rahmen einer Geschwindigkeitskontrolle gemessen - tatsächliche 121 km/h anstelle der dort zulässigen 100 km/h.

    Berti erhält Wochen später einen Bußgeldbescheid zugesandt. Vorwurf: Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mit PKW außerorts um 21 km/h. Berti zahlt das Bußgeld in Höhe von 40 Euro zzgl. rund 20 Euro Gebühren und Auslagen. Folge: Der Bußgeldbescheid ist rechtskräftig geworden. Zudem wird 1 Punkt im Flensburger Verkehrszentralregister (VZR) eingetragen. "Na ja, noch mal Glück gehabt", denkt Berti, "war ja gar nicht so schlimm!"...

    "Denkste!" argumentiert (später) die Fahrerlaubnisbehörde. Die Daten der Führerscheinanfänger werden für drei Jahre beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in einer zentralen Datenbank gespeichert. Nach dem Eintrag der Bußgeld-Entscheidung in das Verkehrszentralregister werden die Registerdaten miteinander abgeglichen. Die Fahrerlaubnisbehörde erhält daraufhin die Information, daß der Fahranfänger Berti K. einen bußgeldbewehrten Verkehrsverstoß begangen hat und das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen wurde.

    Monate später wird Berti von der Fahrerlaubnisbehörde angeschrieben. Diese fordert Berti zur Pflichtteilnahme an einem Aufbauseminar innerhalb einer Frist von zwei Monaten auf. Kommt Berti der Verpflichtung nicht nach, wird die Fahrerlaubnis entzogen. Außerdem wurde die Probezeit um zwei Jahre verlängert. Berti versteht die Welt nicht mehr, hätte er doch den § 2a des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) bereits vorher gekannt ...


 Der Wortlaut des § 2a Abs. 2 und 2a StVG (Auszüge):

Ist gegen den Inhaber einer Fahrerlaubnis wegen einer innerhalb der Probezeit begangenen Straftat oder Ordnungswidrigkeit eine rechtskräftige Entscheidung ergangen, die [...] in das Verkehrszentralregister einzutragen ist, so hat, auch wenn die Probezeit zwischenzeitlich abgelaufen ist, die Fahrerlaubnisbehörde

  1. seine Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen und hierfür eine Frist zu setzen, wenn er eine schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat,

  2. ihn schriftlich zu verwarnen und ihm nahezulegen, innerhalb von zwei Monaten an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen, wenn er nach Teilnahme an einem Aufbauseminar innerhalb der Probezeit eine weitere schwerwiegende oder zwei weitere weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat,

  3. ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn er nach Ablauf der in Nummer 2 genannten Frist innerhalb der Probezeit eine weitere schwerwiegende oder zwei weitere weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat.

Die Probezeit verlängert sich um zwei Jahre, wenn die Teilnahme an einem Aufbauseminar [...] angeordnet worden ist.


 Was sind überhaupt schwerwiegende oder weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen?

Zwischen schwerwiegenden oder weniger schwerwiegenden Zuwiderhandlungen wird in Anlage 12 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) unterschieden. Diese Anlage 12 enthält insgesamt zwei Bereiche mit den jeweiligen Einstufungen, und zwar den

  • Abschnitt A mit den schwerwiegenden Zuwiderhandlungen und den

  • Abschnitt B mit den weniger schwerwiegenden Zuwiderhandlungen.

Für Fahranfänger wird es also dann besonders heikel, wenn wegen einer schwerwiegenden Zuwiderhandlung ("A-Verstoß") oder zwei weniger schwerwiegenden Zuwiderhandlungen ("B-Verstoß") ein jeweiliger Bußgeldbescheid (Bußgeld ab 40 Euro) erlassen und rechtskräftig wird. Werden hingegen Verstöße nur lediglich mit Verwarnungen (jeweils bis 35 Euro) sanktioniert, ergeben sich, außer den entsprechenden Verwarnungsgeldern, keine weiteren rechtlichen Folgen in Zusammenhang mit der Fahrerlaubnis auf Probe.

Typische A-Verstöße sind ... :

  • Gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit und dadurch einen anderen gefährdet...

  • Mit zu hoher, nicht angepaßter Geschwindigkeit gefahren trotz angekündigter Gefahrenstelle, bei Unübersichtlichkeit, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen, Bahnübergängen oder bei schlechten Sicht- oder Wetterverhältnissen (z.B. Nebel, Glatteis)...

  • Überschreitung der zul. Höchstgeschwindigkeit...

  • Erforderlichen Abstand von einem vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten bei einer Geschwindigkeit von mehr als 80 km/h...

  • Außerhalb geschlossener Ortschaften rechts überholt...

  • Vorfahrt nicht beachtet und dadurch einen Vorfahrtberechtigten gefährdet...

  • Abgebogen, ohne Fahrzeug durchfahren zu lassen und dadurch einen anderen gefährdet...

  • Beim Linksabbiegen nicht voreinander abgebogen und dadurch einen anderen gefährdet...

  • Als Fahrzeugführer rotes Wechsellichtzeichen oder rotes Dauerlichtzeichen nicht befolgt...

  • Unbedingtes Haltgebot (Vorschriftzeichen 206, "Stop-Schild") nicht befolgt...

  • Beim Rechtsabbiegen mit Grünpfeil vor dem Rechtsabbiegen mit Grünpfeil nicht angehalten...

  • Kraftfahrzeug geführt mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 0,0 Promille...

Typische B-Verstöße sind ... :

  • Bei erheblicher Sichtbehinderung durch Nebel, Schneefall oder Regen außerhalb geschlossener Ortschaften am Tage nicht mit Abblendlicht gefahren...

  • Als Halter das Fahrzeug zur Hauptuntersuchung oder zur Sicherheitsprüfung nicht vorgeführt bei einer Fristüberschreitung des Vorführtermins um mehr als 8 Monate...

  • Kraftfahrzeug (außer Mofa) oder Anhänger in Betrieb genommen, dessen Reifen keine ausreichende Profilrillen oder Einschnitte oder keine ausreichende Profil- oder Einschnittiefe besaß (mind. 1,6 mm, Klein- und Leichtkrafträder: mind. 1 mm)...

  • Als Halter die Frist für die Abgasuntersuchung um mehr als acht Monate überschritten...


 Was passiert bei mehrfachen Verkehrsverstößen?

Sollte der Fahranfänger wiederholt Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten nach Abschnitt A oder jeweils zwei nach Abschnitt B der Anlage 12 FeV (jeweils mit Bußgeldbescheid ab 40 Euro) begangen haben, kann die Fahrerlaubnis in letzter Konsequenz entzogen werden.

Hier beispielhaft die grundsätzliche Abfolge bei mehrfachen Verkehrsverstößen innerhalb der Probezeit gegen Abschnitt A (gleichbedeutend mit jeweils zwei Verstößen gegen Abschnitt B):

1. Verkehrsverstoß:

In diesem Fall verordnet die Fahrerlaubnisbehörde (FE-Behörde) eine Teilnahme an einem Aufbauseminar in einer Fahrschule. Der Kursteilnehmer ist zur Teilnahme verpflichtet - auch wenn er bereits vorher freiwillig an einem Aufbauseminar zum Abbau von Punkten teilgenommen hat. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, wird die Fahrerlaubnis entzogen und die Probezeit ruht. Die Wiedererteilung ist erst möglich, wenn die Teilnahme an einem Nachschulungskurs nachgewiesen werden kann. Außerdem verlängert sich in diesem Fall die Probezeit um weitere zwei Jahre.

2. Verkehrsverstoß:

Bei einem erneuten Verstoß nach Teilnahme an einem Aufbauseminar erteilt die Fahrerlaubnisbehörde eine schriftliche Verwarnung und verweist auf die Möglichkeit zur freiwilligen Teilnahme (innerhalb von 2 Monaten) an einem verkehrs-psychologischen Beratungskurs (Anm.: bitte nicht verwechseln mit einer MPU). Eine Verpflichtung zur Teilnahme besteht nicht. Durch eine Teilnahme können aber insg. zwei Punkte im Verkehrszentralregister (VZR) abgebaut werden.

3. Verkehrsverstoß:

Bei einem dritten Verstoß nach Ablauf der gesetzten Teilnahmefrist wird die Fahrerlaubnis für mindestens drei Monate entzogen. Die Probezeit ruht. Der Führerschein ist der FE-Behörde auszuhändigen. Die Sperrfrist beginnt mit dem Datum der Aushändigung des Führerscheins.

Ob für die Neuerteilung ein Fahreignungsgutachten gefordert wird, entscheidet sich nach den §§ 11 bis 14 FeV.

Sollte die Fahrerlaubnis neu erteilt werden, verlängert sich die Probezeit - zusätzlich zur Restprobezeit - um zwei Jahre, wenn dies nicht schon geschehen ist. Eine mehrmalige Verlängerung der Probezeit ist nicht zulässig.

Bei einem erneutem A-Verstoß oder zwei B-Verstößen, nach wiedererteilter Fahrerlaubnis, wird i.d.R. ein Fahreignungsgutachten gefordert.

Achtung ... :

Was passiert nun aber, wenn nach dem ersten noch weitere Verstöße jeweils vor Teilnahme an einem Aufbauseminar oder vor Ablauf der genannten Frist zur Teilnahme an einer verkehrs-psychologischen Beratung begangen werden?? Wir erinnern uns an die gesetzlichen Bestimmungen des § 2 a Abs. 2 StVG: "...wenn er nach Teilnahme an einem Aufbauseminar / wenn er nach Ablauf der genannten Frist..." Darf die Fahrerlaubnisbehörde dann in solchen Fällen überhaupt keine Maßnahmen ergreifen??

Weit gefehlt, dies regelt § 2a Abs. 4 StVG: Die Entziehung der Fahrerlaubnis [...] bleibt unberührt; die zuständige Behörde kann insbesondere auch die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anordnen, wenn der Inhaber einer Fahrerlaubnis innerhalb der Probezeit Zuwiderhandlungen begangen hat, die nach den Umständen des Einzelfalles bereits Anlaß zu der Annahme geben, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Hält die Behörde auf Grund des Gutachtens seine Nichteignung nicht für erwiesen, so hat sie die Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis an einem solchen Kurs nicht bereits teilgenommen hatte.

Auch wenn z.B. der Fahranfänger das "verpflichtete" Aufbauseminar noch nicht absolviert hat oder die Verpflichtung nach einem begangenen Verkehrsverstoß noch nicht ausgesprochen wurde, können die (weiteren) Eintragungen im VZR trotzdem relevant sein. Abweichend von den durch § 2a Abs. 2 StVG vorgegebenen Bestimmungen für behördliche Maßnahmen in der Probezeit kann die Fahrerlaubnisbehörde im eigenen Ermessen dbzgl. Maßnahmen bis hin zum Entzug der Fahrerlaubnis ergreifen. Die Fahrerlaubnisbehörde kann also bereits grundsätzlich vor Erreichen der Eingriffsschwellen des Absatzes 2 handeln.


 Relevante Gesetzes- bzw. Verordnungstexte zum Thema:

Text: Rolf Tjardes, © verkehrsportal.de


 
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